Knall bei Selecta: So viele Angestellte sind betroffen
Selecta kommt nicht zur Ruhe. Die Schweizer Snackautomatenfirma sorgte in den vergangenen Jahren regelmässig für Schlagzeilen. Das Führungsgespann mit Geschäftsführer Christoph Schmitz und Wall-Street-Legende Joe Plumeri als Verwaltungsratspräsident wollte dem kriselnden Marktführer in Europa neues Leben einhauchen.
Das Duo, das 2020 das Steuer übernahm, setzte mit dem Messer an, baute Stellen en masse ab. Aus europaweit über 10'000 Angestellten wurden noch 6800. Zudem lancierten sie eine neue Strategie – mit dem Ziel, Selecta an die Börse zu bringen. Und sie initiierten eine umstrittene Firmenkultur, die zu weiteren Abgängen führte (CH Media berichtete).
Neuer Chef erkoren
Ihrem Elan zum Trotz: Der Erfolg blieb aus. Der Börsengang musste abgeblasen werden. Die renommierte Ratingagentur Moody's stufte Selecta herab und sprach von einem «hohen Risiko». Im Sommer musste Selecta dann kurz vor dem Abrund gerettet werden, was allerdings nur mit einem massiven Schuldenschnitt in der Höhe von rund 1 Milliarde Franken möglich war. Laut CH-Media-Informationen wird deswegen in Gläubigerkreisen im Hintergrund noch immer gestritten.
Plumeri und Schmitz sind inzwischen verschwunden. Mitte Oktober wurde der Brite Venkie Shantaram als neuer Geschäftsführer präsentiert. Der einstige McKinsey-Mann will Selecta zurück zum Profit führen. Zu seinem Plan gehört auch das Sparen – beim Personal.
Wie CH Media erfahren hat, wurde vergangene Woche ein Massnahmenplan intern verkündet, der auch Entlassungen beinhaltet. Demnach sind von der Reorganisation 50 bis 80 Leute hierzulande betroffen. Selecta-Schweiz-Chef Beat Welti bestätigt dies auf Anfrage. Die geplanten Massnahmen werden über das nächste halbe Jahr umgesetzt. Dabei müsse man voraussichtlich 30 bis 40 Entlassungen in verschiedenen Bereichen aussprechen. «Der Rest geschieht über die natürliche Fluktuation, also durch Pensionierungen oder Kündigungen.» Aktuell zählt das Schweiz-Geschäft von Selecta rund 690 Angestellte.
Welti spricht von der neuen Strategie namens «Selecta 2.0», die verschiedene Wachstumsmassnahmen beinhalte. Damit wolle man sich optimal für die kommenden Jahre ausrichten. «Wir wollen den Fokus deutlich stärker auf die Kundenbedürfnisse und die Marktanforderungen legen», sagt Welti. Dazu gehöre, dass man die Suche nach neuen Kunden, also Firmen, die auf die Selecta-Geräte setzen, intensivieren wolle. In diesem so genannten Neukundengeschäft könnten 15 bis 20 neue Stellen entstehen.
Aus 2 mach 1
Welti will auch die Effizienz steigern. So seien heute in der Regel zwei Aussendienstangestellte bei Firmenkunden im Einsatz: Eine Person, die den Snackautomaten auffüllt, und eine, die sich um die Kaffeemaschine kümmert. «Künftig werden diese Aufgaben, wo möglich, nur noch von einer Person durchgeführt.» Zudem werde man unrentable Standorte, wie zum Beispiel in weit entfernten Bergregionen, hinterfragen.
Selecta müsse sich an die neuen Gegebenheiten im Schweizer Markt anpassen, sagt Welti. «Die Coronapandemie hatte einen grossen Einfluss auf unseren Markt, insbesondere mit der Etablierung des Heimbüros.» Sprich: Selecta fehlen die Leute in den Büros, die sich bei ihren Snack-Ecken in den Firmen verpflegen, aber auch die Pendlerinnen und Pendler, die spontan noch ein Schoggistängeli oder ein Coca-Cola-Fläschen kaufen auf dem Weg zur Arbeit.
Selecta wurde 1957 gegründet und ist mit seinen Snackautomaten in 16 Ländern der Marktführer in Europa. Ein wichtiger Umsatztreiber sind auch die Kaffeemaschinen, die Selecta in Grossfirmen unterhält, sowie vermehrt auch Selbstbedienungs-Kühlschränke für Angestellte, gefüllt mit Mittagesmenüs. Der Hauptsitz liegt in Cham ZG, insgesamt zählt die Firma heute noch rund 6000 Angestellte, die einen Umsatz von rund 1 Milliarde Franken generieren. Vor der Coronapandemie waren es noch 1,4 Milliarden gewesen.
