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Steuererklärung ausfüllen: Dieser Steuerberater verrät uns seine Tipps

Interview

Bevor du deine Steuern ausfüllst: Der Steuerberater verrät uns im Interview seine Tipps

In den meisten Kantonen wurden die Steuerklärungen bereits verschickt. Damit du in diesem Jahr alles richtig machst und das Ausfüllen so schmerzfrei wie möglich über die Bühne geht, haben wir mit dem Steuerberater unsere brennendsten Fragen besprochen.
02.02.2023, 10:5002.02.2023, 13:25
Lara Knuchel
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Es ist wieder so weit: Die Steuererklärungen flattern in die Briefkästen. Das heisst für uns alle: Sofort verlängern sehr gewissenhaft alle Angaben aus dem schön präparierten Ordner in die Steuererklärung übertragen.

Die wenigsten Menschen machen dies mit Freude – trotzdem gibt es Leute, die das Ausfüllen von Steuererklärungen zu ihrem Job gemacht haben. Wieso? Das haben wir Steuerberater Daniel Wägli gefragt. Und mit ihm ebenfalls gleich unsere drängendsten Steuerfragen besprochen.

Als Steuerberater haben Sie Einblick in die privaten Finanzen von vielen Menschen. Da begegnet Ihnen bestimmt die ein oder andere Kuriosität ...?
Daniel Wägli: Ich habe lange im Global Mobility Bereich gearbeitet, genauer gesagt in der Steuerberatung von sogenannten Expats. Das ist relativ kompliziert, weil diese Leute meist in verschiedenen Ländern steuerpflichtig sind. Da kam es zum Beispiel öfters vor, dass uns Belege in den verschiedensten Sprachen vorgelegt wurden. Das stellte uns vor gewisse Herausforderungen.

Und welche Besitztümer begegneten Ihnen da?
Einiges, das man nicht jeden Tag sieht: die ein oder andere grosse Yacht, gewisse Sammlungen, Goldbarren ...

Das soll jetzt nicht beleidigend sein, aber Ihr Job tönt für viele ziemlich öde. Was ist das Spannende für Sie als Steuerberater?
Es ist einerseits genau das: Man sieht in so viele verschiedene Steuererklärungen hinein – von verschiedenen Menschen, mit verschiedenen Lebensumständen. Jede Steuererklärung ist sehr persönlich und jede ist anders. Andererseits begegnet man als Berater immer wieder neuen Fragen, die bei den Leuten auftauchen – genauso aber auch bei mir. Man muss sich laufend über Neuerungen im Steuerbereich informieren, das gefällt mir.

Interview: Daniel Wägli, Steuerberater bei BDO
Bild: zvg
Zur Person
Daniel Wägli arbeitet als Steuerberater bei der Steuer- und Rechtsberatung BDO in Bern. Zuvor war er bei der Steuerverwaltung des Kantons Bern angestellt, bevor er über 10 Jahre lang beim Wirtschaftsprüfer PwC in der Steuerberatung in den Bereichen Private Clients und Global Mobility tätig war.

Bis wann füllen Sie als Steuerberater eigentlich Ihre eigene Steuererklärung aus? Haben Sie schon einmal verlängert?
Ich bin da ganz gewissenhaft und mache sie am liebsten gleich sofort. Klar habe ich sie auch schon verlängert – aber eigentlich nur, weil ich auf gewisse Belege warten musste.

Hatten Sie schon Fälle, in denen Sie das Gefühl hatten, der Kunde oder die Kundin verschweigt absichtlich etwas, möchte Sie in die Irre führen oder gibt Ihnen nicht die wahren Vermögenswerte an?
Die Kunden, die ich bis jetzt hatte, waren vielleicht mal etwas «trödelig» beim Einreichen der Unterlagen. Aber kriminelle Absichten hätte ich noch nie erlebt. Wenn das der Fall wäre, würden wir auch gar nicht weiter beraten. Es kann vorkommen, dass uns teilweise gewisse Informationen nicht von Anfang an vorliegen, da sie aufgrund einer veränderten Steuersituation vergessen gingen.

Also gehen die Dinge «vergessen» ...?
Ja. Das kann nämlich auf beide Seiten kippen. Es kann vorkommen, dass gewisse Dokumente zu Beginn nicht an uns übermittelt werden, weil davon ausgegangen wird, dass diese keinen Einfluss auf die persönliche Steuererklärung haben. Mindestens genauso oft vergessen die Leute aber auch, was sie noch alles abziehen können. Das hat häufig auch mit Unwissen zu tun.

Wie kann man sich denn da so sicher sein, dass nicht gelogen oder verschwiegen wird?
Wenn wir die Steuererklärungen für jemanden ausfüllen, dann machen wir am Ende immer eine Berechnung. Dabei sehen wir: Was waren die gesamten Einkünfte? Wie hat sich das Vermögen entwickelt? Und dann sehen wir, ob die Angaben plausibel sind. So können wir schon einige allfällige Ungereimtheiten aufdecken.

