Die Rechtsparteien sind die grossen Wahlsieger. Die SVP feiert neun zusätzliche Sitze im Nationalrat, die EDU einen und die Genfer Protestpartei MCG zwei. Das macht zwölf Sitzgewinne und lässt die grosse Kammer nach rechts rücken. Doch die Verschiebung hätte noch grösser ausfallen können. Dann nämlich, wenn es keine Allianzen zwischen Parteien gegeben hätte.
Dank der Listenverbindungen konnten die Grünen und Grünliberale noch grösseres Unheil verhindern. Die Grünen haben nur fünf statt sieben Sitze verloren und die GLP sechs statt sieben. Profitiert haben ausserdem die SP und die EDU, die dank Bündnissen einen zusätzlichen Sitz geholt haben. Das zeigt eine Auswertung dieser Redaktion. Die Ergebnisse der Nationalratswahlen wurden dazu mit einem Szenario verglichen, in dem zwischen den Parteien keine Listenverbindungen existieren.
Ein Nachteil sind Listenverbindungen für SVP, Mitte und FDP. Die drei Parteien hätten mehr Sitze geholt, wenn alle Parteien getrennt in die Wahlen gegangen wären. Wegen der Listenverbindungen haben sie zwei (SVP, Mitte) respektive einen (FDP) Sitz weniger geholt.
Ein Paradebeispiel für die Funktionsweise der Listenverbindungen war dieses Jahr der Jura. Der Kanton hat zwei Nationalratssitze zu vergeben. Der erste ging an die SP, die als wählerstärkste Partei auf 29,6 Prozent kam. Knapp dahinter folgte die Mitte mit 26,5 Prozent. Dank der Partnerschaft mit der EVP kam sie sogar auf 27,4 Prozent – und ging trotzdem leer aus.
Der Sitz ging stattdessen an die SVP, die 19,1 Prozent verbuchte. Dies, weil sich die SVP mit der FDP verbunden hatte, die 8,7 Prozent holte. Dank der Allianz kam das Gespann auf 27,8 Prozent und schnappte der Mitte den Sitz vor der Nase weg.
Im Tessin ergatterte die SVP ebenfalls einen Sitz auf Kosten der Mitte. In vier Kantonen – Basel, Zürich, Luzern und Solothurn – musste sie hingegen anderen Parteien den Vortritt lassen. In Zürich ging einer ihrer Sitze an die EDU, die mit den Corona-Massnahmengegnern von Massvoll und Aufrecht ein Bündnis gebildet hatte.
In Basel beeinflussten die Listenverbindungen die Vergabe von zwei der vier Sitze: Patricia von Falkenstein (LDP) und Katja Christ (GLP) verdanken ihre Wiederwahl der grossen Allianz von FDP, LDP, Mitte, GLP und EVP. Leidtragende sind der abgewählte Mustafa Atici (SP) und Joel Thüring (SVP). Die Wiederwahl wegen Listenverbindungen verpassten ausserdem Ursula Schneider Schüttel (SP) in Freiburg, Michel Matter (GLP) in Genf und Daniel Ruch (FDP) in der Waadt.
Die GLP gehörte bereits vor vier Jahren zu den Nutzniessern. Damals holte sie durch kluge Partnerschaften sogar fünf zusätzliche Sitze. Die SVP hingegen verlor im Vergleich zum Szenario ohne Listenverbindungen sieben Sitze. Dieses Jahr lief es ihr besser. Ein Grund dafür ist die engere Zusammenarbeit mit der FDP: In neun Kantonen gingen sie gemeinsam in die Wahlen, vor vier Jahren nur in drei.
Die Listenverbindungen stehen derzeit in der Kritik: FDP-Präsident Thierry Burkart plädierte etwa dafür, sie abzuschaffen. GLP und EVP fordern in zwei Motionen, das Wahlsystem anzupassen, wodurch Listenverbindungen hinfällig würden. (aargauerzeitung.ch)
Vorschlag für in 4 Jahren: Jede Partei erhält anrecht auf 2 Unterlisten, eine Hautptliste und eine für die Jungpartei.