Ende Februar geht mit der Schliessung von Jelmoli eine Ära zu Ende. Wer dem Warenhaus kürzlich einen Besuch abstattete, sah auf nur noch zwei Etagen merklich leerere Regale und Kleiderständer. Die Waren locken mit hohen Rabatten. Rückgabe ist ausgeschlossen.
Jelmoli wurde 1899 eröffnet und geht auf Giovanni Pietro Guglielmoli Ciolina zurück, der ab 1833 in Zürich ansässig war und sich fortan Hans Peter Jelmoli nannte.
Für viele war das Warenhaus ein Sehnsuchtsort. Sicher verbinden auch viele ihre Kindheitserinnerungen damit, wenn beispielsweise an Weihnachten die Weihnachtsgeschenke eingekauft wurden. Selbst wenn nichts gekauft wurde, konnte man die hübsch dekorierten Schaufenster bewundern. Kaufhäuser bringen Leben in die Strassen und lassen kleine oder grössere Träume wahr werden.
Die Schliessung vom traditionsreichen Jelmoli passt zu der derzeitigen Krise der Warenhäuser. Betroffen sind Galeria Karstadt Kaufhof, Manor und Globus. Ob Filialschliessungen oder Umstrukturierungen – die Blüte der grossen Warenhäuser ist vorbei.
Das älteste Warenhaus der Welt ist das 1852 eröffnete «Le Bon Marché» in Paris, welches von Gustave Eiffel entworfen wurde.
Vor allem das Bürgertum erfreute sich damals an den Kaufhäusern. Das davor ungeliebte und zweckmässige Einkaufen wurde zum Vergnügen. Das Kaufhaus lud nun zum Bleiben und Bestaunen ein. Ebenfalls möglich war das Treffen von Freunden und Benutzen des öffentlichen Telefons.
Infolge des Fixpreises und der Massenproduktion waren die Warenhäuser in der Lage, ihre Ware günstiger zu verkaufen als die Einzelhändler, was das Feilschen überflüssig machte. Dies sorgte auch für Unmut. Die Warenhäuser standen in der Kritik, die heimischen Geschäfte zu ruinieren. Ein anderer Grund für die Abneigung gegen die Warenhäuser war Antisemitismus, da viele der Warenhäuser von Juden gegründet wurden.
Auch Konservative waren vom Warenhaus nicht begeistert. Sie vermuteten einen Verfall der Sitten und die Verleitung von Frauen, übermässig Geld auszugeben. Trotzdem versuchte man um 1900, die Frauen gezielt anzulocken. Da zu dieser Zeit die Hausarbeit immer mehr von Personal erledigt wurde, hatten die bürgerlichen Frauen auch mehr Zeit, sich zu vergnügen.
Gründe für die Krise sind unter anderem die hohen Mieten und der wachsende Online-Handel. Wo früher alles unter einem Dach zu finden war, ist heutzutage alles im Internet verfügbar. Physisches Einkaufen wird in kleinere Geschäfte mit einem übersichtlichen Angebot verlagert. Grund dafür ist auch die schwindende Aufmerksamkeitsspanne.
Probleme, die vor allem die Luxusbranche betreffen, sind die Internationalisierung, Digitalisierung (Online-Shops), Heimlieferung und das Retailing. Bei letzterem gründen die Marken eigene Shops an immer mehr Standorten.
Ein weiterer Grund für die Krise ist die schlechter werdende Qualität von Luxusgütern bei steigenden Preisen. Dies ist auch ein Argument, welches immer wieder von Leuten zu hören ist, welche gerne bei Billigshops wie Temu oder Shein einkaufen. Wenn die Qualität sowieso schlecht ist, wieso dann mehr bezahlen?
Auch wenn der kleine Teil der Superreichen immer noch massenweise konsumiert, gibt der Mittelstand nicht mehr gerne Geld für Luxusgüter aus. Dies liegt auch am inflationsbedingten Verlust der Kaufkraft. Die momentan eher schlechte Konsumentenstimmung zeigt sich im Markt.
Wo es früher noch ein Zeichen für Prestige war, ein Markenprodukt zu tragen, hat dies heutzutage nachgelassen. Dazu kamen die zahlreichen Outlets, welche die gleichen Produkte zu einem viel günstigeren Preis verkauften.
Auch das Thema der Nachhaltigkeit machte es der Branche nicht einfacher. Die Standards einzuhalten, kostet Geld – dies zeigt sich wiederum im Preis der Produkte.
Einige Experten sind der Ansicht, dass es Kaufhäuser in Innenstädten brauche, weil sie Leute anziehen würden und davon auch die Gastronomie und kleinere Läden drumherum profitieren. Um komfortabel und günstig neue Produkte einzukaufen, wenden sich die Konsumenten aber immer mehr Amazon, Shein und Co. zu, anstelle sich aufzuraffen und in die Stadt in ein Kaufhaus zu gehen. Um dies aber zu erreichen, braucht es neue Strategien, wie eine Neuorientierung oder die Spezialisierung auf das Luxussegment, wie es beispielsweise der Globus vormacht.
Auch die Verbindung von digitaler und physischer Welt ist eine Möglichkeit, neue Wege zu beschreiten. Entweder die Ware wird online bestellt und im Laden abgeholt oder umgekehrt, nach der Beratung im Warenhaus wird die Ware nach Hause geschickt. Das Konzept nennt sich «Omnichannel». Warenhäuser sollen auch nicht mehr über alle Produkte verfügen müssen, sondern lediglich über eine Auswahl.
Grossflächen könnten auch aufgeteilt und einzelne Flächen an andere Marken oder Gastronomen untervermietet werden.
Was das Warenhaus im Gegensatz zum Online-Handel aber bieten kann, ist die Interaktion mit echten Menschen. Das Warenhaus soll ein Ort sein, um Freunde zu treffen oder professionell beraten zu werden. Nicht das Produkt sollte im Vordergrund stehen, sondern das Erlebnis. Dieses Erlebnis kann mit Events wie Modenschauen oder Workshops erweitert werden.
Zukünftig werde es nach einigen Expertenmeinungen aber viel weniger Kaufhäuser geben.