Ein grosses Interview mit der «mächtigsten Politikerin der Schweiz» veröffentlichte die NZZ heute. Heisst: die Zeitung hat ein Gespräch mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter ergattert. Wir haben für euch die spannendsten Aussagen herausgepickt:
Als US-Vizepräsident J.D. Vance sich im Februar vor der Münchner Sicherheitskonferenz über «Massenmigration» und «Brandmauern» aufregte, fand Bundesrätin Karin Keller-Sutter, seine Rede sei «sehr schweizerisch» und «ein Plädoyer für die direkte Demokratie» gewesen. Daraufhin hagelte es Kritik.
Im NZZ-Interview zeigt sich Keller-Sutter allerdings uneinsichtig. Die Schuld an den Schlagzeilen gibt sie ihren Kritikern: «Manchmal wird man nicht so verstanden, wie man verstanden werden will.» Vance habe damals gesagt, Meinungsfreiheit und die Teilhabe der Bevölkerung seien wichtig. «Und ich sagte, dass er damit recht hat.»
Gelernt scheint KKS aus dieser Erfahrung dennoch zu haben. Auf die Frage, was ihr durch den Kopf gegangen sei, als Donald Trump seine Tafel mit den Zöllen hochgehalten hatte, antwortet sie:
Seitdem die Credit Suisse untergegangen ist, diskutieren Parlament und Bundesrat über schärfere Vorgaben beim Eigenkapital und über mehr Kompetenzen der Finanzmarktaufsicht FINMA. Betroffen wäre die letzte Grossbank der Schweiz, die UBS. Diese beschwerte sich in den letzten Wochen darüber, dass Finanzministerin Karin Keller-Sutter das Gespräch mit ihr verweigere. KKS trat daraufhin bestimmt auf: «Das trifft klar nicht zu», sagte sie zu SRF.
Weiter schlug KKS ungewohnte Töne seitens der FDP an und kritisierte: «Das Lobbying der UBS ist unübersehbar und unüberhörbar.» Bei dieser Haltung bleibt sie. Im Interview holt sie gar gleich zu einem Rundumschlag gegen alle Lobbys aus. Sie sei schon einige Jahre in Bern. Und weiter:
Das sei unübersehbar. In einem Milizsystem gehöre Lobbying zwar dazu. Die Branchen sollten sich einbringen können. Aber:
Es ist kein Geheimnis, dass Keller-Sutter Mühe hat, sich selbst als Feministin zu bezeichnen. Der Begriff sei ihr zu «links besetzt», sagt sie im Interview. Doch Begrifflichkeit hin oder her. Im Interview wird klar, dass KKS dennoch eine Feministin ist.
So erzählt sie, dass sie nie akzeptierte, dass ein Mädchen anders behandelt werden soll als ein Bub. Obwohl sie als Nachzüglerin mit drei älteren Brüdern aufgewachsen sei, hätten ihre Eltern sie gleichbehandelt wie ihre Brüder.
Sexismus lernte Keller-Sutter erst kennen, als sie in die FDP eintrat. «Ich war jung, wurde mit 28 Jahren schon Gemeinderätin und mit 36 Jahren Regierungsrätin.» Im Wahlkampf hätten ihr manche aber gesagt:
Für die Bundesrätin ist es eine Tatsache, dass Frauen in der Politik noch immer anders beurteilt werden als Männer. Auch hier spricht sie aus eigener Erfahrung.
Als sie erstmals für den Bundesrat zur Wahl gestanden habe, habe es kurzzeitig eine Frauenmehrheit in der Regierung gegeben. Ein SVP-Parlamentarier habe ihr damals deshalb gesagt, er wisse nicht, warum er eine fünfte Frau wählen sollte. Sie habe daraufhin geantwortet:
Und auf FDP-Altbundesrat Pascal Couchepins jüngste Kritik an ihr, sie habe «wenig Interesse an der liberalen Philosophie», erwidert Keller-Sutter: «Er kennt mich nicht. Aber man hat den Frauen schon immer gerne erklärt, wie die Welt funktioniert.» (aye)
Es heisst Korruption.