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Der Bund will sechs Pestizide verbieten – und warnt vor den Konsequenzen

Frisch geerntet: Gegen Wurzelläuse in Rüebli könnte es bald kein bewilligtes Pflanzenschutzmittel mehr geben.
Frisch geerntet: Gegen Wurzelläuse in Rüebli könnte es bald kein bewilligtes Pflanzenschutzmittel mehr geben.Bild: Severin Bigler / CH Media

Der Bund will sechs Pestizide verbieten – und warnt selbst vor den Konsequenzen

Der Bund will der EU folgen und sechs Wirkstoffe vom Markt verbannen. Der Bauernverband kritisiert diesen Schritt – und verweist auf die widersprüchliche Haltung der Behörden.
14.10.2024, 10:5014.10.2024, 10:54
Maja Briner / ch media
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Wenn Schädlinge eine Pflanze befallen, beispielsweise die Wurzelläuse die Rüebli, kommen auf vielen Bauernbetrieben Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Das sorgt regelmässig für rote Köpfe: Kritiker monieren, es werde zu viel Gift gespritzt. Nun will der Bund sechs Wirkstoffe verbieten – was wiederum der Schweizer Bauernverband heftig kritisiert.

Mit diesen Verboten entstünden viele neue Lücken im Pflanzenschutz, kritisiert der Bauernverband in seinen «SBV-News». Sprich: Gegen gewisse Schädlinge in gewissen Kulturen stehe den Bauern kein Pflanzenschutzmittel mehr zur Verfügung.

Der Wirkstoff Asulam beispielsweise ist laut Bauernverband «entscheidend» für die Unkrautbekämpfung auf Wiesen und Weiden sowie im Obstbau. Und durch den Wegfall des Insektizids Spirotetramat komme es «zu rund zwanzig neuen Lücken» beim Schutz von Beeren, Zuckerrüben, Gemüse, Obst und Reben.

«Einschneidende Konsequenzen auf breiter Linie»

Auch der Bund hält in seinen Erläuterungen fest, der Wegfall von Spirotetramat habe «einschneidende Konsequenzen für die landwirtschaftliche Produktion auf breiter Linie». Unter anderem wäre demnach gegen Wurzelläuse in Karotten kein Wirkstoff mehr ordentlich bewilligt, ebenso beispielsweise beim Kernobst gegen die grüne Apfelblattlaus und im Rebbau gegen die Reblaus.

Traktor versprüht Pestizide.
Der Wirkstoff Asulam etwa soll vom Markt verschwinden, weil die EU ihn nicht genehmigte, da er – unter anderem – ein hohes Langzeitrisiko für Vögel und Säugetiere aufweise.symbolBild: shutterstock.com

Die Anzahl der Kulturen mit fehlenden Schutzmöglichkeiten gegenüber einem bestimmten Schadorganismus nehme «leider stark zu», hält Daniel Blättler vom Bauernverband fest. «Die Landwirte waren die Ersten, die den Notruf auslösten, doch nun erkennen auch die Behörden das Ausmass des Problems an.»

Mit den angekündigten Rückzügen reagiert der Bund auf die EU. Der Wirkstoff Asulam etwa soll vom Markt verschwinden, weil die EU ihn nicht genehmigte, da er – unter anderem – ein hohes Langzeitrisiko für Vögel und Säugetiere aufweise. Bei Spirotetramat wiederum liegt der Fall anders: In der EU ist die Zulassung abgelaufen, ein Erneuerungsgesuch wurde nicht eingereicht.

In der Schweiz ist geplant, dass der Verkauf der sechs Wirkstoffe ab Mitte 2025 verboten wird, die Verwendung ein Jahr später. Noch wurde aber kein definitiver Entscheid getroffen, wie das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen festhält. Die Änderungen sind derzeit in Konsultation.

Kritik an zu strenger Zulassung

Bauernverband und Industrie klagen schon länger, es würden zu viele Produkte vom Markt genommen – während gleichzeitig die Zulassung von neuen Produkten harze. Vergangenes Jahr wurden laut Bund ein Wirkstoff sowie 35 Produkte zurückgezogen; 12 Wirkstoffe und 12 Produkte wurden neu zugelassen.

Nach Ansicht des Bauernverbands ist das Schweizer Zulassungsverfahren «viel strenger» als in Europa. Er hofft nun auf das Parlament: Es hat im Grundsatz bereits grünes Licht gegeben für eine vereinfachte Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. (aargauerzeitung.ch)

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105 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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fastfurious
14.10.2024 11:00registriert März 2020
Der Bauernverband hat den Bogen bereits weit überspannt. Wir brauchen keine Verhältnisse wie in Spanien, wo die Böden und das Trinkwasser derart kontaminiert sind, dass ganze Landschaftsstriche unbewohnbar werden.
Im weiteren zweifle ich weniger an der Kompetenz der agrarwirtschaftlichen Kompetenzen der EU, als an unserem Bauernverband.
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Her Majesty
14.10.2024 11:05registriert Dezember 2022
"Nach Ansicht des Bauernverbands ist das Schweizer Zulassungsverfahren «viel strenger» als in Europa."
Bei uns dürfen div. Pflanzenschutzmittel nur mit Notfallzulassungen eingesetzt werden. (Auch im Ausland der Fall.) Sprich, die sind nicht regulär zugelassen. Ich würde eigentlich begrüssen, wenn man da restriktiver wäre, nicht lascher!
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Dave1974
14.10.2024 11:41registriert April 2020
Kurz nachgeschaut und es gäbe natürliche Mittel und Fressfeinde gegen Wurzelläuse. Es gäbe Nutzpflanzen, die sie vergrämen und sogar wurzellausresistente Sorten bei Salaten.
Ist halt nicht so einfach wie raus damit, Gift, rein damit, abkassieren. Die Industrie würde komplizierter, aber auch die ganze Nahrungskette hinter den Läusen würde es danken. Und einfach verpuffen tut das Zeug ja auch nicht. Aber was ist schon gesunder Boden!?
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