«Wegen dieser Krabbeltiere schiebt Paris gerade Panik.» Das war am Dienstag eine unserer Headlines. Hätte ich den Titel geschrieben, hätte ich als Synonym für Bettwanzen ein anderes Wort verwendet: «Ausgeburten des Bösen» oder «Satanswanzen».
«Krabbeltiere», das tönt irgendwie härzig. Marienkäfer krabbeln. Babys krabbeln. Aber Bettwanzen?
Wer jetzt denkt: «Jetzt übertreib es nicht», hat den Ernst der Lage nicht verstanden. Weiss nicht, was für eine absolute Katastrophe eine Bettwanzen-Plage ist. Und hat noch nie selbst Bettwanzen gehabt. So wie ich.
Es war 2017 in einem Hostel im Süden Chiles. Ich reiste alleine und übernachtete in einem 10er-Schlag. Drei Nächte hatte ich gebucht. Nach der ersten Nacht hatte ich erste Stiche im Gesicht. Sie juckten aussergewöhnlich stark, aber ich nahm an, es handle sich um Mückenstiche. Schliesslich befand sich das Hostel neben einem grossen See.
Am nächsten Tag ordnete die Hostelrezeption an, dass alle Gäste in meinem Zimmer ihre Rucksäcke abgeben. Man müsse alle mit Chemikalien besprühen. Es bestünde ein Verdacht auf «pulgas» – zu Deutsch: Flöhe. Das machte mich noch nicht nervös. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht einmal gewusst, dass es so etwas wie Bettwanzen gibt. Hatte nicht gewusst, welches Unheil sie bedeuten. Ausserdem hatte man mir an der Rezeption versichert: «Mit den Chemikalien sind die Tierchen ganz schnell weg. Das ist nicht weiter schlimm.»
Es war eine Lüge. Eine dreiste Lüge!
In der Nacht darauf wurde ich von einem unglaublichen Juckreiz geweckt. Meine Finger, meine Arme, mein Hals, mein Bauch, mein Rücken, meine Beine, meine Füsse – alles juckte wie verrückt.
Zuerst wollte ich es ignorieren. Doch es ging nicht. Schlafen war unmöglich. Ich wand mich, kratzte, bis ich Blut unter den Fingernägeln spürte. Dann stand ich auf, ging ins Bad, und merkte: An meinem ganzen Körper befanden sich etliche Stiche, die sich häufig in einer Linie mit maximal einem Zentimeter Abstand aneinanderreihten. Etwa ein Kreis voller Stiche rund um mein Fussgelenk. Eine Linie über die ganze Wade bis in die Kniekehle. Und mehrere Linien an den Armen, zwischen den Fingern und über der Brust.
Bestimmt zwanzig Minuten brauchte ich, um alle Stiche an meinem Körper mit Salbe einzucremen. Dann legte ich mich zurück ins Bett. Doch ich konnte nicht weiterschlafen. Ich bildete mir ein, dass ich gerade bei lebendigem Leib aufgefressen werde. Wieder stand ich auf, wieder fand ich neue Stich-Linien, wieder cremte ich mich ein.
Doch beim vierten Versuch, einzuschlafen, war ich mir plötzlich sicher:
Ich konnte fühlen, wie sich etwas vom Fussende des Bettes auf mich zubewegte. Ich griff nach dem Handy und leuchtete mit der Taschenlampe unter die Bettdecke. Und da waren sie. Mindestens zehn Stück von ihnen. Keine Flöhe. Bettwanzen. Auf dem Weg zu ihrem Festmahl.
Ich musste einen Schrei des Ekels unterdrücken, um nicht das ganze Zimmer aufzuwecken. Wahrscheinlich war ich aber trotzdem nicht so leise, als ich in wenigen Minuten mein ganzes Hab und Gut zusammenpackte und in den Gemeinschaftsraum rannte. Auf dem Sofa des Hostels suchte ich nach einem neuen Hostel, bestellte ein Taxi und flüchtete zerstochen und im Pyjama in die Nacht hinaus.