Einige wollen aber bestimmt auch mehr Abzüge geltend machen, als ihnen zustehen ... ?
Das kommt schon öfters vor. Ein Problem bei den Abzügen ist aber, dass man in den verschiedenen Ländern, aber auch den Kantonen, nicht dasselbe abziehen kann. Das wird dann schnell kompliziert. Manchmal wird auch die ein oder andere Spende angegeben, die ganz klar nicht abzugsfähig ist – dafür müsste sie an eine inländische Institution mit gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken getätigt worden sein. Und dann ist es sicher schon vorgekommen, dass Leute private Kleidung kauften und argumentierten, dass sie diese ja für die Arbeit brauchen – Arbeitskleidung (also Schutzkleidung, Überkleider, Spezialschuhe und Uniformen und so weiter) kann ja von den Steuern abgezogen werden.

Leisten sich eigentlich nur reiche Personen eine Steuerberatung?
Nein, das ist überhaupt nicht so. Viele Leute wollen auch schlicht nichts mit Steuern zu tun haben, für diese lohnt es sich dann, Geld für eine Steuerberatung auszugeben. Und es gibt ja verschiedene Möglichkeiten: Man kann das meiste selbst machen und uns einfach die Kontrolle am Ende überlassen oder wir können einfach beratend tätig sein, wenn Fragen auftauchen. Oder Sie lassen gleich die ganze Steuererklärung von uns ausfüllen.

Was machen viele Menschen falsch, wenn sie ihre Steuern ausfüllen?
Uns begegnet lustigerweise wohl am häufigsten der Fehler, dass uns Rechnungen zugestellt werden, die nicht in die korrekte Steuerperiode fallen. Und vielleicht generell: Viele denken nicht schon während des Jahres daran, bei einem Kauf oder bei Transaktionen die Belege aufzubewahren. Die benötigen sie aber dann, wenn sie Abzüge geltend machen wollen.

Steuererklärungen: Der Steuerberater im Interview
Wer das verhindern will, sollte während des Jahres seine abzugsfähigen Ausgaben digital ablegen. Bild: Shutterstock

Haben Sie ganz generell Tipps und Tricks für das Ausfüllen der Steuererklärung?
Seien Sie sich schon ab Anfang Jahr bewusst, was Sie übers Jahr hindurch ausgeben und welche Belege Sie für Ihre Steuererklärung benötigen könnten. Legen Sie einen Ordner – analog oder digital – ab, in dem Sie alle wichtigen Belege aufbewahren: Berufskosten, allfällige Aus- oder Weiterbildungen, Fahrkosten und so weiter – lieber zu viele Belege als zu wenig! Generell ist Ordnung das A und O. Ordnen Sie bei der Steuererklärung lieber nicht chronologisch, dafür nach Thema. Und sonst: Beachten Sie, besonders bei Abzügen, die jeweilige Wegleitung. Dann geht auch wirklich nichts vergessen.

Ich habe mich auf der Redaktion nach den brennendsten Fragen zum Thema Steuererklärung umgehört. Ich würde Ihnen diese gerne weiterleiten.
Sehr gerne!

Erste Frage: «Welche Abzüge gehen am meisten vergessen? Und bei welchen kann man eigentlich am meisten einsparen?»
Kontengebühren, Parteispenden oder sonstige Vergabungen können immer mal wieder vergessen gehen. Und was viele, glaube ich, nicht wissen: Arztkosten können je nachdem zusätzlich abgezogen werden.

Über die Krankenkassen-Abzüge hinaus?
Ja, und zwar, wenn Sie ein Jahr mit ausserordentlich hohen Arztkosten hinter sich haben. Das ist zwar je nach Kanton unterschiedlich, aber im Kanton Bern gilt: Alles, was 5 Prozent Ihres Reineinkommens übersteigt, ist abzugsfähig. Das heisst: Alle Rechnungen zusammen in einem Jahr, abzüglich der Kostenbeteiligung der Krankenkasse – was übrig bleibt, kann man bei der Steuererklärung als Krankheitskosten abziehen.

Und wo lässt sich am meisten rausholen?
Ich denke da sicher an die 3. Säule. Und gerade bei Berufskosten kann einiges abgezogen werden – da kann es sich schnell mal um einen vier-, wenn nicht sogar fünfstelligen Betrag handeln, zum Beispiel im Falle einer Aus- oder Weiterbildung. Da gehört auch der Berufsweg hinzu, und zwar mit jeglichen Fortbewegungsmitteln.

