Rund vier Millionen Franken investiert Tessin Tourismus jährlich in sein Standort-Marketing. Doch die wertvollste Kampagne hat vor wenigen Wochen der italienische Blogger Marco Capedri lanciert. Die Folgen: ein Video, das viral geht, ein Dorf, das überrannt wird und ein Bürgermeister, der sich erklären muss. Aber der Reihe nach.
Am 10. Juli stellt der Videoblogger Marco Capedri ein Video auf Facebook. Darin planscht er im kristallklaren Wasser, springt von den Felsen und zeigt die Gegend rund um Lavertezzo im bestmöglichen Licht. Titel des Videos: «Die Malediven von Milano». Das Video ging ab wie eine Rakete.
Über 2,8 Millionen Aufrufe, fast 24'000 Shares und über 13'000 Kommentare später ist es vorbei mit der Ruhe in der Gemeinde Lavertezzo. Das Dorf mit der berühmten Brücke und dem smaragdgrünen Wasser wird seither von Touristen überrannt. Vor allem an den Wochenenden wird der Ort von jungen Italienern in Beschlag genommen. Die Folgen sind Stau und jede Menge Abfall. Das idyllische Dorf sei zu einer «Open-Air-Toilette» geworden, ärgern sich Bewohner. «Das Tal ist explodiert», beschreibt ein Bewohner den Zustand. Es sei an den Wochenenden kaum mehr bewohnbar, Touristen würden halbnackt die Strassen rauf- und runterrennen.
Auf Fotos, die kürzlich auf Instagram gepostet wurden, ist zu sehen, wie die Felsen von Gästen in Beschlag genommen wurden:
Bürgermeister Roberto Bacciarini freut sich aber über den plötzlichen Rummel in seinem Dorf. Herr Capedri habe einen guten Job gemacht, sagte er gegenüber der italienischen Zeitung «La Repubblica». «Aber er würde uns einen Gefallen tun, wenn er seinen Landsleuten sagen würde, dass sie ihre Autos ordentlich parkieren und die Regeln des Ortes respektieren sollen». (meg)