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Unwettergefahr in der Schweiz: Das bedeuten die Gewitter-Warnstufen

Starke Regenfaelle und Gewitter ziehen ueber die Stadt Luzern und die Zentralschweiz, am Montag, 23. Mai 2022, in Luzern (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Von Platzregen bis zu schweren Sturmschäden – Gewitter sind nie zu 100 Prozent berechenbar.Bild: KEYSTONE

Gewitter im Anflug: So verhältst du dich richtig

Mit dem Juni hat auch die Gewittersaison in der Schweiz begonnen. Immer wieder muss diese Woche mit Blitz und Donner gerechnet werden. Für manche Regionen werden deshalb Wetterwarnungen herausgegeben. Doch was bedeuten die Gefahrenstufen eigentlich?
03.06.2025, 15:3303.06.2025, 15:56
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Die ganze Woche vor Pfingsten muss immer wieder mit Gewittern gerechnet werden. Besonders am Mittwoch soll es etwa am Abend im Norden zu teils heftigen Gewittern kommen. Je nach Intensität ruft der Bund deshalb jeweils für gewisse Regionen Wetterwarnungen aus. Doch was bedeuten die eigentlich?

Das Bundesamt für Meteorologie (MeteoSchweiz) hat ein System, um die Bevölkerung vor Unwettern zu warnen. Es ist in mehrere Stufen eingeteilt; sobald bei einem Gewitter mindestens ein Messwert (Hagel, Wind oder Regen) die Kriterien voraussichtlich erreicht, wird die Gefahrenstufe herausgegeben.

Gefahrenstufe 1 (geringe Gefahr)

Diese Stufe wird nicht im Sinne einer Warnung herausgegeben. Es handelt sich um eine Wetterentwicklung, die für die Jahreszeit üblich ist. Dennoch sollte man auch in dieser Situation die nötige Vorsicht walten lassen. Denn auch Meteorologen können nicht jede einzelne Windböe und jeden Blitz vorhersehen.

Vorsicht ist besser als Nachsicht
Gewitter können schnell und heftig kommen. Da bleibt manchmal kaum Zeit, die Gartenlounge und den Grill abzudecken, die Sitzpolster ins Trockene zu holen und die Sonnenstoren einzufahren. Bei gewitterträchtigem Wetter solltest du deshalb vorsorgen und das rechtzeitig erledigen. So kannst du Schäden vermeiden. Wenn du draussen unterwegs bist, solltest du dir rechtzeitig Schutzmöglichkeiten suchen, also wissen, wo du dich unterstellen kannst. Bei heftigeren Gewittern ist es zudem ratsam, elektrische Geräte vom Strom zu trennen. Sie können ansonsten durch Blitze beschädigt werden.

Gefahrenstufe 2 (mässige Gefahr)

Auch hier handelt es sich eigentlich um für die Jahreszeit übliche Gewitter, die jedoch trotzdem gefährlich werden können. Denn auch wenn die Gewitter der Jahreszeit entsprechen, kann die Wetterentwicklung gefährlich sein. Umso vorsichtiger solltest du sein und kein unnötiges Risiko eingehen.

So verhältst du dich während eines Gewitters
Nicht nur Blitze und Starkregen können während eines Gewitters zur Gefahr werden, auch Hagel kann verheerende Folgen haben, wenn man sich im Freien aufhält. Wichtig ist, sich nicht an exponierten Lagen wie freien Flächen, Bergkreten, neben Bäumen, Masten oder Türmen aufzuhalten. Auch Gewässer sollten gemieden werden, da an diesen Orten die Gefahr eines Blitzeinschlags grösser ist als andernorts. Beim Baden solltest du das Wasser deshalb umgehend verlassen, wenn ein Gewitter aufzieht.

Blitzt und donnert es über dir, solltest du dringend Schutz in einem Gebäude oder im Auto suchen. Letzteres ist dank der Metallhülle ein sogenannter faradayscher Käfig, die elektrische Ladung wird aussen herum in den Boden abgeleitet, das Innere des Autos ist sicher. Gibt es keinen sicheren Unterschlupf, solltest du in Kauerstellung gehen. Gefährlich werden können während eines Gewitters auch überflutete Strassenabschnitte, Bachbetten und steile Hangzonen. Auch im Wald solltest du dich lieber nicht aufhalten, da abbrechende Äste oder umstürzende Bäume zur Gefahr werden können. Das gilt übrigens auch noch, wenn das Gewitter schon durch ist.

