Der Winter ist definitiv in der Schweiz angekommen. In den vergangenen Tagen fiel Schnee bis in tiefe Lagen. Wegen Eisglätte auf den Strassen war Vorsicht geboten. Auch auf den Trottoirs waren die Verhältnisse zum Teil prekär. Für viele avancierte der Gang zum Bahnhof oder zum Bus zur Rutschpartie.
Die Räumungsdienste kämpfen in solchen Stunden mit Grossaufgeboten gegen Schnee und Eis an – und dennoch sind nicht alle mit ihnen zufrieden. «Es gibt immer wieder Reklamationen», sagt Andreas Niklaus, Leiter Strassenreinigung und Winterdienst der Stadt Bern.
So gebe es immer wieder Fussgänger, die sich wünschten, dass die Trottoirs früher geräumt würden. «Auch mit den Velofahrern gibt es immer wieder Knatsch. Die fühlen sich oft benachteiligt», so Niklaus. «Wir haben 134'000 Bewohner in Bern und wenn es schneit, ist plötzlich jeder Experte für Schneeräumung.»
Stellt sich die Frage: Werden Autofahrer tatsächlich bevorzugt?
Die Antworten fallen von Stadt zu Stadt verschieden aus. In Basel kann es sein, dass es länger dauert, bis die Fussgänger sicheren Schrittes von A nach B laufen können. Das liegt an einer speziellen Gesetzgebung: «Für die Räumung der Trottoirs sind die Liegenschaftsbesitzer zuständig. Das liegt nicht in der Verantwortung der Stadt», erklärt Dominik Egli, Leiter Stadtreinigung Basel.
Anders sieht dies etwa in Zürich aus. «Wir reinigen zuerst die Strassen, auf denen der ÖV verkehrt», sagt Daniel Eberhard, Sprecher von Entsorgung und Recycling Zürich. «Aber auch sehr wichtige Fuss- und Fahrradwege werden mit erster Priorität behandelt.»
Ähnlich klingt es aus Luzern. Thomas Schmid, Leiter des Strasseninspektorats, sagt: «Unsere Einsatzplanung sieht vor, dass sowohl Strassen als auch Gehwege und Velorouten gleichzeitig gesalzen werden.» Dennoch könne der Eindruck entstehen, dass den Strassen mehr Beachtung geschenkt würde als den Trottoirs. Schmid erklärt: «Salz wirkt schneller, wenn es durch Fahrverkehr in den Schnee eingerieben wird. Daher ist die Wirkung von Streusalz auf der Strasse rascher sichtbar als auf einem Trottoir oder einer Radverkehrsstrecke.»
Eine andere Erklärung, weshalb es teilweise etwas länger dauern kann, bis die Gehsteige schwarz sind, liefert Mathias Schneider von der Stadt Aarau: «Bei den Trottoirs kann es aufgrund von Hindernissen (zum Beispiel runterhängende Büsche) teilweise zu leichten Verzögerungen kommen.»
Für Velofahrer kann es im Winter tatsächlich etwas enger werden als sonst. «Wir stossen den Schnee auf die Seite», sagt Niklaus aus Bern. «Dadurch wird die Strasse schmaler.» Es sei deshalb möglich, dass Schnee auf den Fahrradstreifen liegen bleibe.
In Basel wurde bereits getestet, was passiert, wenn man den Schnee in die Mitte der Strasse schiebt. Auch diese Methode wirkte sich nicht positiv für die Velofahrer aus. «Die Autos sind dann einfach auf den Velostreifen ausgewichen», sagt Egli.
In Zürich hat man das Problem mit den blockierten Velostreifen erkannt und will nun Gegensteuer geben. Für dieses Jahr wurde die Anzahl «Handschaufler» stark erhöht. «Heute können 73 Gruppen eingesetzt werden, vor einem Jahr waren es noch 46», erzählt Eberhard. Die «Handschaufler» könnten vor allem die Übergänge der Fahrradwege vom Trottoir auf die Strasse freischaufeln.
Allen wird man es aber sowieso nicht recht machen können. Denn die grossen Schneemassen lassen sich nicht so einfach in Wasser auflösen. Auch in den Rhein kippen darf man sie nicht, da sie kontaminiert sind. 2006 habe man das gemacht, als es vor der Fasnacht fast einen halben Meter Schnee gegeben habe, erinnert sich Egli. Doch der Aufschrei sei riesig gewesen.
Der Basler gibt sich gelassen und sagt: «Wir leben in einem Alpenland.» Da könne es halt vorkommen, dass im Winter Schnee auf der Strasse liege. Er rät deshalb: «Die Lederschuhe für einmal zuhause lassen und die Wanderschuhe anziehen.»
Die Velofahrer gefährden sich und andere damit. Bei schlechtem Wetterverhältnissen nehme ich dann denn Bus oder ausnahmsweise das Auto.