Ich zum Beispiel fahre mit dem Velo an den Bahnhof, danach nehme ich den Zug nach Zürich. Was kann ich da abziehen?
Hier können Sie beides abziehen, das Generalabonnement sowie das Velo. Für das Velo können Sie eine Pauschale von 700 Franken im Jahr geltend machen, beim ÖV sind es die effektiven Kosten, die Sie natürlich belegen müssen.

Eine Person faehrt auf dem Velo im Schnee, am Freitag, 10. Dezember 2021 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Brauchst du für deinen Arbeitsweg das Velo? Dann kannst du bis zu 700 Franken im Jahr von den Steuern abziehen. Bild: keystone

Zweite Frage: «Was ist mit gemeinsamen Konten (z.B. mit dem Partner oder einer WG) – muss ich dieses Konto auch angeben? Und müssen das alle oder reicht es, wenn es eine Person macht?»
Diese Konten müssen angegeben werden, und zwar von allen Kontoinhabern. Das gilt zum Beispiel auch für Mietkautionsdepots, in diesem Fall wäre es als Guthaben zu versteuern. Sind es drei Leute, muss der Betrag dann jeweils durch drei gerechnet werden.

Nächste Frage: «Ich besitze verschiedene NFTs (Non-Fungible Tokens). Als ich sie gekauft habe, waren sie nur ein paar Franken wert, heute viel mehr. Wie und wo muss ich die NFTs angeben?»
NFTs, Kryptowährungen etc. sind einfach Vermögenswerte, sie sind also für die Vermögenssteuer massgebend. Sie müssen mit Stichtag 31. Dezember des Steuerjahres deklariert und – falls dies online nicht automatisch geschieht – in Franken umgerechnet werden. Dafür gibt es eine Kursliste der Eidgenössischen Steuerverwaltung, mit einem offiziellen Umrechnungskurs.

«Abzüge fürs Homeoffice: Kann man da irgendwas abziehen in der Steuererklärung?»
Grundsätzlich sind die Hürden hier relativ hoch. Wenn Sie Ihr Homeoffice geltend machen wollen, dürften Sie den entsprechenden Raum streng genommen auch nur als Büro nutzen, das muss auch nachgewiesen werden.
Wenn Sie aber nachweisen können, dass Sie im Homeoffice arbeiten müssen, also gar keinen Arbeitsplatz zur Verfügung kriegen, dann können Sie mit bestimmten Berechnungen Abzüge vornehmen. Auch hier empfehle ich die jeweiligen Wegleitungen.

ARCHIVBILD ZUR GEPLANTEN AUFHEBUNG DER HOMEOFFICE-PFLICHT AB AB 31. MAI 2021 BEI REGELMAESSIGEM TESTEN - Eine Frau arbeitet an ihrem Arbeitsplatz im Homeoffice, fotografiert am 22. Januar 2021 in Aara ...
Abzüge fürs Homeoffice sind schwierig geltend zu machen. Bild: keystone

Jemand wollte wissen: «Was passiert, wenn ich die Steuererklärung (unwissentlich) falsch ausfülle, weil ich es nicht besser weiss. Komme ich dann in den Knast?»
Da müssen Sie sich keine Sorgen machen! Ich nehme an, es handelt sich meistens um Fälle, in denen man Dinge am falschen Ort angibt – das kann immer passieren. Im Normalfall wird das die Steuerverwaltung von Amtes wegen gleich selbst korrigieren. Bei Unsicherheiten lohnt es sich jeweils, kurz bei der Steuerbehörde anzurufen, damit die Deklaration korrekt vorgenommen werden kann.

Letzte Frage: «Hat man als Steuerberater eigentlich keine schlechten Gefühle, weil man Menschen dabei hilft, möglichst viel Steuern zu sparen – und so dem Staat Geld ‹vorenthält›?»
Ich persönlich nicht, nein. Ich bin es meinen Kunden schuldig, dass ich sie über alle ihre Möglichkeiten aufkläre – natürlich alles im rechtlichen Rahmen. Gleichzeitig schauen wir ja auch genau hin, dass alles deklariert ist und fordern sie entsprechend dazu auf. Das heisst aber auch, dass wir die Leute auf ihre Abzüge hinweisen, die sie ebenfalls von Rechtes wegen zugute haben.

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92 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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grogi
02.02.2023 11:35registriert August 2014
Mir hat man gesagt ich solle alles mögliche abziehen wenn ich die Steuern mache. Nun sitze ich nackt da und weiss immer noch nicht weiter.
22510
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c-bra
02.02.2023 11:06registriert April 2016
könnt ihr das Interview bitte im Spätsommer noch einmal posten? Es gibt Leute, die noch "keine Zeit" haben die Steuererklärung im Februar auszufüllen.

Merci
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lonely ranger
02.02.2023 11:25registriert April 2020
Danke für den Refresher.

Kleine Ergänzung: Freiwillige Einkäufe in die Pensionskasse können auch abgezogen werden.
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