Früher, da war alles besser. In Wald ZH feierte die Bevölkerung früher am Nationalfeiertag auf dem Tänler, einer Anhöhe unterhalb des Bachtels. Es gab Festzelt, Bar, Höhenfeuer, Feuerwerk und eine fantastische Sicht in die Linthebene und auf der anderen Seite auf den Zürichsee. Gefühlt war am 1. August jeweils das halbe Dorf dort.
Irgendwann kam eine Gruppe Jugendlicher auf die Idee, mit dem Velo da hoch zu fahren. So bisschen als Rennen. Mit geschmückten Velos. Spitznamen aus dem Radsport. Und hin und wieder einem Schluck alkoholhaltigem Getränk. Die Tour de Tänler war geboren.
Den Festanlass auf der Anhöhe gibt es längst nicht mehr, das «Velorennen» ist geblieben. Es startet mittlerweile am Morgen, führt in zwölf Etappen durch die Gemeinde und endet am Abend mit einem Grillfest. Damit alles reibungslos abläuft, fährt OK-Chef Silvio auf dem Besenwagen, einem Traktor mit Anhänger. Geschmückt natürlich und begleitet von lauter Musik.
Teilnahmeberechtigt sind Amateure wie auch Profis, welche eine Einladung erhalten haben, wie das OK in der PDF-Broschüre schreibt. Ausnahmsweise erhalte ich kurzfristig eine Wildcard für den Event, welcher inoffiziell als längstes eintägiges Mehrfachetappen-Rennen der Welt gilt.
Da ich aus Heldenerzählungen weiss, dass das Rennen hart ist, nutze ich meine Wildcard-Freiheiten und steige erst in Etappe 3 ein. Jedes Teilstück beinhaltet eine kurze (geordnete) Velofahrt hinter dem Besenwagen, um Unfälle – von den Teilnehmern auch Stunts genannt – zu verhindern. Am Etappenort werden kurze Spiele durchgeführt, welche fürs Gesamtklassement zählen. Beispielsweise Sackhüpfen, Balancieren oder Pingpong-Rundlauf. Der Gesamtführer erhält das Maillot Jaune, der Gesamtletzte muss das nächste Teilstück im Leoparden-Dress absolvieren.
Die einzige «freie» Fahrt führt vom Dorfkern hoch ins Bühl. Dieses zweitletzte Teilstück bildet auch den Bergpreis. Danach folgt die Schlussetappe zum Zielort, wo gemeinsam grill(b)iert und der 1. August gefeiert wird. Erst erfolgt aber natürlich die Siegerehrung. Wobei: Wichtig ist eigentlich nur, dass der Teilnehmer mit dem Übernamen «Tony Rominger» nicht gewinnt, wie dieses Video zeigt:
Ich muss schon während der 5. Etappe aussteigen. Einfach zu hart, dieses Rennen. Aber es heisst ja in den zehn Regeln der Tour unter anderem: 1. flexibel bleiben. 10. Wer nicht trinkt, fährt nicht. Diese Regeln sorgen dafür, dass ich frühzeitig disqualifiziert werde.
Nach diesem Abstecher geht die Tour dur d'Schwiiz am Montag in Au SG mit der 27. Etappe weiter.