Der Himmel drückt grau auf das Industriegebiet in Bergdietikon und die Hallen der Soudronic AG. Etwas eingetrübt hat sich auch der Geschäftsgang des aargauischen Herstellers von Produktionsanlagen für Blechdosen – schuld ist für einmal weniger der starke Franken als das Ausbleiben von Grossaufträgen aus dem chinesischen Markt.
«Die meisten von Ihnen werden sicher auch am Arbeitsplatz gemerkt haben, dass wir generell weniger Arbeit haben», schreibt Soudronic-CEO Jakob Guyer in der aktuellen Mitarbeiterzeitung. «Der Arbeitsvorrat für Fertigung, Vormontage und Montage ist auf besorgniserregend tiefem Niveau».
Ein paar Zeitungsseiten weiter hinten folgt dann die Kontrastnachricht: Die Soudronic gewinnt den «Swiss Arbeitgeber Award». Die Zürcher icommit GmbH befragte die Mitarbeitenden von 118 Schweizer Unternehmen – und die Soudronic schwingt in der Kategorie «250 bis 1000 Mitarbeiter» obenaus.
Personalchefin Brenda Haas stellt zufrieden fest: «Die Identifikation der Angestellten mit der Firma ist riesig.» Teilgenommen habe man an der Umfrage nicht wegen der Trophäe, sondern «um zu sehen, ob wir auf dem richtigen Weg sind». Das scheint man zu sein, und möglicherweise hat die wirtschaftlich schwierige Phase das Zusammengehörigkeits-Gefühl sogar noch verstärkt? Kaum, meint Haas: «Erfolg bringt die Leute zusammen, unsichere Zeiten hingegen lösen Ängste aus.»
Entsprechend wichtig sei die offene Kommunikation der Geschäftsleitung, persönlich vor der Belegschaft oder eben auch in der vierteljährlich erscheinenden Mitarbeiterzeitung: «Die Angestellten müssen wissen, woran sie sind.» Ganz so schlecht, betont Haas, sei die Lage allerdings auch gar nicht. «In den letzten zwei Jahren, die vom Geschäftsgang her die besten in der Soudronic-Geschichte waren, haben wir den Personalbestand stabil gehalten und die Spitzen mit Temporären abgedeckt.»
Für die Festangestellten habe das zwar zu einer höheren Arbeitsbelastung geführt. «Dafür droht jetzt aber auch keine Massenentlassung», sagt Brenda Haas. Nun reicht das Vermitteln von Arbeitsplatzsicherheit für das Prädikat «bester Arbeitgeber» aber wohl kaum. In den USA gibt es, wie «Die Welt» kürzlich berichtete, eine neue Berufsbezeichnung: den Chief Happiness Officer.
Ein Trendsetter ist diesbezüglich der IT-Gigant Google. Am Sitz in Zürich können dessen Mitarbeiter am Billardtisch oder in nach speziellen Motiven gestalteten Pausenräumen ausspannen. Und in Bergdietikon? «Wir haben keine Rutschbahn und auch keine Seilbahn», erklärt Haas schmunzelnd. Einen Swimmingpool gibt’s zwar, aber der wird im nächsten Sommer nicht mehr gefüllt. Benutzt hätten ihn, so Haas, höchstens ein paar Lernende.
Man merkt: Von Spielereien à la Google hält die Soudronic-Personalchefin, die selber vor 14 Jahren aus der IT-Branche nach Bergdietikon wechselte, wenig. «Der Zusammenhalt entsteht bei uns über den Job», betont sie. In der Umfrage hat Soudronic denn auch beim Kriterium Arbeitsinhalt besonders gut abgeschnitten. Das heisst: Die Mitarbeitenden fühlen sich ihren Stärken entsprechend eingesetzt.
«Wenn sie ihren Aufgabenbereich ändern oder erweitern wollen, dann unterstützen wir sie dabei», erklärt Haas. So sei ein ehemaliger Automatiker-Lehrling heute zum Beispiel der Leiter des Bereichs Softwareentwicklung.
Ihren Wechsel aus der IT- in die etwas konservativere Industriewelt bereut sie bis heute nicht. «Während auf ein iPhone-Modell jeweils in kurzer Zeit das nächste folgt, sind unsere Maschinen teilweise 35-jährig und immer noch in Betrieb», so Haas. «Das wirkt sich schon auch auf die Mitarbeiter aus.» Soudronic sei – und das meint Haas natürlich im positiven Sinn – «wie ein Kaugummi, der an den Füssen klebt».
Die rekordtiefe Fluktuationsrate von unter einem Prozent unterstreicht ihre Einschätzung. Mit hohen Löhnen «erkauft» wird die Treue dabei nicht. «Im Branchenvergleich liegen wir bei 80 bis 90 Prozent», sagt Haas. Entscheidend seien nicht Top-Saläre, sondern eine transparente und nachvollziehbare Lohnpolitik. Auch das ein Unterschied zur schnelllebigeren IT-Welt.
(aargauerzeitung.ch)