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Erste Beschwerden gegen SRF-«Dok» über Jürg-Läderach- Prügel-Skandal

Chocolatier Jürg Läderach
Jürg Läderach.Bild: zvg

Erste Beschwerden gegen SRF-«Dok» über Jürg-Läderach- Prügel-Skandal

Bisher seien vier Beanstandungen gegen den Enthüllungsfilm eingegangen, schreibt die SRG-Ombudsstelle. Ist es Schützenhilfe für den angeschlagenen ehemaligen Schoggi-König?
27.09.2023, 09:3127.09.2023, 13:18
Pascal Michel / ch media
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Die «Weltwoche» gab die Tonalität vor: «Die Schmutzkampagne von SRF trägt Früchte», ätzte das Wochenblatt, nachdem ein SRF-Dokfilm schwere Vorwürfe gegen Ex-Chocolatier Jürg Läderach vorgebracht und das Zurich Film Festival die Zusammenarbeit mit der Schoggi-Marke aufkündigt hatte.

Nicht nur dem Blatt von Noch-SVP-Nationalrat Roger Köppel passte die Berichterstattung aus dem Hause Leutschenbach nicht. Bei der Ombudsstelle der SRG sind bisher vier Beanstandungen gegen die Sendung eingegangen. «Es können weitere eingehen, da die Frist für die Einreichung 20 Tage seit Erstausstrahlung beträgt», schreibt die Ombudsstelle auf Anfrage. Diese wird sich der Beschwerden annehmen und innert 40 Tagen nach Erstausstrahlung einen Schlussbericht vorlegen.

Der besagte SRF-«Dok» enthüllte, dass der frühere Schoggi-Patron Jürg Läderach in den 1990er-Jahren Kinder in der von ihm aufgebauten Privatschule in Kaltbrunn SG geschlagen habe. Ehemalige Schülerinnen und Schüler schilderten eindrücklich ein Klima der Angst und Kontrolle und sprachen von Züchtigung und psychischer Gewalt. Rund 351'000 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten die Sendung zur TV-Primetime. Jürg Läderach wehrte sich in einer eidesstattlichen Erklärung gegen die Vorwürfe.

Treue Kundschaft hält zu Läderach

Was die Beschwerdeführer konkret bemängeln, führt die Ombudsstelle nicht aus. Vermutlich handelt es sich um Läderach-Unterstützer, die sich generell an den Enthüllungen von SRF stören. Oder daran, dass die mutmasslichen Verfehlungen des mittlerweile pensionierten Patrons Jürg Läderach auf die bekannte Marke abfärben.

Das Schoggi-Imperium leitet seit 2018 Jürg Läderachs Sohn, Johannes. Gegenüber der «Sonntags-Zeitung» versicherte der CEO, sein Vater habe keine Aktiven mehr in der Firma und sei auch nicht am Gewinn beteiligt. Der 37-Jährige zeigte sich bestürzt über die Vorwürfe gegen seinen Vater und bemühte sich darum, Familie und Geschäft zu trennen:

«Ich plädiere dafür, dass man das Unternehmen nach den Menschen beurteilt, die jetzt die Verantwortung tragen. Und vor allem nach den 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – sie machen den grossen Teil der Arbeit, sie sind der Grund für unseren Erfolg.»

Wie ein Augenschein im «House of Läderach» in Bilten GL zeigte, verfängt dieser Appell teilweise. Nach wie vor halten viele Kundinnen und Kunden der Firma die Treue. «Die Medien suchen die Nadel im Heuhaufen», sagte eine ältere Dame. «Ich kenne die Läderachs von einer sehr feinen Seite.» Auch Geschäftspartner wie das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2025 halten an der Zusammenarbeit mit Läderach fest.

Ob der SRF-Enthüllungsfilm sachgerecht war, beurteilt die Ombudsstelle freilich nicht nach solchen subjektiven Eindrücken. Sie prüft unter anderem, ob sich das Publikum eine eigene Meinung bilden konnte und ob die Sendung «die Vielfalt der Ereignisse und Ansichten angemessen zum Ausdruck» brachte.

SRF schreibt auf Anfrage, man werde fristgerecht gegenüber der Ombudsstelle zu den Beschwerden Stellung nehmen. Dieser Stellungnahme wolle man aber nicht vorgreifen und kommentiere die Beanstandung darum zurzeit nicht weiter. SRF betont, dass die Betroffenen das «Dok»-Team direkt kontaktiert und ihre Geschichte erzählt hätten.

«Danach begann die aufwendige, sorgfältige Recherche der Autorin Eveline Falk. Im Zuge dieser Recherche trafen wir immer mehr ehemalige Schülerinnen und Schüler, die bereit waren auszusagen. Nur ein kleiner Teil derer, die wir getroffen oder kontaktiert haben, kommt im Beitrag zu Wort.»
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173 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Eidg. dipl. Kommentarspalter
27.09.2023 10:05registriert Dezember 2015
Hervorragende SVP-Vertreter verteidigen systematische Kindsmisshandlungen. Kann man dagegen auch eine Beschwerde einlegen irgendwo?
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roger_dodger
27.09.2023 09:58registriert Februar 2016
Das Köppel ein Putin Verehrer ist war ja bekannt aber dass er jetzt noch bei potentieller Kindesmisshandlung noch seinen Senf dazugeben muss macht ihn immer sympathischer.
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Schlaf
27.09.2023 10:07registriert Oktober 2019
Nur weil da jetzt ein paar Weltwochen-Fanatiker sich bei der SRG-Ombudsstelle beschwert haben über den Film, war der Film trotz dem richtig und wichtig!

Kann mir jemand erklären, warum man so etwas nicht aufarbeiten soll? Es war halt ein Läderach!
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