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«In den Städten zu teuer» – drei Weihnachtsmarktverkäufer packen aus

Weihnachtsmarkt: Zürcher Hauptbahnhof.
Weihnachtsmarkt: Zürcher Hauptbahnhof.bild: watson

«In den Städten zu teuer» – drei Weihnachtsmarktverkäufer teilen ihre Erfahrungen

Weihnachtsmärkte sind in der Schweiz sehr beliebt, doch stehen wegen der gehobenen Preise auch oft in der Kritik. watson hat nachgefragt, wie das Geschäft bei drei Weihnachtsmarktverkäufern läuft.
04.12.2022, 10:4506.12.2022, 05:38
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Wenn plötzlich reihenweise kleine Holzhäuser auf öffentlichem Grund aufploppen und Glühweinduft in der Luft liegt, bedeutet das, dass die Schweiz wieder im Weihnachtsfieber ist. Für all jene, die an den Weihnachtsmärkten ihre Produkte verkaufen, ist es eine intensive Zeit.

Doch es ist auch eine kurze Zeit, in der viel Geld gemacht wird. watson hat mit drei Weihnachtsmarktverkäufern über die Frage gesprochen, wie ihre Geschäfte laufen.

Kerzen

Bereits drei Jahre Erfahrung an Weihnachtsmärkten hat Laura Wick aus Zürich. Mit zwei Freunden führt sie die Firma «Gutes Zeug», mit der die Gruppe hauptsächlich Design- und Duftkerzen verkauft. Am beliebtesten seien die Design-Kerzen, welche Hand-Gesten darstellen.

So verkaufen sie etwa Mittelfinger- oder Peace-Zeichen-Kerzen. Diese dienen eher als Dekoration, statt sie sofort anzuzünden. Denn die Herstellung benötigt viel Zeit. «Alles wird in Handarbeit in kleinen Manufakturen in Litauen, Holland und der USA hergestellt», erklärt Wick.

Bei den meisten Weihnachtsmarktbesuchern würden ihre Produkte gut ankommen. Sie sagt: «Viele finden sie lustig und lachen lauthals, wenn sie etwa die Mittelfingerkerze sehen.» Das seien Momente, in denen sie sich als Verkäuferin freue.

Verkauft Designer-Kerzen: Laura Wick.
Verkauft Designer-Kerzen: Laura Wick.bild: watson

Das Geschäft sei bereits gut gestartet – doch der Hauptumsatz werde in den letzten zwei Wochen vor Weihnachten gemacht. Dieses Jahr seien sie zum ersten Mal an drei Standorten im Kanton Zürich vertreten. «Wir haben Verkaufsstände am Hauptbahnhof, am Weihnachtsdorf Stadelhofen und am Wintermarkt in Winterthur», sagt Wick.

Früher hätten sie ihre Produkte an anderen Standorten verkauft. «In Zürich geben die Leute mehr Geld aus am Weihnachtsmarkt. Das Portemonnaie sitzt lockerer.» Wer an mehreren Weihnachtsmärkten vertreten sein wolle, müsse das gut planen.

«Die Standmiete vorzufinanzieren, ist als junge Firma eine Herausforderung», sagt Wick. Der Aufwand lohne sich aber finanziell definitiv, wenn man einen Monat lang viele Produkte verkaufe. Genaue Zahlen möchte die Zürcherin keine liefern. Aber sie sagt: «Wir bezahlen für die drei Standorte zusammen einen tiefen fünfstelligen Betrag und der Umsatz wird sich voraussichtlich im tiefen sechsstelligen Bereich befinden.»

Vom Ertrag leben müssen Wick und ihre zwei Co-Inhaber sowie die zwölf Aushilfskräfte, die extra für die Weihnachtsmärkte angestellt wurden. Den Rest vom Jahr verkaufen die drei Freunde ihre Produkte aber nicht an die Kundschaft. «Normalerweise beliefern wir Geschäfte wie den Globus», sagt Wick. Sie arbeite zudem nur Teilzeit, zu 50 Prozent in der Firma, den Rest sei sie im Geschäft ihrer Mutter tätig.

Schnitzelbrote

Premiere an einem Weihnachtsmarkt feiert Viktor Balazs vom Bistro «Schnitzelland» in Dietlikon. Zum ersten Mal verkauft er am Zürcher Hauptbahnhof den Weihnachtsbegeisterten hausgemachte Schnitzelbrote. Balazs ist langjähriger Mitarbeiter des Bistros, das von einem Kollegen geführt wird.


Angeboten am Weihnachtsmarkt werden Schnitzelbrote. Neben den Fleischvarianten Poulet und Schwein gibt es auch eine vegetarische Version. Zu teuer findet er seine Produkte nicht. «Die Rückmeldungen der Kunden sind super, viele sagen uns auch, wie fein sie es finden», sagt Balazs. «Schnitzelland» setze nämlich auf Qualität.

