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Wirtschaft

Swisscom prüft den Verkauf von Hausrats- und Haftpflichtpolicen

Swisscom prüft den Verkauf von Versicherungspolicen – das sorgt für Kritik

Der Telekomkonzern will privaten Versicherungen Konkurrenz machen. Gehört dies noch zum eigentlichen Auftrag eines Unternehmens, das mehrheitlich in Besitz des Bundes ist?
24.11.2023, 11:0024.11.2023, 11:20
Benjamin Weinmann / ch media
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ARCHIVBILD ZU DEN QUARTALSZAHLEN VON SWISSCOM --- Das Logo des Telekommunikationsunternehmen Swisscom an der Bilanzmedienkonferenz zum Jahresabschluss, aufgenommen am Donnerstag, 3. Februar 2022 in Zu ...
Der Telekomkonzern will sein Angebot 2024 mit zusätzlichen Versicherungen erweitern.Bild: keystone

Es gab da mal diese Werbung. Der Zürcher Verkehrsverbund machte auf die Vielseitigkeit seines Ticket-Angebots aufmerksam. In Trams hiess es: «Ich bin auch ein Bus.» Und in Bussen: «Ich bin auch ein Schiff.» Und so weiter.

Die Swisscom könnte in diesem Sinne schon bald eine Kampagne lancieren gemäss dem Motto: «Ich bin auch eine Versicherung.» Denn der Telekomkonzern will sein Angebot nicht nur auf den Verkauf von Handy-Abos, Internetverbindungen oder Fernsehboxen beschränken. Wie CH Media erfahren hat, führte die Swisscom vor kurzem eine Umfrage bei ihren Kundinnen und Kunden durch. Sprecherin Annina Merk bestätigt diese Information auf Anfrage: «Im Sinne einer Marktbefragung wurden einzelne Kunden angefragt, um das Interesse für solche Angebote abzufragen.»

Zu 51 Prozent in Bundeshand

Swisscom biete bereits heute eine Geräte- und Cyberversicherung an. «Derzeit prüfen wir eine Ausweitung des Angebots, um den Kundenbedürfnissen nach einfachen und digitalen Lösungen gerecht zu werden», sagt Merk. Man sei dazu mit verschiedenen Partnern im Austausch. Ob und welche Produkte lanciert werden, sei zum aktuellen Zeitpunkt noch offen. Und mehr wolle man aktuell dazu auch nicht sagen.

Bei der Onlineumfrage zeigte sich der Konzern, der zu 51 Prozent dem Bund gehört, allerdings auskunftsfreudiger. Swisscom-Kunde A. E.* (*Name der Redaktion bekannt) hat daran teilgenommen: «Darin hiess es, man wolle die zusätzlichen Versicherungsarten ab 2024 schrittweise lancieren.» Konkret sei die Kundschaft unter anderem nach Ihrem Interesse für Hausrats-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen befragt worden. Allesamt Policen also, die nicht direkt mit der Telekommunikation verbunden sind.

Somit stellt sich die Frage: Inwiefern ist der Verkauf von Versicherungen im Sinne des Mehrheitsaktionärs und Teil des von ihm verordneten Grundversorgungsauftrags? Die Antwort der Swisscom fällt lapidar aus: «Wir sehen hier keinen Widerspruch zum Grundversorgungsauftrag oder zu den Zielen des Bundes für die Swisscom», sagt Merk.

Axa agiert im Hintergrund

Wie gross das bestehende Versicherungsgeschäft der Swisscom ist, möchte die Sprecherin ebenfalls nicht verraten. Sie weist jedoch darauf hin, dass man bei den heutigen Versicherungen nur als Verkäuferin und Vermittlerin agiert, also nicht als Erstversicherungsgesellschaft. Das wäre auch bei einem Ausbau der Fall. So ist bei der Cyber- und Geräteversicherung die Axa im Hintergrund zuständig.

Trotz der Beschwichtigungen seitens Swisscom: Bei den privaten Konkurrenten kommt die geplante Versicherungsoffensive des bundesnahen Telekomunternehmens nicht gut an. Thilo Kleine, Sprecher des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV), sagt zwar, dass man keine Kenntnis von der Umfrage habe. «Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass der SVV die Ausdehnung staatlicher oder staatsnaher Unternehmen in verschiedene Bereiche der Privatwirtschaft stets kritisch beobachtet.» Dies nicht zuletzt, da Unternehmen, die sich mehrheitlich in staatlicher Hand befinden, per se das Risiko eines ungleichen Wettbewerbs mit ihren privatwirtschaftlichen Konkurrenten bergen würden.

Die Gefahr der Interessenkonflikte

So könnten laut Kleine bundesnahe Unternehmen über ungerechtfertigte Vorteile gegenüber privaten Versicherungsanbietern verfügen. «Diese könnten zum Beispiel durch staatliche Quersubventionierung, regulatorische Vorzüge oder durch den Zugang zu staatlichen Ressourcen und Informationen entstehen.» Die Kritik hat Gewicht, denn zu den gewichtigen Mitgliedern des SVV gehören unter anderem die Assekuranzen Mobiliar, Vaudoise und Zurich.

Spezifisch im Fall der Swisscom stellt sich laut Kleine zudem die Frage nach möglichen Interessenkonflikten, die sich aus einer Erweiterung des Versicherungsangebots ergeben könnten. «Insbesondere wenn es um den Datenschutz und die Verwendung von Kundendaten geht, die für den Versicherungsmarkt besonders wertvoll sind.» (aargauerzeitung.ch)

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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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EinBisschenSenfDazu
24.11.2023 11:46registriert September 2022
Irgendwie sieht das für mich wie ein Muster aus: Staatsnahe Betriebe wie die Post und die Swisscom entwickeln sich zu Trödelmärkten. Würde mich nicht verwundern, wenn wir bald am Postschalter oder im Swisscomshop die Winterreifen montieren lassen können. Oder eine to-go Wurzelbehandlung buchen können.
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Raketenwissenschaftler
24.11.2023 11:09registriert Januar 2023
Verkauft nicht auch die Post Versicherungen? Da könnte man doch glatt wieder die PTT machen, wenn Swisscom und Post das gleiche machen.
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Lai Nair
24.11.2023 11:20registriert Dezember 2016
je mehr sich die Herren der Swisscom vom Kerngeschäft entfernen, desto schlimmer werden die Leistungen, welche sie eigentlich erbringen müssten. Aber egal, Hauptsache die Kasse stimmt und spült noch mehr Batzeli in ihren Geldbeutel
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