2136 verschiedene Gemeindewappen existieren in der Schweiz. Die Vielfalt ist natürlich gross. Wobei, so wirklich verschieden sind längst nicht alle, wie wir noch feststellen werden – vielleicht wird auch dieses Phänomen hier noch abgehandelt. Doch zunächst zu Teil 3 unserer losen Serie über die Vielfalt der Schweizer Gemeindewappen.
Nachdem wir in Teil 1 die Farben behandelt und in Teil 2 die 68 (!) verschiedenen Tiere gezeigt haben, geht es heute um Liebe und Gewalt. Oder genauer gesagt: um Herzen und Waffen. 104 Gemeinden zeigen eines der beiden Symbole in ihrem Wappen. Das Verhältnis zeigt eine klare Tendenz zu den Waffen: 95 Gemeinden bilden eine solche ab, nur deren neun (oder immerhin neun) zeigen Herz.
Beginnen wir mit der Übersicht. Das sind die 104 Schweizer Gemeinden mit einer Waffe oder einem Herzen. Herzen kommen neunmal vor, bei den Waffen wird unter anderem 52-mal ein Schwert benutzt, 15-mal ein Speer oder eine Lanze und fünfmal ein Gewehr. Nur gerade einmal gibt's ein Beil (Biel) und einen Dolch (Tägerwilen TG):
Von den neun Gemeinden mit Herz liegen sieben im Waadtland – und gleich vier davon gruppieren sich um eine Region bei Vevey (wobei Vevey selbst kein Herz im Wappen hat). Warum gerade in jener Region die Herzen auf Gemeindewappen kamen, ist nicht bekannt. Aber bei Blonay-Saint-Légier VD beispielsweise wurde das neue Gemeindewappen kreiert, als die zwei Gemeinden Blonay (mit den beiden Herzen) und Saint-Légier (mit den Farben Rot und Grün) fusionierten.
Auch bei Corseaux VD fehlt die genaue Erklärung. Tatsache ist: Auf der alten Kirchenglocke von 1583 wurde ein Schild mit Herz gefunden. Dieses wurde 1900 zum Gemeindewappen und 1930 schliesslich auch offiziell anerkannt.
An einen ganz einfachen Grund für die beiden Herzen in ihrem Wappen glaubt die Aargauer Gemeinde Gontenschwil AG: Früher hatte man nur die Tanne. Da aber viele andere Gemeinden auch auf eine Tanne setzten, wurden ab 1826 zwei Herzen hinzugefügt. Eine genaue Überlieferung liegt allerdings auch nicht vor.
Doch nicht nur Liebe wird auf Schweizer Gemeindewappen grossgeschrieben, auch Gewalt ist präsent: Fünf Gemeinden zeigen ein Gewehr auf ihrem Wappen. Meist zeugt dies von einer Schlacht, die im Gebiet gewonnen wurde.
Bei Wohlenschwil AG schreibt Wikipedia beispielsweise: «Die Waffen erinnern an die Entscheidungsschlacht des Schweizer Bauernkrieges. Die Sonne weist auf den Sunnenhübel hin, den Ort der Schlacht. Eingeführt wurde das Wappen 1952 im Hinblick auf den 300. Jahrestag der Schlacht.»
Kommen wir zu den eingangs erwähnten, ähnlichen Gemeindewappen. Siebenmal besiegt ein Ritter einen Drachen – und dies in sieben verschiedenen Kantonen.
Eine solche Darstellung bezieht sich immer auf den Heiligen St.Georg, der 270 bis 303 in Griechenland lebte und zu Beginn der Christenverfolgung unter Diokletian ein Martyrium erlitt. Georg ist einer der ältesten Helden im morgenländischen und abendländischen Christentum. Der Legende nach besiegte er einen – wer hätte das gedacht – Drachen. Auch ausserhalb der Schweiz wird St.Georg an vielen Stellen gedacht.
Waffen werden auf den Gemeindewappen aber auch positiv konnotiert. So gibt der Heilige Martin von Tours in zehn Schweizer Gemeinden einem verarmten Bettler ein Stück seines Gewands, das er mit dem Schwert abschneidet.
Auch hier ist die Bedeutung ähnlich wie oben beim Drachentöter: Die Gemeinden gedenken des Begründers des abendländischen Mönchtums, der von ca. 316 bis 397 n.Chr. in Frankreich lebte. Der Martinstag wird in vielen Gebieten mit Umzügen und anderem Brauchtum begangen. In der Deutschschweiz ist dieser Brauch beispielsweise als «Räbeliechtli-Umzug» bekannt.
Zum Abschluss noch zweimal das sogenannte Wildmannli, einmal mit Keule als Waffe, einmal mit Speer.
Das Wildmannli ist eine Sagengestalt, die im Alpenraum da und dort bekannt ist. Der halbmenschliche Waldbewohner soll sehr scheu und naturverbunden sein. In Klosters GR hält es das kreuzverzierte Banner des Zehngerichtebundes.
In Grabs SG wurde der wilde Mann 1938 zum Wappen. Die Tanne steht dabei entweder für den Wald, in welchem das Wildmannli lebte oder für die grosse Rodung, die in der Region durchgeführt wurde.