Schnitzelbrote sind teurer am Hauptbahnhof als im Bistro: Verkäufer Viktor Balazs.
Schnitzelbrote sind teurer am Hauptbahnhof als im Bistro: Verkäufer Viktor Balazs. bild: watson

«Wir beziehen nur Schweizer Fleisch, machen Spezialbrötchen und auch die Sauce ist hausgemacht», sagt er. 
Das Fazit nach der ersten Verkaufswoche fällt jedoch etwas ernüchternd aus. «Dieses Jahr hat es leider den beliebten Swarovski-Christbaum nicht», sagt Balazs. Da sie zum ersten Jahr am Weihnachtsmarkt teilnehmen, würden sie noch nicht beurteilen können, wie rentabel das Geschäft sei. 


Mit einem Verkaufsstand gehe man deshalb auch ein Risiko ein. «Die Standmiete hier kostet ein Vielfaches mehr als die Miete des Bistros in Dietlikon», sagt er. Deshalb koste ein Schnitzelbrot am Hauptbahnhof auch drei Franken mehr als in Dietlikon. Der «Schnitzelland»-Mitarbeiter ist jedoch zuversichtlich: «Sobald der Schnee kommt, wollen die Leute noch mehr das Weihnachtsfeeling an einem Markt erleben.»

Christbaumkugeln und Krippenfiguren

Bereits über 25 Jahre hat Isabelle Lacher schon einen Verkaufsstand am Weihnachtsmarkt in Einsiedeln. Während acht Tagen verkauft sie Christbaumkugeln und Krippenfiguren. Ein Grossteil ihres Angebots machen die handgeschnitzten und bemalten Krippenfiguren aus, welche sie aus dem Südtirol bezieht. Aber auch Christbaumkugeln hat sie viele. «Diese sind mundgeblasen und von Hand gemalt. Ich beziehe sie jeweils aus Deutschland», sagt Lacher.

Lacher
Verkauft seit 25 Jahren Christbaumkugeln und Krippenfiguren am Weihnachtsmarkt in Einsiedeln: Isabelle Lacher.Bild: zVg

Damit angefangen habe sie durch ihren Vater. Er habe den Christbaum zu Hause jeweils mit über 600 Kugeln geschmückt. «Diese hatte er durch zahlreiche Besuche an Weihnachtsmärkten gefunden», sagt Lacher. Seine Leidenschaft habe sie nun übernommen, weshalb sie hobbymässig am Weihnachtsmarkt arbeite.

Wenn nicht gerade Weihnachtsmarkt ist, verkauft Lacher an einem Ganzjahresstand auf dem Klosterplatz in Einsiedeln Devotionalien – sprich: religiöse Produkte wie Kreuze, Rosenkränze oder Heiligenfiguren. Dies sei ihr Haupterwerb seit zwölf Jahren. Nebenbei arbeite sie zudem als Buchhalterin.

Lacher liebt die Weihnachtsmärkte, aber sie kritisiert sie auch. Vielerorts drehe sich alles nur noch ums Essen, welches zum Teil überteuert sei. Sie sagt: «Auf dem Land geht das noch, aber in den Städten ist es zu teuer.»

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Also wenn das mal nicht schulfrei bedeutet.
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Schweizer Weihnachtsguetzli? Am besten fragen wir diese Kanadierin!
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33 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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henkos
04.12.2022 12:02registriert August 2016
Die hier gezeigten Verkäufer sind gut und recht, aber spiegeln leider nicht die Realität wider. Um Schweizer Weihnachtsmärkte korrekt abzubilden, hätten Verkäufer von billigem Plastikschrott, Handyhüllen, Pulled Pork Burger und tibetanischen Teigtaschen interviewed werden müssen:
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chnobli1896
04.12.2022 11:29registriert April 2017
[...] «Sobald der Schnee kommt, wollen die Leute noch mehr das Weihnachtsfeeling an einem Markt erleben.»[...]

Wenn dann die Weihnachtsmärkte überhaupt noch stehen
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Füürtüfäli
04.12.2022 12:25registriert März 2019
Mich machen "unsere" Weihnachtsmärkte überhaupt nicht mehr an. Gefühlt 75% Fressbuden, 5% Handgemachtes und der Rest Chinaschrott zu Fantasiepreisen.

War letztens an einem Dorfmarkt in Thalheim... WOW, der war mega: Ausser Würste vom Grill, Punsch, Süssmost ( mit oder ohne Schuss) und Heisse Marroni, gab es sonst keine weiteren Fress-/Trinkbuden. Der Rest waren alles Stände mit wirklich schönen und originellen Handmadeprodukten und kein Chinagedöns
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