Beim sogenannten Energie-Mantelerlass ist noch kein Kompromiss zwischen den Räten in Sicht. Die zuständige Nationalratskommission will etwa auf einer Solarpflicht für alle Neubauten sowie für erhebliche Umbauten beharren. Daneben bleiben weitere gewichtige Differenzen.
Für die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (Urek-N) hat der konsequente Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion höchste Priorität, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. Im Gegensatz zum Ständerat plädiert sie weiterhin für Eignungsgebiete für Solar- und Windenergie und eine umfassende Solarpflicht für Gebäude und Parkplätze.
Mit 14 zu 10 Stimmen beschloss sie, dass eine Solarpflicht für alle Neubauten sowie für erhebliche Umbauten und Erneuerungen gelten soll, insbesondere bei Sanierung des Dachs. Die Kommissionsmehrheit sieht in den Gebäudeflächen ein grosses Potenzial für die Solarenergie, das ohne Eingriffe in Landschaft und Biodiversität genutzt werden könne.
Eine Minderheit lehnt jegliche Verpflichtung ab, da sie zu stark ins Grundeigentum eingreife und die Solarenergie im Winter nur wenig Strom liefere. Eine andere Minderheit befürwortet eine Solarpflicht für Gebäude ab einer Fläche von 300 Quadratmetern, wie sie heute gilt und vom Ständerat verlängert werden will.
Anders als der Ständerat ist die Urek-N weiterhin für eine Pflicht, Fahrzeugabstellflächen ab einer bestimmten Grösse mit Solarelementen zu überdachen. Eine Minderheit warnt derweil vor einem Eingriff in kantonale Kompetenzen.
Auch bei den Restwasservorschriften scheint noch keine mehrheitsfähige Lösung für die Zukunft gefunden worden zu sein. Laut der Urek-N sollen die Restwassermengen von Wasserkraftwerken gesenkt werden dürfen, wenn dies zur Abwendung einer Strommangellage notwendig ist. Bereits im vergangenen Herbst hatte der Bundesrat eine solche Lockerung auf dem Verordnungsweg vorgenommen.
Im Ständerat hatte sich ein Antrag durchgesetzt, wonach der Bundesrat auch zur Erreichung der Produktions- und Importziele die Betreiber von Wasserkraftwerken verpflichten können, ihre Stromproduktion befristet zu erhöhen. Eine Minderheit der Urek-N stimmt dem zu.
Einigen könnten sich die Räte dagegen bald in weiteren wichtigen Punkten des Energie-Mantelerlasses: Die Nationalratskommission unterstützt den Ständerat mit 16 zu 0 Stimmen bei 9 Enthaltungen bei der Frage der Eignungsgebieten für Wind- und Solarenergie. In gewissen Gebieten, die die Kantone nach einer umfassenden Interessenabwägung im Richtplan festlegen, sollen die Solar- und Windenergie Priorität gegenüber anderen Interessen haben.
Wie schon der Ständerat beantragt die Urek-N zudem, dass neue Wasserkraftanlagen nicht absolut ausgeschlossen sein sollen, wenn die entstehende Restwasserstrecke durch ein Schutzgebiet von nationaler Bedeutung verlaufen würde. Aufgrund des grossen Produktionspotenzials soll in solchen Fällen das Projekt nicht von Anfang an ausgeschlossen sein, sondern zumindest eine Abwägung zwischen Schutz- und Nutzungsinteressen vorgenommen werden.
Die Nationalratskommission wird ihre Beratung des Geschäftes an einer nächsten Sitzung fortsetzen, sodass die Vorlage in der Herbstsession von den Räten erneut beraten werden kann.
Das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien - Energie-Mantelerlass genannt - ist ein Kerngeschäft bei der Umsetzung der Energiewende. Für Energieminister Albert Rösti ist es oberstes Ziel, die Gefahr einer Mangellage möglichst rasch zu beseitigen, wie er kürzlich sagte. Der Energie-Mantelerlass solle deshalb möglichst im Herbst von den Räten verabschiedet werden. (sda)