Gefahrenstufe 3 (erhebliche Gefahr)

Die erwarteten Wettererscheinungen befinden sich mittlerweile am Rand der für die Jahreszeit üblichen Intensität. Heisst: Es sind Sturmböen zwischen 90 und 120 km/h, Hagelkörner zwischen 2 und 4 Zentimeter Grösse und Regenmengen von 30 bis 50 Millimeter pro Quadratmeter und Stunde möglich. In Bächen kann es plötzlich zu Flutwellen kommen, Bäume können umstürzen und an steilen Hängen kann es Hangrutsche geben. Strassenunterführungen, Tiefgaragen und Kellerräume können überflutet werden, Entwässerungssysteme und Kanalisationen können überlaufen beziehungsweise versagen. Auf den Strassen, den Schienen und in der Luftfahrt kann es zudem zu Behinderungen kommen, der Schiffsverkehr auf Seen kann gefährdet sein.

Sturmwarnungen auf Schweizer Seen
Auch Schiffs- und Bootsführer können von einem Gewitter überrascht werden. An Seeufern gibt es Sturmleuchten, die sie auf die drohende Gefahr hinweisen. Das Licht blinkt etwa 40 Mal pro Minute bei einer Starkwindwarnung und etwa 90 Mal – also in deutlich kürzeren Abständen – bei einer Sturmwarnung. Bei der Starkwindwarnung sind sie aufgefordert, die Lage selber zu beobachten und entsprechend zu reagieren. Bei einer Sturmwarnung haben sie «sofort alle notwendigen Sicherheitsmassnahmen für Mannschaft sowie Schiff zu treffen und allenfalls einen Hafen oder das geschützte Ufer anzulaufen», heisst es in einem Factsheet von MeteoSchweiz in Kooperation mit den zuständigen Kantonspolizeien.

Gefahrenstufe 4 (grosse Gefahr)

Auf dieser Stufe wird mit einer gefährlichen Wetterentwicklung gerechnet, die ungewöhnlich stark ausfallen kann. Gemäss MeteoSchweiz muss mit Sturmböen über 120 km/h (Orkanstärke), Hagelkörnern ab 4 Zentimeter Durchmesser und Regenmengen ab 50 Millimeter pro Quadratmeter und Stunde gerechnet werden. Auch bei einem solchen Gewitter kann es in Bächen Flutwellen geben, Bäume können umstürzen, steile Hänge ins Rutschen geraten. Kanalisationen können überlaufen, Keller, Strassenunterführungen und Tiefgaragen überfluten. Im Verkehr kann es in der Luft, auf den Strassen und auf den Schienen zu Beeinträchtigungen kommen, etwa durch starke Windböen oder Überflutungen.

Ab dieser Stufe kommt in der Regel auch der Fachstab Naturgefahren zum Einsatz, wenn mehrere Gefahren gleichzeitig drohen. Fachleute aus verschiedenen Bereichen wie Wetter, Klima und Kommunikation bei MeteoSchweiz koordinieren dann ihre Warnungen und erstellen Bulletins, die dann Behörden, Einsatz-Organisationen, Naturgefahren-Spezialisten und kantonalen Führungsstäben weitergeleitet werden. Bei einem drohenden schweren Ereignis wird zudem eine Warnung des Bundes an die SRG und die kommerziellen konzessionierten Radio- und Fernsehveranstalter herausgegeben. Diese sind verpflichtet, diese Warnungen zu veröffentlichen.

Gefahrenstufe 5 (sehr grosse Gefahr)

Diese Stufe bedeutet definitiv ein Unwetter. Die Wettererscheinungen können von «ausserordentlich grosser Intensität» sein, heisst es in der Beschreibung von MeteoSchweiz. Trotzdem werden solche Warnungen nicht herausgegeben. Dies deshalb, weil solch heftige Gewitter nicht präzise vorausgesagt werden können. Meteorologen können trotz modernster Mittel nicht mehrere Stunden im Voraus sagen, wann das Gewitter wo wie stark ausfallen wird. Sicher ist bei dieser Stufe nur, dass es wirklich gefährlich wird. Oder kurz gesagt: Lebensgefahr.

Im Juli 2023 verursachten beispielsweise extreme Winde während eines Gewitters massive Schäden in La Chaux-de-Fonds und Le Locle, weswegen eine Person ums Leben kam und Dutzende Menschen verletzt wurden.

