Die Regierungen von Deutschschweizer Städten und Kantonen rechnen für das Jahr 2019 mit Einnahmen aus Bussgeldern von weit über einer Viertelmilliarde Franken. Dies zeigt ein Blick in die Budgets der Sicherheitsdepartemente. 285'673'200 Franken haben die Verantwortlichen der wichtigsten Polizeikorps der Deutschschweiz fest einkalkuliert. Pro Kopf rechnen die Behörden mit durchschnittlich 45 Franken Busse.
Wenn Regierungen höhere Einnahmen aus Bussen kalkulieren, hat das verschieden Ursachen. Zum Teil reagieren sie auf die Zunahme von Verstössen im laufenden Jahr. Manchmal drängt sich aber der Verdacht auf, dass das Budget auf Kosten von fehlbaren Bürgern aufpoliert wird. Ein Paradebeispiel dafür ist die Stadt Baden. Im Bussenranking (Höhe der Busse pro Einwohner) kommt die Stadt im Osten des Kantons Aargau neu auf den fünften Platz. In einer früheren Version dieses Artikels hiess es, die Stadt Baden belege den zweiten Platz. Das war falsch, weil darin nicht die Partnergemeinden berücksichtigt waren, in denen die Stadtpolizei Baden ebenfalls patrouilliert.
Grund dafür ist, dass die Stadtregierung mit Bussen in der Höhe von 4'620'500 Franken rechnet. Das ist fast doppelt so viel, wie im Jahr 2017 eingenommen wurde. Auslöser ist die erste fix installierte Radaranlage im Kanton, der seine Autofahrer finanziell sonst eher schont. Die Kantonspolizei Aargau nimmt pro Einwohner nur sieben Franken ein.
Doch die Badener müssen sich vielleicht schon bald eine neue Einnahmequelle suchen. Denn wie das Beispiel des Kantons Zug zeigt, lernen die Autofahrer dazu. Dort haben sich die Standorte der semistationären Blitzer herumgesprochen. Weil zudem die fixen Radarfallen abmontiert wurden, rechnet die Polizei mit weniger Bussen.
Insgesamt bleiben die Erwartungen der Deutschschweizer Regierungen etwa gleich gross wie im Vorjahr. Die höheren Erwartungen in einigen Regionen (Baden, Zürich) werden durch tiefere Erwartungen in anderen Regionen (St. Gallen, Zug) kompensiert.
Sprecher verschiedener Polizeien beteuern, dass die Budget-Erwartungen kaum Einfluss auf die Korps haben. Kontrollen würden nicht aufgrund von Bussgelderwartungen durchgeführt. Allerdings kommt es laut der Präsidentin des Schweizer Polizistenverbandes VSPB, Johanna Bundi Ryser, vereinzelt vor, dass die Anzahl ausgestellter Ordnungsbussen relevant ist bei der Beurteilung der Leistung von Polizisten.
«Das kritisieren wir», sagt Bundi. Sie verweist aber auch darauf, dass die allermeisten Polizeikorps derartige veraltete Beurteilungskriterien ablehnen. Grundsätzlich müsse eine Ordnungsbusse eine Verfehlung ahnden und eine erzieherische Wirkung haben. «Bussen dürfen nicht dazu da sein, Staatsfinanzen zu sanieren», sagt Bundi.