In normalen Zeiten präsentieren Abstimmungskomitees ihre Argumente im Medienzentrum des Bundes. Das Komitee «Nein zur Kündigungsintiative» aber wich am letzten Dienstag in die BernExpo aus. Dort konnten die Vertreterinnen und Vertreter von sieben Parteien unter Wahrung der Corona-Abstandsregeln nebeneinander auf dem Podium sitzen.
Die Botschaft war eindeutig: Trotz physischer Distanz schliessen wir die Reihen gegen die SVP und ihre Begrenzungsinitiative, über die Volk und Stände am 27. September abstimmen. Der Titel des Volksbegehrens sei ein «Etikettenschwindel», sagte der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni. Das Nein-Komitee spricht konsequent von einer Kündigungsinitiative.
Die europapolitische Allianz von ganz links bis FDP sei «wieder ins Leben gerufen worden», freute sich die Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter. Damit verwies sie indirekt auf einen grossen Fehler bei der Bekämpfung der Masseneinwanderungsinitiative vor sechseinhalb Jahren. Sie war von den meisten Gegnern sträflich unterschätzt worden.
Entsprechend verzettelt waren sie 2014 aufgetreten, was nicht unwesentlich zum knappen Erfolg der SVP beitrug. Dieser Fehler soll sich nicht wiederholen. Die Begrenzungsinitiative sieht sich deshalb mit geballtem und koordiniertem Widerstand aus allen möglichen Lagern konfrontiert.
Die Auftritte von Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) und Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (FDP) im Abstimmungskampf 2014 waren durch Ignoranz und Herablassung geprägt. Zu keinem Zeitpunkt schienen sie die Sorgen wegen der damals sehr starken Zuwanderung aus der EU wirklich ernst zu nehmen.
Ganz anders verhält sich die neue Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP). «Die Personenfreizügigkeit hat nicht nur Vorteile», sagte sie schon kurz nach ihrem Amtsantritt. Ein Satz, der Parteifreund Schneider-Ammann nur schwer über die Lippen gekommen wäre. Für die Begrenzungsinitiative schuf sie den einprägsamen Begriff «Schweizer Brexit».
Als wirtschaftsnahe Freisinnige war Keller-Sutter tatkräftig an der Überbrückungsrente für ältere Arbeitslose beteiligt, die das Parlament in der Sommersession verabschiedet hat. Hilfe bekommt sie von SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Er bezeichnete die Initiative seiner Partei in der «NZZ am Sonntag» als «Gefahr für unseren Standort».
Die SVP ärgert sich gemäss «Blick» massiv über ihren Bundesrat. Eine erste Retourkutsche gab es bereits: SVP-Vertreter halfen in der Sommersession mit, die von Parmelin beantragte Abschaffung der Industriezölle im Nationalrat zu versenken. Finanzminister Ueli Maurer, der zweite SVP-Mann im Bundesrat, hält sich zur Kündigungsinitiative bislang bedeckt.
Der Schulterschluss in der BernExpo war ein klares Signal: Die SVP steht alleine da. Gleichzeitig praktizierten die sieben Parteien eine Art Arbeitsteilung. Die FDP warnt vor dem Ende des bilateralen Wegs mit der EU (Andrea Caroni). Die CVP verweist auf die Bedeutung der EU als wichtigste Handelspartnerin der Schweiz (Elisabeth Schneider-Schneiter).
Für die SP gefährdet die Initiative den Lohnschutz (Nationalrätin Samira Marti). Die GLP fokussiert auf Bildung und Forschung (Nationalrat Michel Matter), die EVP auf den Mangel an Fachkräften gerade in den Spitälern (Nationalrätin Marianne Streiff-Feller). Die BDP hebt die Bedeutung der Reisefreiheit für den Tourismus hervor (Nationalrat Lorenz Hess).
Die Grünen wiederum kritisieren, dass die SVP mit Umweltschutzargumenten für ihre Initiative kämpft. Das sei etwa so glaubwürdig, «wie wenn ein Brandstifter laut nach der Feuerwehr ruft», sagte Nationalrat und Parteipräsident Balthasar Glättli. Eine gemeinsame Kampagne der Parteien aber wird es nicht geben, und auch kein gemeinsames Budget.
Ein Grund für den Erfolg der Masseneinwanderungsinitiative im Februar 2014 war die fehlende Allianz der Sozialpartner. Vereinzelt dürften Gewerkschafter und Wirtschaftsleute sogar mit Ja gestimmt haben. Auch jetzt gibt es Sympathisanten, etwa Rolf Dörig, den SVP-nahen Verwaltungsratspräsidenten des Versicherungskonzerns Swiss Life.
Die Gegner aber sind klar in der Überzahl. Der Stadler-Rail-Chef und ehemalige Thurgauer SVP-Nationalrat Peter Spuhler bezeichnete die Begrenzungsinitiative in der «Schweiz am Wochenende» als «extrem und gefährlich». Und als Karin Keller-Sutter am 22. Juni zum zweiten Mal vor die Medien trat, war sie von Vertretern der Sozialpartner flankiert.
Der rechtsfreisinnige Gewerbeverbands-Direktor Hans-Ulrich Bigler kämpft genauso gegen die Initiative wie Pierre-Yves Maillard, der Präsident des Gewerkschaftsbundes. Argumentativ unterstützt werden sie vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das diese Woche seinen jährlichen Bericht zum Freizügigkeitsabkommen präsentierte.
Das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative war die Initialzündung für die Gründung der Operation Libero, die sich seither als «SVP-Schreck» profiliert hat. Nun ist sie auch nach dem Abgang von Mitgründerin und «Postergirl» Flavia Kleiner im Kampf gegen die Kündigungsinitiative präsent, mit der Fotoausstellung «Kein Mensch ist nur».
Die virtuelle Vernissage fand Anfang Juni im Online-Game «Second Life» statt, wo sie auch öffentlich zugänglich ist. Gleichzeitig lancierte Operation Libero ein Crowdfunding, um die Porträtbilder auch offline in der realen Welt zeigen zu können. Weitere Aktionen von Akteuren aus der Zivilgesellschaft dürften im Abstimmungskampf folgen.
Die SVP wird es mit ihrer Initiative viel schwerer haben als vor sechseinhalb Jahren. Dies zeigt auch eine erste Umfrage im Auftrag des Verbands Interpharma, in der nur 29 Prozent die Begrenzungsinitiative befürworteten. Offenbar plant die SVP einen kurzen, aber intensiven Abstimmungskampf nach den Sommerferien. Gleichzeitig wird man den Eindruck nicht los, dass sie selber nicht mehr wirklich an den Erfolg der Begrenzungsinitiative glaubt.
Unserem Land geht es gut, und unser Weg ist ein Erfolg, warum alles Riskieren für... Ja, für was eigentlich?
Vorallem sie die Sünäli-Anbeter ja alles Millionäre oder gar Milliardäre und in der Wirtschaft tätig, wenn der Stammtisch solche Forderungen stellt kann ich das ja noch irgendwo nachvollziehen, aber der Partei Leitung sollte klar sein wie Schädlich solche Initiativen sein würden, wenn sie denn angenommen würden.
Blochers Kolonne ist immer Opposition. Diese ist nicht vorgesehen in unserer Verfassung.
Daher das einzig richtige, die SVP in dieser Form, auszuschliessen.