Die Bettwanzen kamen mit mir mit. Sie hatten sich in meinem Reiserucksack eingekuschelt. Zwischen Jeans und Pullis aus Lamawolle. Doch das fand ich erst zwei Nächte später heraus, als ich mit der Taschenlampe nochmals unter die Bettdecke leuchtete. Inzwischen war meine grosse Tube Fenistil aufgebraucht, meine Arme und Beine übersät mit über 200 – ja, ich habe gezählt – Stichen, die sich langsam entzündeten, und ich: nervlich völlig am Ende.
Ich schlief kaum, ich ass kaum, ich fühlte mich miserabel – und hatte auch Mühe Hostels zu finden, die mich aufnehmen wollten. Mein zerstochenes Gesicht sprach Bände. Meine Tage verbrachte ich nicht mit Reiseabenteuern, sondern mit Kratzen. Und damit, herauszufinden, wie ich die Tiere des Teufels loswerde.
Google sagte: Bettwanzen sind gegen die meisten Chemikalien immun. Man bringt sie nur weg, wenn man seine Kleidung mit mindestens 60 Grad heissem Wasser wäscht. Doch in Chile wäscht man normalerweise nur mit kaltem Wasser.
Als ich nach Tagen der Suche endlich einen Waschsalon fand, der für Hotels mit heissem Wasser wusch, brach ich vor Freude in Tränen aus. Mit Bitten und Betteln – und Nötchen – überredete ich den Betreiber, meine Kleidung zu waschen, obwohl er eigentlich keine Aufträge von Privaten entgegennahm.
Im Hostel zurück kochte ich Wasser, das ich im Bad über Rucksack, Necessaire und alles, was ich sonst noch nicht in die Wäscherei geben konnte, goss. Anschliessend nahm ich einen feuchten Lumpen und putzte jede Ritze meiner Elektrogeräte aus.
Keine einzige Bettwanze, kein einziges Ei durfte überleben.
Sonst hätte ich ruckzuck wieder eine ganze Schwette Bettwanzen am Hals gehabt. Wortwörtlich.
Meine Mühen trugen Früchte. Ich schaffte es tatsächlich, alle Bettwanzen zu töten. Doch die Angst, dass ein einziges Exemplar überlebt hatte, blieb lange. Ich wachte noch viele Nächte lang auf und leuchtete mit der Taschenlampe unter die Bettdecke. Auch der Juckreiz hielt noch mindestens zwei Wochen an.
Inzwischen sind einige Jahre vergangen. Trotzdem kann ich noch immer in keinem Hotel übernachten, ohne vorher die Matratze genaustens inspiziert zu haben. Finden sich entlang der Nähte kleine schwarze Punkte, ist das ein Zeichen für einen Befall. Es sind die Exkremente der Bettwanzen.
Meine Freunde machen sich gerne über mich lustig, wenn ich mal wieder eine Matratze umdrehe. Aber das ist mir egal. Lieber bin ich paranoid, als dass ich Bettwanzen nach Hause bringe. Denn diese Ausgeburten des Bösen bringt man kaum noch aus der Wohnung raus.
Ausser man brennt die ganze Hütte nieder.
Das wäre, glaube ich, auch mein Plan, wenn ich zu Hause jemals Bettwanzen finden würde. Entschuldigt, liebe Nachbarn. Aber es ist zu eurem eigenen Wohl. Zu unser aller Wohl. Sonst herrschen hier bald Zustände wie in Paris.
Konnte dann aber für Monate nicht ohne Paranoia schlafen. Hatte Wochenlang noch das gefühl gestochen zu werden 😅
War mal in L.A., in einem renommierten und guten 4*-Hotel.
zwei Tage später begann dann das Jucken. Übel.
Das Beste war aber, als wir reklamiert haben. Der Manager kam mit der Facility Managerin auf's Zimmer. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass dieser Klappstuhl uns nicht glaubte und dachte, wir wollen ein kostenloses Upgrade herausschlagen. War total möff und ruppig bis unhöflich. Als dann die gute Dame dem Chef eine Ecke im Bett zeigte, wechselte er um 180°. Krass. Da merkten wir, dass sie gleich Angst vor Anwälten hatten.
Wir waren aber mit einem anderen Zimmer happy
einmal hatte ich flöhe von der katze, das war schon doof, aber bettwanzen, nein danke!!!