Der Präsident der Organisation «Tier im Fokus» (TIF), Tobias Sennhauser, musste sich am Mittwoch vor dem Regionalgericht in Burgdorf BE verantworten. Ihm wird vorgeworfen, sich im Herbst 2017 für verdeckte Recherchen mehrfach illegal Zugang zu Hühnerfarmen verschafft zu haben.
Nun wurde er vom Regionalgericht Burgdorf BE wegen Hausfriedensbruch zu einer bedingten Geldstrafe von 12 Tagessätzen zu 50 Franken verurteilt worden.
Er habe nichts zu verbergen, erklärte Sennhauser in einer Mitteilung im Vorfeld der Verhandlungen. Er habe «Missstände» in den Hühner-Mastanlagen mit der Kamera dokumentiert, weil die Behörden «untätig» geblieben seien.
Die Anklage lautet auf Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung sowie Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz. Zur Verhandlung vor Gericht kommt es, weil der Beschuldigte einen entsprechenden Strafbefehl der Staatsanwaltschaft angefochten hatte.
Freigesprochen wurde Sennhauser vom Vorwurf der Sachbeschädigung sowie Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz.
Für die Richterin war einzig erwiesen, dass der Aktivist unbefugt in die Betriebe eingedrungen war. Dies hatte Sennhauser bereits bei den Einvernahmen zugegeben. Bestritten war, welche Sachschäden dabei entstanden waren. Aufgrund mangelnder Beweise entschied das Gericht «in dubio pro reo» für den Angeklagten.
Keine Anhaltspunkte sah die Richterin zudem für Tierquälerei. Der Angeklagte habe sich in der Masthalle vorsichtig verhalten, Schutzkleidung angezogen und sich somit verhalten «wie ein Behördenmitglied, das spontan zu einem Kontrollgang geht».
Ihr Mandant habe im übergeordneten öffentlichen Interesse des Tierschutzes gehandelt, sagte die Verteidigerin. Dies zeige auch der Umstand, dass seine Recherchen parlamentarische Vorstösse ausgelöst hatten. Die Richterin verneinte jedoch einen Notstand und sah den Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt.
Mit den Videos, die von Medien aufgegriffen wurden, wollte die Tierrechtsorganisation angebliche Missstände in der Massentierhaltung dokumentieren. In den Filmaufnahmen sind unter anderem Bilder von verendenden Tieren zu sehen. In den betroffenen Betrieben stellten die Behörden aber keine Regelverstösse fest.
Die Verteidigerin sah dies als Beleg, dass die Staatsanwaltschaft «mit zwei Ellen» gemessen habe. «Man schiebt die Schuld auf die Person, die den Missstand aufgedeckt hat.»
Den Vorwurf der Sachbeschädigung wies der Beschuldigte bereits im Vorfeld zurück: Er habe sich durch offene Türe und Zäune Zutritt verschafft. Geradezu «absurd» sei der Vorwurf der Tierquälerei. Mit dem Argument, dass verdeckten Ermittlungen die Tiere «stressen» würde, «wäre jede Tierschutzkontrolle illegal».
Der «Fleischlobby» wirft Sennhauser vor, mit der Strafanzeige gegen ihn von «den Missständen in der Massentierhaltung ablenken» zu wollen. Zudem sei die Hausdurchsuchung für ihn ein «traumatisches Erlebnis» gewesen. Der Tierschutzaktivist kündigte bereits im Vorfeld an, eine allfällige Verurteilung vor Obergericht anzufechten.
(yam/sda)
So sehr ich mit solchen "Einbruch-Aktionen" Mühe habe und es sie nicht gutheisse, aber hier hat der Mann recht. Das Argument ist an Absurdität kaum zu überbieten.