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Rüstungskäufe: So beflügeln Kompensationsgeschäfte Schweizer Firmen

Rüstungskäufe: So beflügeln Kompensationsgeschäfte Schweizer Firmen

Gehen Rüstungsaufträge ins Ausland, profitieren Schweizer Betriebe von Gegengeschäften. Zwar führen diese laut einer Studie zu mehr Forschung und Exportdynamik. Sie sind politisch aber umstritten.
21.11.2022, 13:44
Peter Walthard und Samuel Thomi / ch media
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In den letzten vier Jahren sind der Schweizer Wirtschaft dank Gegengeschäften für Rüstungsbeschaffungen im Ausland rund eine Milliarde Franken zugeflossen. Dies schreibt das Bundesamt für Rüstung am Montag in einer Mitteilung. Armasuisse beruft sich dabei auf eine beim Forschungsinstitut BAK Economics in Auftrag gegebene Studie.

Von Beschaffungen der Armee (im Symbolbild: Patriot-Luftabwehrraketen) profitieren Schweizer Firmen in Form von sogenannten Offset-Geschäften.
Von Beschaffungen der Armee (im Symbolbild: Patriot-Luftabwehrraketen) profitieren Schweizer Firmen in Form von sogenannten Offset-Geschäften.Bild: Keystone

Diese hat für die Jahre 2018 bis 2021 zudem untersucht, welchen Effekt die sogenannten Offset-Geschäfte auf die Performance der betroffenen Firmen haben. Als Ergebnis erwähnt Armasuisse «höhere Forschungsintensität, höheres Exportvolumen und höhere Exportdynamik.»

Insgesamt sind für die BAK-Studie 616 Offset-Geschäfte ausgewertet worden. Beteiligt daran waren 194 Schweizer Unternehmen. Etwa 8 Prozent des gesamten Auftragsvolumens ging dabei auf direkte Gegengeschäfte zurück, bei denen beauftragte Schweizer Firmen direkt dem Besteller zuarbeiten konnten. Der Rest des Auftragsvolumen für die hiesige Wirtschaft ging auf das Konto von anderweitigen «Industrie- und Forschungsaufträgen, Technologie- und Know-how-Transfers sowie Marketingunterstützung», wie es heisst.

Industrie legt Fokus auf Spitzenforschung

Besonders stark ist der positive Nutzen von Offset-Geschäften laut Armasuisse für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Dies zeigt eine Befragung, die im Rahmen der Studie durchgeführt worden ist. Die KMU gaben an, dank den Kompensationsgeschäften gut 8 Prozent mehr Exporte erzielen zu können. Bei Grossunternehmen betrage dieser Anteil dagegen nur gut 2 Prozent. Der Durchschnitt liegt bei 7 Prozent. Allerdings sind die Zahlen mit Vorsicht zu geniessen: Nur 95 der insgesamt 184 von Offset begünstigten Unternehmen hatten sich an der Umfrage beteiligt.

Die Studie hat zudem untersucht, wie die Schweizer Industrie im Bereich sicherheitsrelevanter Technologie positioniert ist. Dabei zeigt sich, dass der Anteil an Top-Patenten in allen Technologiefeldern überdurchschnittlich hoch ist. «Die Schweiz liegt in Bezug auf die Forschungseffektivität auf Rang 1», so das Fazit. Die Analyse zeigt zudem, dass die hiesige Wirtschaft den Fokus auf Spitzenforschung lege. Bei einem von 100 sogenannten Weltklassepatenten seien Schweizer Forschende am Werk gewesen.

Diskussionen wegen Kampfjet-Kauf

Wenn der Bund im Ausland Rüstungsgüter beschafft, verpflichten sich ausländische Lieferanten zu gleichwertigen Gegengeschäften mit der Schweizer Industrie. Diese Offset-Geschäfte sollen den Aufbau und Erhalt von sicherheitsrelevanten Technologien in der Schweiz fördern. Wie hoch jedoch der Anteil an den Gegengeschäften sein soll, und wem sie zu Gute kommen, ist politisch umstritten. Etwa, weil Offset-Geschäfte die Rüstungsbeschaffungen teils massiv verteuern.

In der jüngsten Kampfjet-Debatte – der teuersten Armeematerialbeschaffung der Schweiz – hatte sich das Parlament zwar noch hinter die Offset-Geschäfte gestellt. Allerdings müssen die USA respektive der Flugzeugbauer Lokheed Martin den 6 Milliarden Franken teuren Kauf von 36 Kampfjets F35-A lediglich noch mit Einkäufen in der Schweiz im Wert von 2.9 Milliarden kompensieren.

Bereits davor war aus dem Parlament unüblich heftig kritisiert worden, dass die bis dahin geltende Auswertung der Offset-Geschäfte keine Schlüsse über deren effektive Wirkung zulasse. Nicht zuletzt als Folge davon hatte die zuständige Bundesrätin Viola Amherd in der laufenden Kampfjetbeschaffung die Summe der Gegengeschäfte von 100 auf 60 Prozent des Kaufpreises beschränkt.

IT-Plattform für Auswertung im Aufbau

Erst im Frühling hat der Bundesrat dann angekündigt, Offset-Geschäfte gesetzlich regeln zu wollen. Dies aufgrund einer Studie von Armasuisse, wonach eine Rechtsnorm zu deren Kontrolle fehle. Bis Ende Jahr will das Verteidigungsdepartement (VBS) nun vertieft prüfen, auf welcher Stufe Gegengeschäfte rechtlich verankert werden sollen. Zudem will der Bundesrat Controlling und Transparenz von Offset-Geschäften verbessern.

Armasuisse kündigte am Montag bereits an, Gegengeschäfte künftig einem periodischen Monitoring unterziehen zu wollen. Mit einem bereits im vergangenen Jahr gestarteten IT-Projekt werde derzeit eine webbasierte Plattform für Meldung, Kontrolle und Auswertung von Offset-Geschäften geschaffen. Der Bundesrat hat das VBS zudem bereits beauftragt, ab der nächsten Armeebotschaft transparent und einheitlich über allfällige Gegengeschäfte zu informieren. (aargauerzeitung.ch)

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