Schweiz
Wissen

Heuschnupfen: Antihistaminika im Abwasser deutet auf Pollen hin

Antihistaminika im Abwasser deutet auf Pollen hin

13.04.2024, 13:1913.04.2024, 13:19

Wenige Stunde nach einem Pollenflug haben Forschende einen stark erhöhten Gehalt an Antihistaminika im Abwasser festgestellt. Peter Schmid-Grendelmeier der Universität Zürich erklärte im Interview zudem, warum es bei Heuschnupfen einen Stadt-Land-Graben gibt.

heuschnupfen
Der Anteil an Proteinen, die eine Allergie verursachen, in Pollen ist sehr unterschiedlich, sagt eine neue Studie. Bild: shutterstock

Pollenflüge würden sich schon fast übers Abwasser ablesen lassen, sagte Schmid-Grendelmeier, Professor für Dermatologie an der Universität Zürich, in einem am Samstag publizierten Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Über den Urin würden die Arzneien ins Abwasser gelangen.

Zusammen mit dem Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag untersucht die Universität Zürich, wie hoch der Gehalt an Antihistaminika im Abwasser während der Pollensaison ist. Die Ergebnisse seien noch nicht veröffentlicht, sagte Schmid-Grendelmeier.

Bei der Untersuchung seien die Forschenden auch auf einen Anstieg der Antihistaminika zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt gestossen. «Erle und Hasel hatten noch keinen Pollenflug, und Birkenpollen waren noch nicht messbar», sagte Schmid-Grendelmeier. Was zu diesem Zeitpunkt bei vielen Menschen eine Allergie ausgelöst hatte, konnten die Forschenden noch nicht erklären. «Eventuell gibt es eine Baumart, die wir bis jetzt noch gar nicht als allergieauslösend auf dem Radar haben», sagte der Professor für Dermatologie.

«Aggressivere Pollen» in der Stadt

Menschen in der Stadt seien stärker vor Heuschnupfen gefährdet als Menschen, die auf dem Land leben. Einerseits liege das an «aggressiveren» Pollen. Der Anteil an Proteinen, die eine Allergie verursachen, in Pollen sei sehr unterschiedlich. «Birken, die in der Stadt wachsen, haben zum Beispiel etwas doppelt so viel Allergene wie Birken auf dem Land», sagte Schmid-Grendelmeier. Das für die Allergie verantwortliche Eiweiss sei ein Stressprotein. Bäume, die etwa zu viele Abgase abbekommen, würden es vermehrt bilden.

Abgase und Schadstoffe aufgrund des Verkehrs führten auch zu gereizteren Schleimhäuten. Dies sei andererseits ein Grund, weshalb Menschen in der Stadt eher an Heuschnupfen leiden, wie Schmid-Grendelmeier ausführte.

Desensibilisierung bei starkem Heuschnupfen

Bei einer allergischen Reaktion schüttet der Körper den Botenstoff Histamin aus. Er verursacht bei Heuschnupfen Symptome wie wässriges Nasenfliessen oder rote und juckende Augen. Antihistaminika blockieren die Histaminrezeptoren im Körper, erklärte Schmid-Grendelmeier.

Bei stark betroffenen Personen würden Pollen zu Atemnot führen. Dann empfehle sich der Besuch beim Arzt und eine Desensibilisierung. «Mit dieser Behandlung will man das Immunsystem aus der Überempfindlichkeit in die Toleranz überführen», sagte der Dermatologe. Die nächste Gelegenheit für eine solche Behandlung böte sich im Herbst – vor der Pollensaison. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Überflu­tet? Touris­mus­kri­tik um 1900
Der Archäologe Jakob Wiedmer kam durch seine Heirat mit der Wengener Hotelbesitzerin Marie Stern eher zufällig in Kontakt mit dem Tourismusboom der Belle Époque im Berner Oberland. Seine Eindrücke verarbeitete er im tourismuskritischen Roman «Flut», der umgehend zum Rückzug als Hoteldirektor führte.
Jakob Wiedmer, geboren 1876 als Sohn eines Bäckers in Herzogenbuchsee (BE), galt schon früh als eine Art Genie. In der Schule lernte er rasch und leicht. Aber «Studiergrinde» gäbe es genug, meinte sein Vater; sein Bub solle etwas Rechtes lernen, nämlich den Beruf eines Kaufmanns. Kaum hatte Wiedmer eine Stelle als Kaufmann in Zürich angetreten, als ihn sein Arbeitgeber nach Athen schickte. Der Aufenthalt dort förderte die archäologischen Interessen allem Anschein nach mehr als die kaufmännischen. Wieder in Bern zurück sehen wir den jungen Mann als Ausgräber, Schriftsteller und im Januar 1904 als Hochzeiter: Mit 27 Jahren heiratete er Marie Stern, Hotelbesitzerin in Wengen, und wurde nach damaligem Recht Hoteldirektor.
Zur Story