Einen neuen Lockdown darf es auf keinen Fall geben. So lautet das Mantra in Politik und Wirtschaft. Es müsse schnell gehandelt werden, damit ein zweiter Lockdown verhindert werden könne, sagte Gesundheitsminister Alain Berset am letzten Sonntag. Angesichts der rasant steigenden Corona-Fallzahlen erfolgte sein Aufruf womöglich zu spät.
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Experten im In- und Ausland gehen davon aus, dass ein erneutes Herunterfahren des öffentlichen Lebens «alternativlos» ist. Die Rede ist von einem Mini-Lockdown oder Circuit-Breaker. Einen solchen hat Sage, ein wissenschaftliches Beratergremium der britischen Regierung, bereits Ende September empfohlen, um ein Desaster zu verhindern.
Ein Circuit-Breaker ist eigentlich eine Sicherung, die den Stromkreis im Falle einer Überlastung unterbricht. Im konkreten Fall geht es darum, den Anstieg der Coronafälle zu stoppen und die Kurve nach unten zu drücken. Das Hauptziel ist identisch mit jenem des ersten Lockdowns im Frühjahr: eine Überlastung der Spitäler zu verhindern.
Ein Mini-Lockdown wäre zeitlich begrenzt, um den wirtschaftlichen und sozialen Schaden zu minimieren. Behörden und Wirtschaft sollen Zeit gewinnen, um nachhaltigere Massnahmen zu erarbeiten und eine gewisse Planungssicherheit zu ermöglichen. Die Bevölkerung soll das Gefühl bekommen, es gebe Licht am Ende des Tunnels.
Er könnte sich «sehr ähnlich anfühlen wie der Original-Lockdown», schreibt die BBC. Das zeigt das Beispiel von Wales, wo ab Freitag ein vorerst zweiwöchiger Mini-Lockdown gilt. Wie im Frühjahr dürfen nur lebensnotwendige Geschäfte (Supermärkte, Apotheken) offen bleiben. Bars, Pubs und Restaurants müssen schliessen, ebenso Sportclubs.
Die Waliser müssen zu Hause bleiben. Zur Arbeit darf nur, wer nicht im Home Office tätig sein kann. Nicht zwingend notwendige Besuche sind verboten. Kitas und Primarschulen hingegen sollen geöffnet bleiben. Ein Circuit-Breaker ist ein Balanceakt: Zu wenig strenge Massnahmen könnten der Wirtschaft helfen, längerfristig aber kontraproduktiv wirken.
Als Mindestdauer gelten die in Wales beschlossenen zwei Wochen. Das entspricht in etwa der Inkubationszeit nach einer Corona-Infektion. Eine kürzere Dauer könnte ohne grosse Wirkung bleiben. In Israel dauerte der im September beschlossene Mini-Lockdown rund einen Monat. Seit Sonntag werden die Massnahmen dort gelockert.
Second lockdown?
— Eran Segal (@segal_eran) October 20, 2020
In Israel, the first to impose a 2nd lockdown:
1. Surprisingly, the 2nd lockdown worked faster and more effectively than the 1st, despite being less tight
2. The effect differed across subpopulations, suggesting that differential policies may be effective pic.twitter.com/heem5ov8bC
Das weiss man erst nach der Aufhebung des Mini-Lockdowns. In Israel war dies der Fall. Dies zeigt ein Twitter-Thread des Biologen und Computerwissenschaftlers Eran Segal vom Weizmann-Institut. Der zweite Lockdown habe «überraschenderweise schneller und effektiver funktioniert als der erste, obwohl er weniger restriktiv war», schreibt Segal.
Die Gründe dafür seien unklar. Es könne an der Maskenpflicht liegen oder an der Schliessung von Aktivitäten mit hohem Spreader-Potenzial wie Schulen und Versammlungen. Wichtig sei deshalb ein vorsichtiger Ausstieg, meint Segal. Erst wenn die Reproduktionszahl R0 deutlich unter dem Wert 1 liege, könne man vorwärts machen.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) äusserte sich am Dienstag zurückhaltend zu einem Mini-Lockdown. Alain Berset schloss ihn am Mittwoch nicht aus. Der Bundesrat wolle jedoch erst in einer Woche über weitere Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie entscheiden. Die Berner Epidemiologin Nicola Low fände es «sinnvoll, einen solchen ‹Circuit-Breaker-Lockdown› vorzubereiten».
Angesichts der Fallzahlen und Hospitalisationen fragt man sich, ob es dafür nicht schon zu spät ist. Der Mathematiker Mike Tildesley von der Universität Warwick, ein Experte für Infektionsmodelle, sagte der BBC, es könne zu einem «Zyklus von Kurzzeit-Lockdowns» kommen, bis eine Exit-Strategie vorliege, sei es ein Impfstoff oder die Herdenimmunität.
Damit ist eigentlich alles seit Februar zusammengefasst...
Man will in Deinen Augen die Bevölkerung also täuschen?
Ein Circuit Break hilft ja nur das exponentielle Wachstum wieder runterzuholen, aber Licht ist damit noch lange nicht vorhanden. Nicht solange die Kantone und der Bund so schlecht zusammenarbeiten, das CT schlampig gemacht wird, die Codes nicht zeitnah verschickt werden etc. . Um diese Probleme zu lösen hatte man genug Zeit.
Die Bundesräte sind sich auch nicht einig und das spürt man, genau so in den Kantonsregierungen. Das ist düster.