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Black Friday 2024: Warum er kritisiert wird und was du tun kannst

epa10993149 Shoppers take part in Black Friday shopping at the Dolphin Mall in Miami, Florida, USA, 24 November 2023. Black Friday is known as the day businesses start to turn a profit for the year as ...
Am Black Friday locken die Geschäfte mit ungeheuren Rabatten.Bild: keystone

Warum Black Friday nicht nur der Umwelt, sondern auch dir schadet

Black Friday lockt jedes Jahr tausende Schnäppchenjäger in die Läden. Doch was gut ist für die Firmenumsätze, schadet nicht nur der Umwelt, sondern auch unserem Portemonnaie.
10.11.2024, 13:1502.12.2024, 14:48
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Bald ist Black Friday – der Tag, an dem sich Händler und Konsumenten gegenseitig zu tiefstmöglichen Preisen und höchstmöglichem Konsum verhelfen. Shopping-Events wie Black Friday, Singles Day, Cyber Monday und Cyber Week sorgen jeweils für Rekordumsätze bei den Schweizer Händlern. Vor allem junge Konsumentinnen und Konsumenten planen den Tag mittlerweile fest ein. Doch er steht zunehmend in der Kritik.

Die Täuschungsmanöver der Händler

Oft tarnen sich die reduzierten Produkte als unschlagbare Angebote, bei denen man fast nicht anders kann, als zuzugreifen. Tatsächlich sind viele Rabatte aber nicht so hoch, wie es die Anbieter erscheinen lassen.

«Preisnachlässe beziehen sich häufig nicht auf einen zuvor verlangten höheren Preis, sondern auf eine unverbindliche Preisempfehlung und erscheinen dadurch deutlich höher, als sie es tatsächlich sind.»

So sagt es etwa der Verbraucherrechtsexperte Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Auch der Schweizer Konsumentenschutz empfiehlt, grosszügigen Black-Friday-Rabatten nicht blind zu vertrauen, sondern die Preise mit denjenigen der Konkurrenz zu vergleichen. Die Stiftung beobachtete von Oktober 2021 bis Januar 2022 die Angebotsseiten von Elektronikprodukten und stellte fest, dass insgesamt nur wenig gespart werden kann.

Vor allem bei Smartphones, Fernsehern, Smartwatches oder Laptops bringen die Hersteller mittlerweile jährlich neue Modelle heraus und die vorherigen Versionen werden zum Tiefstpreis verkauft. Bei allfälligen Black-Friday-Angeboten handelt es sich in diesen Fällen jeweils um ohnehin geplante Preissenkungen. Der Preis kann wenige Wochen danach nochmals erheblich tiefer sein.

Manchmal kleben auch «Black Friday»- oder «Singles Day»-Labels auf Produkten, ohne dass das Produkt wirklich vergünstigt angeboten wird. Vielmehr handle es sich um «psychologische Tricks», um die Konsumierenden zum Kauf zu drängen, schreibt der Konsumentenschutz.

Die Psychologie des Kaufrauschs

Solchen psychologischen Tricks bedienen sich Händler auch unabhängig von Rabattaktionen wie Black Friday. So wird etwa beim Shoppen – insbesondere wenn man (gefühlt) ein Schnäppchen ergattert – das Belohnungszentrum aktiviert und Dopamin ausgeschüttet. Das führt auch dazu, dass Menschen bei Rabattaktionen oft mehr kaufen, als sie brauchen.

Forscherinnen und Forscher gehen sogar davon aus, dass Rabatte im Hirn ähnlich wirken wie Kokain. Sie werden als Belohnung empfunden und dämpfen den «Schmerz» des Geldausgebens. Dabei gilt: Je schneller und einfacher etwas erhältlich ist, desto eher verfällt man einer Art Kaufsucht.

Das machen sich gerade in der Modebranche viele Onlineshops zunutze: Viele Fast-Fashion-Läden locken mit notorisch tiefen Preisen und bis zu 24 neuen Kollektionen pro Jahr.

FILE - Pages from the Shein website, left, and from the Temu site, right, are shown in this photo, in New York, Friday, June 23, 2023. Online fast-fashion retailer Shein must face the European Union&# ...
Ultra-Fast-Fashion-Labels wie Temu und Shein werben mit billigsten Preisen. Bild: keystone

Die Kosten für die Umwelt

Wer hingegen keinen Nutzen davonträgt: die Umwelt. Hier kommt wieder der Black Friday ins Spiel. Denn gerade die gefragtesten Produktkategorien bei der Rabattschlacht – Kleider und Elektronik – haben auch eine besonders schlechte Klimabilanz.

Die Modeindustrie ist für bis zu zehn Prozent der jährlich weltweit ausgestossenen CO₂-Emissionen verantwortlich – mehr als alle Schifffahrts- und Flugverbindungen zusammen. Kleider verschlingen in ihrer Herstellung enorme Mengen Wasser. Rund 2700 Liter – so viel trinken wir normalerweise in drei Jahren – benötigt etwa ein einziges Baumwoll-T-Shirt.

