Die Schweizer Holzverarbeitungsbranche schlägt Alarm: «Engpässe im Holzmarkt fordern Schweizer Schreiner» titelt das Nachrichtenportal der Schweizer Holzwirtschaft auf seiner Webseite. Und auch Holzbau Schweiz bestätigt den Mangel: «Wir wissen von Betrieben, die Kurzarbeit anmelden müssen, da das benötigte Material nicht verfügbar ist», so Martin Meier, der Bereichsleiter Kommunikation.
Obwohl 32 Prozent der Schweiz aus Wald besteht, werden schätzungsweise 60 bis 80 Prozent aller Holzprodukte aus dem Ausland importiert. Genaue Zahlen gibt es nicht. Die grosse Abhängigkeit von der Importware ist der Grund für den aktuellen Mangel.
Denn das Problem ist global: Der Preis für Holz steigt seit einem Jahr rasant an. Vor einem Jahr war eine Bauholzplatte (Grösse 30,5 auf 30,5 cm) an der Börse knapp 30 Rappen wert. Ein Jahr später wird die gleiche Menge Holz für 1,42 Franken gehandelt. Das ist ein Preisanstieg von über 350 Prozent. Seit Anfang April zeigt die Kurve noch steiler nach oben.
Die Gründe für die massive Teuerung sind vielfältig: Die Corona-Pandemie sorgt in den USA und Asien für einen Bauboom. Besonders in den Vereinigten Staaten ziehen immer mehr Menschen aufs Land – und bauen sich ein Haus.
Heiss begehrt ist besonders europäisches Fichten- und Tannenholz. Weil im Nachbarstaat Kanada seit längerem ein Borkenkäfer sein Unwesen treibt und die Zölle für Holz erhöht wurden, kauft die USA den europäischen Markt leer. Und diese verkaufen ihr Holz an den Meistbietenden, was wiederum die Preise in die Höhe treibt.
Aber auch in Europa und selbst in der Schweiz ist die Nachfrage nach Erzeugnissen aus Holz und Holzwerkstoffen gross. Bauen mit Holz ist in. Doch die europäischen Produzenten kommen kaum nach mit verarbeiten und liefern.
«Vergangene Woche hat sich das Problem massiv verschärft», sagt Meier von Holzbau Schweiz. Nicht nur die hohen Preise sind ein Problem, sondern auch die Lieferfristen für viele Produkte. «Die Lieferfristen für viele Produkte betragen statt wie bisher wenige Tage nun mehrere Wochen», schreibt die Holzindustrie Schweiz in einer Mitteilung.
Konsequenzen könnten die hohen Preise und die langen Lieferfristen auch für die Endkundschaft haben. «Momentan können unsere Lieferanten noch liefern. Zudem führen wir ein grosses Lager. Aber wir spüren auch, dass die Lage angespannt ist», sagt Markus Fust, Geschäftsleiter und Gründer der Schreinerei Fust in Wil (SG).
Neben einer klassischen Schreinerei betreibt Fust aber auch einen Online-Shop für massgeschneiderte Schränke. Dort verspricht er eine Lieferung an Endkundinnen innerhalb von fünf Tagen. «Da sind wir etwas abhängiger von pünktlichen Lieferzeiten», so Fust. Werde es irgendwann tatsächlich knapp, versuche man auf andere Materialien oder Holzarten auszuweichen.
Eine baldige Entspannung ist nicht absehbar: «Im Moment hören wir von Lieferanten, dass sich die Lieferprobleme bis weit in die zweite Jahreshälfte ziehen werden», so Patrik Ettlin, Bereichsleiter Marketing & Kommunikation vom Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM).
Weil sich die Situation weiterhin zuspitzen könnte, wollte man den Mangel publik machen, so Ettlin. Der VSSM wünsche sich primär Verständnis und Kulanz von Endkunden, Architektinnen und Bauherren. «Wir befinden uns aktuell in einer prekären Lage und unsere Mitglieder können aufgrund von verspäteten Materiallieferungen nicht immer garantieren, dass alle Aufträge rechtzeitig fertig werden.»
Eine längerfristige Lösung, um weniger vom internationalen Holzhandel abhängig zu sein, liegt eigentlich auf der Hand: Bauen mit Holz aus der Schweiz. Doch das ist gar nicht so einfach. «Holz hätten wir hierzulande genug», sagt Martin Meier von Holzbau Schweiz. Das Problem sei die Verarbeitung: «Es gibt nicht genügend Sägereien, die das Rohmaterial verarbeiten können», so Meier.
Das Ziel sei es aber, in Zukunft mehr auf inländisches Holz zu setzen. Nicht nur wegen der Abhängigkeit vom Weltmarkt. «Auch aus klimatechnischer Sicht ist es sinnvoll, mit Holz aus der Schweiz zu bauen», so Meier.
Die Bauindustrie sei weltweit für 40 Prozent des Energieverbrauchs und 25 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. «Im Gegensatz zu Beton bindet Holz CO2. Wenn wir die Klimaziele ernst nehmen wollen, dann braucht es auch in der Baubranche ein Umdenken.» Auch die Holzindustrie Schweiz empfiehlt in einem Schreiben, zukünftig lokale Wertschöpfungsketten in den Fokus zu rücken. «Bauherrschaften sind auf jeden Fall gut beraten, wenn sie auf regionale Beschaffung setzen.»
Und für diejenigen kleinen und mittleren Sägereien, die in den letzten Jahren auch fair zu uns waren, legen wir Forstwarte und Förster jetzt auch gerne eine Sonderschicht ein. Versprochen!
Zum Glück ist das in der Schweiz gesetzlich geregelt.