Der Siegeszug der Mega-Hotels: In der Schweiz gibt es immer mehr Touristen
Das Swissôtel Bern, das Mama Shelter in Zürich und das Mövenpick in Basel haben drei Dinge gemeinsam: Sie sind mit 170 bis 264 Betten überdurchschnittlich grosse Betriebe, sie wurden in den vergangenen fünf Jahren neu eröffnet und ihre Marken gehören zum französischen Konzern Accor.
Accor, die Nummer 1 hierzulande, hat zuletzt durchschnittlich über zwei neue Hotels pro Jahr eröffnet. Andere Ketten wachsen ebenfalls stark: Im Dezember wird in Zürich das erste Moxy-Hotel eingeweiht, eine Marke der US-Kette Marriott. In Aarau wird der «Aarauerhof» ebenfalls zum Moxy-Hotel.
Damit nicht genug: Die britische Intercontinental Hotel Group nahm vergangenes Jahr ein Holiday Inn in Sion in Betrieb und begrüsst ab 2028 in einem Ruby-Hotel in Genf Gäste. Die deutsche Kette H World International brachte vor kurzem ihre Marke Zleep mit Betrieben in Kloten ZH und Lausanne VD in die Schweiz, ein Ableger in Bern folgt.
Der Schweizer Hotelmarkt wird zusehends von Ketten dominiert. Kleinere Familienbetriebe sterben aus. Das belegen aktuelle Zahlen: Im September zählte das Bundesamt für Statistik 4236 Hotelbetriebe in der Schweiz, wie es diese Woche bekannt gab. Das sind 557 oder 11,6 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Übernachtungen aber um 22,5 Prozent und jene der Hotelbetten um 9,1 Prozent gestiegen.
Investoren setzen auf Marken
Laut Zahlen der auf Hotellerie spezialisierten Beratungsfirma Horwath ist die Zahl der Kettenhotels in der Schweiz alleine im Jahr 2024 um etwa 7 Prozent gestiegen. Mittlerweile gehört fast jedes dritte Hotelzimmer einer Kette. Ein Indikator für diese Entwicklung ist die Betriebsgrösse, weil Ketten grössere Hotels betreiben und die dafür nötigen Investitionen stemmen können. Zahlen des Branchenverbands Hotelleriesuisse zeigen denn auch: Zwischen 2010 und 2024 nahm die durchschnittliche Betriebsgrösse von 26,1 auf 32,8 Zimmer zu.
Dieser Trend wird weitergehen. Horwath-Berater Michael Schnuerle sagt gegenüber dem Portal «Hotel Inside», die Markenhotellerie werde «stark wachsen». Noch handle es sich beim grössten Teil der hiesigen Hotels um Familienbetriebe und unabhängige Betriebe, doch institutionelle Investoren bevorzugten etablierte Marken und Betreiber. Ein Beispiel ist das Mama Shelter in Zürich: Finanziert hat den Bau ein Immobilienfonds der UBS. Accor führt das Hotel, besitzt das Gebäude aber nicht.
Der Markt in den Städten war schon immer stärker von Ketten dominiert. In urbanen Zentren ist der Anteil von Geschäftsreisenden höher, die Marken schätzen und deren Firmen oft über Verträge mit diesen verfügen. In der Region Zürich beträgt die durchschnittliche Betriebsgrösse laut Zahlen von Hotelleriesuisse 58 Zimmer, in Basel gar 90 Zimmer. In Graubünden sind es hingegen nur 33 Zimmer und im Wallis 26. Doch das ändert sich gerade.
Während der Corona-Jahre stiegen die Übernachtungszahlen in Regionen wie Graubünden, Wallis oder dem Berner Oberland stark. Seither interessieren sich die grossen Hotelbetreiber stärker für diese Gegenden. Zudem müssen diese laut Schnuerle über die grossen Städte hinausblicken, wenn sie ihr Wachstumstempo beibehalten wollen.
Im Kampf gegen die kleinen Betriebe haben die grossen Ketten Vorteile. Sie können von Skaleneffekten profitieren, weil sie etwa Material gemeinsam einkaufen können. Sie sind bei der internationalen Kundschaft bekannter und verfügen über Buchungskanäle mit einem hohen Volumen. In diesem Kampf haben viele Familienbetriebe das Handtuch geworfen. Ein Trost bleibt den verbliebenen: Gastfreundschaft und Charme eines Hotels lassen sich nicht skalieren. (aargauerzeitung.ch)