Würde man die Kleidung wenigstens lange tragen, liesse sich die Umweltbelastung vielleicht noch rechtfertigen. Doch auch in dieser Hinsicht sieht die Lage trüb aus. Denn weltweit landet laut dem Umweltprogramm der UNO eine ganze Lastwagenladung Alttextilien auf einer Mülldeponie – pro Sekunde. Immer weniger hochwertigere Kleider können immer schlechter rezykliert werden und müssen deshalb verbrannt werden. Nicht selten werden die Altkleider dafür in Länder des Globalen Südens verfrachtet. Das führt zu Vergiftung von Luft, Böden und Gewässern, wie eine Studie von Greenpeace unlängst für Ghana aufzeigte.

Ähnlich umweltschädlich ist unser digitaler Lebensstil. Den grössten Anteil an dessen CO₂-Bilanz hat laut dem deutschen Umweltbundesamt die Herstellung von Fernseher, Laptop, Smartphone, Sprachassistent und Co.: rund 346 Kilogramm CO2e (CO₂-Äquivalente, eine Masseinheit zur Vereinheitlichung der Klimawirkung der unterschiedlichen Treibhausgase) pro Jahr.

epa06978733 A Ghanaian man sorts through electronic waste at the Agbogbloshi electronic waste site in Accra, Ghana, 27 August 2018 (issued 28 August 2018). Lying in the centre of Accra, Agbogbloshie s ...
Auch in Ghana: eine der grössten Elektroschrottdeponien der Welt.Bild: EPA/EPA

Die Alternativen für Nicht-anders-Könner

Umweltverbände wie Greenpeace oder WWF warnen schon lange vor den Folgen des Überkonsums am Black Friday. In der Schweiz haben Organisationen und Firmen, die sich als nachhaltig positionieren, deshalb verschiedene Gegenbewegungen ins Leben gerufen. Während einige die Rabattaktionen vollständig boykottieren, machen andere unter Vorbehalten mit.

So etwa das Schweizer Unternehmen Washo, das 2021 den «Green Friday» einführte. «Ganz ohne Black-Friday-Deals geht es heute nicht mehr», sagt Washo-Gründer Lukas Thoma. «Die Konsumenten haben sich an die Aktionen gewöhnt und fordern diese aktiv.» Deshalb pflanzt die Firma in dieser Zeit für jede Bestellung zehn Bäume.

Eine ähnliche Aktion führt auch Caritas jedes Jahr Ende November durch. Im Rahmen ihrer Initiative «Fair Friday» sammelt die Organisation Spenden als Zeichen gegen die Armut in der Schweiz. Dort macht etwa die Buchhandlung Orell Füssli mit: Kundinnen und Kunden können wählen, ob sie 20 Prozent Rabatt oder spenden möchten.

Bewusste Kaufentscheidungen statt masslosen Konsums – dieses Motto verfolgt Fashion Revolution zusammen mit über 50 Schweizer Brands mit dem «Colorful Friday»: Die Läden bieten keine Rabatte an.

Statt sich von den vermeintlichen Rabatten verführen zu lassen, sollten Konsumentinnen und Konsumenten sich fragen, ob man etwas wirklich braucht. Es hilft zum Beispiel, wenn man vor dem Kauf den Laden oder den Webshop verlässt. Psychologinnen und Psychologen raten zudem, die Befriedigung anderswo zu suchen. Eine abendliche Joggingrunde oder der Umgang mit Tieren schütte etwa Glückshormone aus, die länger hinhalten und die Umwelt weniger belasten.

Der Black Friday findet dieses Jahr am 29. November 2024 statt.

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Black Friday
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Black Friday
Sonderangebote, Rabatte, Werbegeschenke: Der Black Friday – der Feiertag nach Thanksgiving – lockt in den USA jedes Jahr Millionen Shopping-Wütige in die Läden. Auf dem Bild: Midnight Madness, Eugene, Oregon, im Jahr 2012.
quelle: ap the register-guard / brian davies
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«Habe extra für Black Friday freigenommen» – Wir waren im Shoppi Tivoli
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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sarkasmusdetektor
10.11.2024 13:24registriert September 2017
Man sollte auch an allen anderen Tagen kein Zeug kaufen, das man nicht wirklich braucht.
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Scriptkiddy
10.11.2024 14:48registriert Juli 2020
Ja, aber,,,
Mit den Preisverlauf von Digitec hat sich hier schon einiges geändert. Man sieht auf den ersten Blick, ob der Preis zumindest gut ist usw. Ich "staue" Bestellungen durch das Jahr und weiss im Voraus was ich will. Kein Impulskäufe...
Auch Internet, Handyverträge optimiere ich immer, das ist ja sehr einfach zu vergleichen.
Ich war aber noch nie in einem Einkaufscenter am BlackFriday,,, alles Online...
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mibster81
10.11.2024 18:20registriert April 2020
Ich habe genau ein Produkt im Auge, warte jetzt bewusst auf den entsprechenden Black Friday Rabatt und sehe nicht, wo jetzt da das Problem sein sollte.
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