Es ist einer der wichtigsten Feiertage in der katholischen Kirche: Fronleichnam. Am «Herrgottstag», wie das Fest kurz nach Pfingsten auch genannt wird, ziehen in vielen katholischen Gemeinden Priester, Tambouren, Trachtenfrauen, Blasmusiker und festlich gekleidete Kinder in bunten Prozessionen durch die geschmückten Dörfer. Aber auch Männer in Uniform und mit geschultertem Sturmgewehr marschieren traditionell im Umzug mit. Und feuern mit der «Herrgottskanone» Böllerschüsse ab.
Im Wallis hat diese Tradition nun die Armee auf den Plan gerufen. Denn immer häufiger stellt sie an Fronleichnamsprozessionen und anderen religiösen Feiern Verstösse gegen das Militärgesetz fest. So tragen einige Kampfanzug und Waffe, ohne dafür die nötige Bewilligung zu haben.
Wie der «Walliser Bote» berichtet, hat das zuständige Kreiskommando kürzlich einen Brief an alle Gemeinden im Kanton geschickt. Dies, nachdem man zahlreiche Beschwerden von besorgten Bürgern erhalten habe.
Im Schreiben ermahnt das Militär die Gemeinden. Es liege an den Veranstaltern, die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen. Die Armee kritisiert, dass manche Prozessions-Teilnehmer gegen Sicherheitsvorschriften für Waffen verstiessen, «wodurch Teilnehmer und Publikum gefährdet werden könnten». CH Media liegt das Schreiben vor.
Zu den Sicherheitsvorschriften gehöre unter anderem, dass die Waffe stets unter Beobachtung bleibe, immer als geladen betrachtet werde und niemals auf eine Person gerichtet werden dürfe, erklärt Pascal Zen-Ruffinen auf Anfrage. Er ist Leiter des Walliser Amts für Militärwesen.
Dienstwaffen darf man ausserhalb des Militärdiensts nur tragen, wenn man dafür vorher eine Bewilligung bei der Armee eingeholt hat. Jede andere Waffe darf nur mit Erlaubnis der Polizei getragen werden. Für das Schiessen mit Platzpatronen an Paraden braucht es ebenfalls eine Genehmigung der Polizei.
Und auch bevor man in den Tarnanzug oder den Ausgänger steigt, braucht’s eine Bewilligung der kantonalen Militärbehörde. Wer nie Militärdienst geleistet hat, darf keine Uniform tragen – auch nicht an einer Parade.
Zen-Ruffinen sagt, dass die meisten Verstösse nicht absichtlich geschähen. Vielmehr sei vielen Leuten nicht bewusst, welche Regeln es gebe – und dass auch alte Waffen immer noch als Waffen gelten.
Wie gefährlich diese sein können, zeigte vergangenes Jahr ein tragischer Unfall. In der Oberwalliser Gemeinde Raron kam ein 65-jähriger Mann an Fronleichnam beim Zünden einer Böllerkanone ums Leben.
Die Kantonspolizei und Staatsanwaltschaft eröffneten ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung durch Sprengstoffe gegen die Mitglieder des Teams, das für die Böller zuständig war. Später übernahm die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen. Diese stellte die Untersuchung Anfang Jahr ein. Die Verantwortlichen hätten alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen, weshalb ihnen keine unsachgemässe Handhabung oder eine Verletzung der Sorgfaltspflicht angelastet werden könne.
Der tödliche Unfall ist ein Einzelfall. Doch er hat offenbar nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Behörden aufgeschreckt. Man hoffe auf die Unterstützung und «Umsetzung der geltenden Gesetzgebung», mahnt die Armee im Schlusswort des Briefes die Gemeinden. Dies, damit «die lokalen Traditionen auch künftig ohne Einschränkungen fortgeführt werden können». Man kann dies wohl durchaus als Warnschuss verstehen.