A house with its room torn off is pictured after violent storm swept through the city of La Chaux-de-Fonds, Switzerland, Switzerland, Monday, July 24, 2023. A storm swept across part of the canton of  ...
Die extreme Gewitterzelle richtete 2023 in La Chaux-de-Fonds und Le Locle grosse Verwüstung an.Bild: KEYSTONE

Eine solche Warnung solltest du deshalb ernst nehmen. Zwar können Prognosen auch mal danebenliegen, allerdings liegt die Trefferquote bei Unwetterwarnungen von MeteoSchweiz bei 86 Prozent.

Blitze in der Schweiz
Gemäss der Nationalen Plattform Naturgefahren (Planat) schlagen pro Jahr 60'000 bis 80'000 Blitze in der Schweiz ein. Rechnet man die Nebenblitze, die sie begleiten, hinzu, kommt man auf rund 150'000 Blitzeinschläge pro Jahr. Im Mittelland werden pro Quadratkilometer und Jahr 1 bis 2,5 Blitzeinschläge registriert, auf Berggipfeln und an Graten sind es mehr als 3 Einschläge. Die meisten werden allerdings in tiefen Lagen des südlichen Tessins registriert.

Blitze sind in mehreren Hinsichten gefährlich. Mit Temperaturen bis zu 30'000 Grad ist ein Einschlag für Mensch und Tier tödlich. Allerdings kann auch die Spannung gefährlich sein, selbst in einer gewissen Entfernung. Meistens bleibt es aber bei Schäden und Bränden.

Häufigkeit von Blitzeinschlägen in der Schweiz

Blitzeinschläge pro Jahr Schweiz
Bild: MeteoSchweiz

Wetterwarnungen richtig interpretieren

Wer nicht (immer) von einem Gewitter überrascht werden will, sollte sich auf dem Handy Wetterwarnungen einrichten. Das geht bei den gängigen Wetter-Apps. Der Bund hat jedoch zwei Arten, wie er vor Gewittern warnt. Eine Möglichkeit ist der Warnausblick. Dieser erfolgt mehrere Stunden im Voraus und bedeutet, dass das Potenzial für heftige Gewitter später gegeben ist und solche deshalb möglich sind. Auf der Warnkarte sind die Regionen dann schraffiert.

Unwetterwarnung möglich Meteoschweiz
Mehrere Stunden im Voraus kann der Bund bereits vor Gewittern warnen. Die Regionen sind dann schraffiert.Bild: MeteoSchweiz

Allerdings können Gewitter nicht immer Stunden vorher vorausgesagt werden. Deshalb gibt es auch den Gewitterflash, hier wird kurz vor dem Gewitter gewarnt. Hier ist die Lokalisierung genauer, weshalb gezielt für Regionen gewarnt werden kann.

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Spektakuläre Bilder von Blitzen aus der ganzen Welt
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Spektakuläre Bilder von Blitzen aus der ganzen Welt
Brasilien.
quelle: keystone
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Tornado in La Chaux-de-Fonds fordert ein Todesopfer
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40 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chalbsbratwurst
03.06.2025 15:48registriert Juli 2020
Zitate Gefahrenstufe 5:

"Trotzdem werden solche Warnungen nicht herausgegeben. Dies deshalb, weil solch heftige Gewitter nicht präzise vorausgesagt werden können."

"Eine solche Warnung solltest du deshalb ernst nehmen."


Häää???
Wie soll man eine Warnung erst nehmen die es nicht gibt???
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Scasi
03.06.2025 18:13registriert Januar 2015
Bin in Finnland mal indirekt vom Blitz getroffen werden. Nach der Sauna im See neben der Blockhütte schwimmen gegangen, plötzlich bemerkt dass es dunkler wird und "Spannung" in der Luft liegt. Beim Zurückschwimmen zum Ufer direkt am Waldrand einen riesen Blitz gleichzeitig gesehen, gehört und vorallem durch mein linkes Bein gespürt. Stärke Kuhdraht^1000. Erste Reaktion war, zu checken, ob ich (trotz nur 1m Wassertiefe) mich noch bewegen kann. War die restlichen 100m dann sehr schnell unterwegs bis ich aus dem Wasser war... Än mega Stromtätsch isches xi! Jetzt noch ungutes Gefühl bei Gewitter.
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Garp
03.06.2025 16:43registriert August 2018
Also bei mir hab ich von MeteoSwiss nun ständig Warnungen und Extremwetter angezeigt.

Die haben das mit der Einführung des dynamischen Modells völlig verbockt.

Früher brauchbar, heute unnütz!
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