Albert Rösti will Bundesrat werden. Nicht weil es ein Auftrag wäre, sondern aus freien Stücken. Der Berner SVP-Nationalrat gilt als Favorit für die Nachfolge von Ueli Maurer. Doch unklar ist, ob die Parteigranden um Christoph Blocher ihn einfach durchmarschieren lassen.
Gefährlich werden könnte Rösti vor allem eine Frau: Esther Friedli, 45-jährig, SVP-Nationalrätin, Politologin, Beraterin für politische Kommunikation, Gastronomin, Landfrau aus Ebnat-Kappel und Partnerin von Toni Brunner – mit direktem Draht zu Blocher. Friedli politisiert erst seit drei Jahren im Nationalrat. Und dennoch gehört ihr Name zu den meistgehandelten im Rennen um die Maurer-Nachfolge. Keine Frage: Friedlis Politik-Karriere verläuft steil.
Nur 5000 Franken soll sie 2019 in ihren Nationalratswahlkampf investiert haben. Obwohl die SVP St. Gallen einen Sitz verlor, schaffte die gebürtige Bernerin den Sprung nach Bern und überflügelte zwei Bisherige. Als Blocher die Schlappe der SVP bei den Wahlen in einem ersten Interview kommentierte («Viele SVP-Sektionen waren zu träge»), setzte es für Friedli einen Ritterschlag ab. Blocher tat seine Freude über die Wahl von Esther Friedli gleich öffentlich kund.
Gibt es in der SVP ein Amt zu vergeben, dann fällt früher oder später der Name Friedli. Das war schon der Fall, als die Partei 2020 verzweifelt einen neuen Präsidenten suchte. Doch die Wahl-Toggenburgerin winkte ab. Sie wusste von ihrem Partner Toni Brunner, was das Amt abverlangt.
Doch was macht Friedli für die SVP derart interessant? Sie ist zwar genauso Akademikerin wie Fraktionschef Thomas Aeschi, «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel oder EMS-Chefin Magdalena Martullo-Blocher. Aber sie hat eben auch diese Bodenhaftung, die Parteikollegen abgeht. Sie gilt als gute, zupackende Gastgeberin im Landgasthof Sonne, dem «Haus der Freiheit» in Ebnat-Kappel. Die NZZ beschrieb Friedli einst als «geländegängige» Frau. Das mache die Politik-Konvertitin so kompatibel mit der SVP und mit Toni Brunner. Überhaupt Toni Brunner.
Würde sie heute als Bundesratskandidatin gehandelt ohne ihren prominenten Partner? Anfang Jahr sagte sie gegenüber der Aargauer Zeitung: «Meine Partnerschaft mit Toni hat meiner politischen Karriere sicher nicht geschadet.»
Sie profitierte von seiner Bekanntheit – aber auch vom direkten Draht in die SVP-Schaltzentrale. 2019 bekam Friedli direkt einen Platz in der gewichtigen Wirtschaftskommission. Die Thurgauer Parteikollegin Diana Gutjahr hatte das Nachsehen, obschon sie schon länger in Bern politisierte.
Im Ratssaal bekam sie einen Platz in der hintersten Sitzreihe zugewiesen – dort, wo die Parteioberen sitzen. Und schliesslich verantwortet Friedli das neue Parteiprogramm der SVP. Es wird keine Revolution sein. Aber einen neuen Akzent will sie setzen. Sie, die Sternchen-Einladungen konsequent wegwirft, will das Gender-Thema ins Parteiprogramm aufnehmen.
Es ist eine erstaunliche Karriere für eine Frau, die einst für die CVP Politik machte. Aufgewachsen ist Friedli in Worb bei Bern, die Mutter war bei der CVP, der Vater bei der SVP. Esther Friedli übernahm das Parteibuch der Mutter. Machte Politik im Jugendrat von Worb, wurde später in den Grossen Gemeinderat gewählt. Zwischen 1997 und 2000 war sie Mitglied im Präsidium der Jungen CVP. Und absolvierte ein Praktikum im Generalsekretariat der damaligen CVP-Bundesrätin Ruth Metzler.
1997 lernte sie Toni Brunner kennen. Sie rutschte nach rechts – der SVP trat sie aber erst 2016 bei, um für den St. Galler Regierungsrat zu kandidieren. Die Wahl misslang, doch sie schnitt gut ab.
Die Basis für die Nationalratswahl war gelegt. In Bern fiel Friedli vor allem wegen ihres Einsatzes für die Gastronomie in der Coronapandemie auf. Die Meinungen über ihren Leistungsausweis gehen aber weit auseinander. Dass sie einen Einfluss hat in ihrer Fraktion, bestreitet niemand. Doch hat sie ihn wegen ihres Umfelds oder weil sie eine Strippenzieherin ist? Freund und Feind beantworten die Frage unterschiedlich.
Einig sind sie sich jedoch darin, dass Friedli angenehm im Umgang und konziliant im Ton sei, direkt und ehrlich, eine solide Schafferin. Dass sie wisse, wie man Prozesse strukturiere, organisiere und kommuniziere. Dass sie aber auch stramm auf Parteilinie sei. Friedli selbst sagt über sich, sie stehe als Person nicht gerne im Mittelpunkt; sieht sich eher als Koordinatorin, als Coach.
In den nächsten Tagen muss sich Friedli entscheiden, ob sie für den Bundesrat kandidieren will. Und Albert Rösti das Rennen erschweren will. (aargauerzeitung.ch)
Wenn ich mich recht erinnere, entstand die BDP erst nach der damaligen Bundesratswahl.
Naja ok, so etwa eine Woche war sie SVP Bundesrätin. Aber immerhin. Andere waren nur halbe Bundesräte…
😉