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«Lobbying hat extrem zugenommen» – das Interview mit Karin Keller-Sutter in drei Punkten

Bundespraesidentin Karin Keller-Sutter vor einem Wandbild von Charles Giron im Nationalratssaal bei einer Veranstaltung zum Internationalen Tag der Frau, am Freitag, 7. Maerz 2025, im Bundeshaus in Be ...
Im Bundesrat soll die St.Gallerin Karin Keller-Sutter die Mächtigste sein, wird ihr unterstellt.Bild: keystone

«Lobbying hat extrem zugenommen» – das Interview mit Karin Keller-Sutter in drei Punkten

09.04.2025, 12:0409.04.2025, 13:48
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Ein grosses Interview mit der «mächtigsten Politikerin der Schweiz» veröffentlichte die NZZ heute. Heisst: die Zeitung hat ein Gespräch mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter ergattert. Wir haben für euch die spannendsten Aussagen herausgepickt:

Lob für J.D. Vance: Man hat sie nur falsch verstanden

Als US-Vizepräsident J.D. Vance sich im Februar vor der Münchner Sicherheitskonferenz über «Massenmigration» und «Brandmauern» aufregte, fand Bundesrätin Karin Keller-Sutter, seine Rede sei «sehr schweizerisch» und «ein Plädoyer für die direkte Demokratie» gewesen. Daraufhin hagelte es Kritik.

Im NZZ-Interview zeigt sich Keller-Sutter allerdings uneinsichtig. Die Schuld an den Schlagzeilen gibt sie ihren Kritikern: «Manchmal wird man nicht so verstanden, wie man verstanden werden will.» Vance habe damals gesagt, Meinungsfreiheit und die Teilhabe der Bevölkerung seien wichtig. «Und ich sagte, dass er damit recht hat.»

Gelernt scheint KKS aus dieser Erfahrung dennoch zu haben. Auf die Frage, was ihr durch den Kopf gegangen sei, als Donald Trump seine Tafel mit den Zöllen hochgehalten hatte, antwortet sie:

«Es ist manchmal besser, nicht alle Gedanken mit der Öffentlichkeit zu teilen.»

Lobbying sei so stark wie noch nie

Seitdem die Credit Suisse untergegangen ist, diskutieren Parlament und Bundesrat über schärfere Vorgaben beim Eigenkapital und über mehr Kompetenzen der Finanzmarktaufsicht FINMA. Betroffen wäre die letzte Grossbank der Schweiz, die UBS. Diese beschwerte sich in den letzten Wochen darüber, dass Finanzministerin Karin Keller-Sutter das Gespräch mit ihr verweigere. KKS trat daraufhin bestimmt auf: «Das trifft klar nicht zu», sagte sie zu SRF.

Weiter schlug KKS ungewohnte Töne seitens der FDP an und kritisierte: «Das Lobbying der UBS ist unübersehbar und unüberhörbar.» Bei dieser Haltung bleibt sie. Im Interview holt sie gar gleich zu einem Rundumschlag gegen alle Lobbys aus. Sie sei schon einige Jahre in Bern. Und weiter:

«In dieser Zeit hat das Lobbying extrem zugenommen, nicht nur das der Banken.»

Das sei unübersehbar. In einem Milizsystem gehöre Lobbying zwar dazu. Die Branchen sollten sich einbringen können. Aber:

«Heute werden im Parlament manchmal recht schamlos Argumentariern von Verbänden heruntergebetet.»

Die feministische Seite von KKS

Es ist kein Geheimnis, dass Keller-Sutter Mühe hat, sich selbst als Feministin zu bezeichnen. Der Begriff sei ihr zu «links besetzt», sagt sie im Interview. Doch Begrifflichkeit hin oder her. Im Interview wird klar, dass KKS dennoch eine Feministin ist.

So erzählt sie, dass sie nie akzeptierte, dass ein Mädchen anders behandelt werden soll als ein Bub. Obwohl sie als Nachzüglerin mit drei älteren Brüdern aufgewachsen sei, hätten ihre Eltern sie gleichbehandelt wie ihre Brüder.

Sexismus lernte Keller-Sutter erst kennen, als sie in die FDP eintrat. «Ich war jung, wurde mit 28 Jahren schon Gemeinderätin und mit 36 Jahren Regierungsrätin.» Im Wahlkampf hätten ihr manche aber gesagt:

«Wir brauchen doch einen Mann und Offizier.»
Frühere Kritiker von KKS

Für die Bundesrätin ist es eine Tatsache, dass Frauen in der Politik noch immer anders beurteilt werden als Männer. Auch hier spricht sie aus eigener Erfahrung.

Karin Keller-Sutter freut sich ueber ihre Wahl zum 119. Mitglied des Bundesrates waehrend der Ersatzwahl in den Bundesrat durch die Vereinigte Bundesversammlung, am Mittwoch, 5. Dezember 2018 im Natio ...
Karin Keller-Sutter 2018, als das Parlament sie in den Bundesrat wählte. Bild: KEYSTONE

Als sie erstmals für den Bundesrat zur Wahl gestanden habe, habe es kurzzeitig eine Frauenmehrheit in der Regierung gegeben. Ein SVP-Parlamentarier habe ihr damals deshalb gesagt, er wisse nicht, warum er eine fünfte Frau wählen sollte. Sie habe daraufhin geantwortet:

«Herr Nationalrat, Sie wählen keine Frau, Sie wählen einen Bundesrat.»

Und auf FDP-Altbundesrat Pascal Couchepins jüngste Kritik an ihr, sie habe «wenig Interesse an der liberalen Philosophie», erwidert Keller-Sutter: «Er kennt mich nicht. Aber man hat den Frauen schon immer gerne erklärt, wie die Welt funktioniert.» (aye)

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56 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Garp
09.04.2025 13:05registriert August 2018
Man soll doch aufhören Lobbying zu sagen, das klingt so verharmlosend.

Es heisst Korruption.
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Firefly
09.04.2025 13:03registriert April 2016
Ja natürlich hat Lobbying zugenommen die FDP hats ja auch kultiviert. Man nennt es übrigens auch Korruption, tönt einfach nicht so harmlos.
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En Espresso bitte
09.04.2025 12:21registriert Januar 2019
Je länger ich KKS zuhöre, desto mehr höre ich nur noch ihr Trötzeln und Mötzeln, dass sie immer und überall missverstanden wurde und wird.
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    Weil sie bald gratis sein könnten: Grüne Nationalrätin will Einweg-Plastiksäckli verbieten
    Seit 2016 kosten Einweg-Plastiksäckli bei den Schweizer Detailhändlern fünf Rappen. Die Nachfrage ist seither um fast 90 Prozent zurückgegangen. Ende Jahr könnten die Säckchen wieder gratis werden. Zum grossen Missfallen von Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter.

    Wer kennt es nicht: Nach der Arbeit auf dem Nachhauseweg noch kurz einkaufen gehen. Kein Grosseinkauf, nur ein paar Zutaten für das Abendessen. Eine Papier-Tragtasche wäre zu gross. Das Einweg-Plastiksäckli reicht aus. Also her mit dem Plastik.

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