Es gab da mal diese Werbung. Der Zürcher Verkehrsverbund machte auf die Vielseitigkeit seines Ticket-Angebots aufmerksam. In Trams hiess es: «Ich bin auch ein Bus.» Und in Bussen: «Ich bin auch ein Schiff.» Und so weiter.
Die Swisscom könnte in diesem Sinne schon bald eine Kampagne lancieren gemäss dem Motto: «Ich bin auch eine Versicherung.» Denn der Telekomkonzern will sein Angebot nicht nur auf den Verkauf von Handy-Abos, Internetverbindungen oder Fernsehboxen beschränken. Wie CH Media erfahren hat, führte die Swisscom vor kurzem eine Umfrage bei ihren Kundinnen und Kunden durch. Sprecherin Annina Merk bestätigt diese Information auf Anfrage: «Im Sinne einer Marktbefragung wurden einzelne Kunden angefragt, um das Interesse für solche Angebote abzufragen.»
Swisscom biete bereits heute eine Geräte- und Cyberversicherung an. «Derzeit prüfen wir eine Ausweitung des Angebots, um den Kundenbedürfnissen nach einfachen und digitalen Lösungen gerecht zu werden», sagt Merk. Man sei dazu mit verschiedenen Partnern im Austausch. Ob und welche Produkte lanciert werden, sei zum aktuellen Zeitpunkt noch offen. Und mehr wolle man aktuell dazu auch nicht sagen.
Bei der Onlineumfrage zeigte sich der Konzern, der zu 51 Prozent dem Bund gehört, allerdings auskunftsfreudiger. Swisscom-Kunde A. E.* (*Name der Redaktion bekannt) hat daran teilgenommen: «Darin hiess es, man wolle die zusätzlichen Versicherungsarten ab 2024 schrittweise lancieren.» Konkret sei die Kundschaft unter anderem nach Ihrem Interesse für Hausrats-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen befragt worden. Allesamt Policen also, die nicht direkt mit der Telekommunikation verbunden sind.
Somit stellt sich die Frage: Inwiefern ist der Verkauf von Versicherungen im Sinne des Mehrheitsaktionärs und Teil des von ihm verordneten Grundversorgungsauftrags? Die Antwort der Swisscom fällt lapidar aus: «Wir sehen hier keinen Widerspruch zum Grundversorgungsauftrag oder zu den Zielen des Bundes für die Swisscom», sagt Merk.
Wie gross das bestehende Versicherungsgeschäft der Swisscom ist, möchte die Sprecherin ebenfalls nicht verraten. Sie weist jedoch darauf hin, dass man bei den heutigen Versicherungen nur als Verkäuferin und Vermittlerin agiert, also nicht als Erstversicherungsgesellschaft. Das wäre auch bei einem Ausbau der Fall. So ist bei der Cyber- und Geräteversicherung die Axa im Hintergrund zuständig.
Trotz der Beschwichtigungen seitens Swisscom: Bei den privaten Konkurrenten kommt die geplante Versicherungsoffensive des bundesnahen Telekomunternehmens nicht gut an. Thilo Kleine, Sprecher des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV), sagt zwar, dass man keine Kenntnis von der Umfrage habe. «Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass der SVV die Ausdehnung staatlicher oder staatsnaher Unternehmen in verschiedene Bereiche der Privatwirtschaft stets kritisch beobachtet.» Dies nicht zuletzt, da Unternehmen, die sich mehrheitlich in staatlicher Hand befinden, per se das Risiko eines ungleichen Wettbewerbs mit ihren privatwirtschaftlichen Konkurrenten bergen würden.
So könnten laut Kleine bundesnahe Unternehmen über ungerechtfertigte Vorteile gegenüber privaten Versicherungsanbietern verfügen. «Diese könnten zum Beispiel durch staatliche Quersubventionierung, regulatorische Vorzüge oder durch den Zugang zu staatlichen Ressourcen und Informationen entstehen.» Die Kritik hat Gewicht, denn zu den gewichtigen Mitgliedern des SVV gehören unter anderem die Assekuranzen Mobiliar, Vaudoise und Zurich.
Spezifisch im Fall der Swisscom stellt sich laut Kleine zudem die Frage nach möglichen Interessenkonflikten, die sich aus einer Erweiterung des Versicherungsangebots ergeben könnten. «Insbesondere wenn es um den Datenschutz und die Verwendung von Kundendaten geht, die für den Versicherungsmarkt besonders wertvoll sind.» (aargauerzeitung.ch)