Schweiz
Wolf

Wolf in der Schweiz: Mit diesen umstrittenen Methoden wird Jagd gemacht

«Bei Wölfen ist erlaubt, was sonst illegal ist» – das Wallis nutzte umstrittene Methoden

Die erste Schweizer Wolfsjagd hat für viel Kritik gesorgt. Nun zeigt sich, dass auch die Jagdmethoden sehr umstritten sind. Doch die rechtliche Situation ist kompliziert.
21.05.2024, 13:33
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Die erste Wolfsjagd seit der neuen Jagdverordnung des Bundesrats endete diesen Januar blutig: Über 50 Wölfe wurden schweizweit erlegt. Alleine im Kanton Wallis wurden 27 der Raubtiere «reguliert».

Dass in so kurzer Zeit so viele Tiere abgeschossen wurden, erstaunte nicht wenige. Während die Behörden davon sprachen, dass die Erwartungen übertroffen wurden, kritisierten Umweltverbände wie WWF, Birdlife, Pro Natura und die Gruppe Wolf Schweiz, dass Bund und Kantone die «Verhältnismässigkeit missachteten».

Schnell wurde aber klar, dass sich die Kantone im rechtlichen Graubereich bewegen, wenn es um die Jagdmethoden geht, die bei den Wölfen angewendet wurden. So berichtete der Tagesanzeiger im Januar, dass im Kanton Wallis umstrittene Hütten für die Wolfsjagd genutzt würden, welche bei der üblichen Jagd verboten sind. Doch das war nicht das einzige verwendete Hilfsmittel, welches sonst illegal ist.

Wölfe mit Hundefutter angelockt

So wurden im Kanton Wallis Wölfe auch mit Hundefutter angelockt, um sie zu töten, wie der Tagesanzeiger in einer Reportage vor Ort feststellte. Unbemerkt blieb dabei aber, dass diese Methode bei der Wolfsjagd illegal ist, wie das Bundesamt für Umwelt auf Anfrage von watson mitteilt: «Nach geltendem Recht ist es verboten, Wildtiere mit Futter anzulocken. Dies gilt auch im Rahmen der Regulation des Wolfsbestands, für welche die Kantone zuständig sind.»

Anders legt der Kanton Wallis den Sachverhalt aus. Die Dienststelle für Jagd, Fischerei und Wildtiere schreibt auf Anfrage, dass das Auslegen von Futter bei der Passjagd auf Kleinraubwild erlaubt sei. Und: «Die Wolfsregulation hat im selben Zeitraum wie die Passjagd auf das Kleinraubwild stattgefunden.»

Wie ein Insider gegenüber watson sagt, sei dies jedoch nur eine Ausrede. Selbstverständlich habe das Futter auch Wölfe angelockt, die getötet wurden. Auch Tierexperte Andreas Moser sagt dazu: «Im Kanton Wallis wurden schon früher, vor dieser Sonderjagd, mindestens zwei Wölfe auf der Passjagd irrtümlich geschossen, ebenso einer in Graubünden. Eigentlich ist diese Passjagd auf Füchse, die auch Wölfe anlockt, absurd: Den Leuten in den Wolfsgebieten wird eingetrichtert, Wölfe ja nicht zu füttern. Aber ausgerechnet die Jäger tun dies mit ihren Futterplätzen.»

Unklare rechtliche Situation

Andreas Moser kritisiert das Vorgehen im Kanton Wallis bei der Wolfsjagd, die er einen «Krieg gegen die Wölfe» nennt. Das sei keine Jagd mehr, das sei Schädlingsbekämpfung. Das Wallis gehe viel rücksichtsloser vor als andere Kantone und setze dazu diverse Jagdregeln ausser Kraft. So seien auch Nachtsichtzielgeräte eingesetzt worden, die nichts mehr mit einer fairen Jagd zu tun hätten. «Es geht nur um die Vernichtung von möglichst vielen Wölfen.»

Tierexperte Andreas Moser, bekannter Kultmoderator der SRF-Sendung «Netz Natur» auf einer Begehung zum Thema Wolf in Matt, Kanton Glarus.
«Bei Wölfen ist alles erlaubt, was sonst illegal ist.»: Andreas Moser.Bild: watson

Er sagt: «Bei Wölfen sind auch Mittel recht, die sonst illegal sind.» Aber nicht nur im Wallis, sondern auch im Tessin würden immer wieder umstrittene Jagdmethoden angewendet. So hatte Moser einen Fuchs beobachtet, dem ein Fuss fehlte, was bei Fallen aus Stahl mit zwei Fangbügeln, sogenannten Tellereisen, typisch ist. Tritt ein Tier darauf, wird es am Bein festgehalten. Manchmal beissen sich die Opfer dann den Fuss ab, um sich zu befreien.

Die umstrittenen Jagdmethoden nicht kommentieren will David Clavadetscher, Geschäftsführer vom Verband Jagd Schweiz. Er sagt zu watson: «Es ist die Aufgabe der Kantone, die Wolfsjagd zu beaufsichtigen, und ich gehe davon aus, dass sie das richtig machen. Sollte jedoch ein Straftatbestand vorliegen, müsste natürlich eine Anzeige eingereicht werden, um den Fall zu untersuchen.»

Kenntnis von den umstrittenen Jagdmethoden hat dafür die Gruppe Wolf Schweiz mit Geschäftsführer David Gerke. Ihn beschäftigt jedoch etwas anderes dabei: «Ich bin erstaunt über die Einschätzung vom Bundesamt für Umwelt wegen des Hundefutters. Denn in den behördlich angeordneten Sonderabschüssen der Wölfe sind keine Einschränkungen bei den Jagdmethoden verfasst.» Wenn es klar illegal wäre, was der Kanton Wallis gemacht habe, hätte die Gruppe Wolf Schweiz bereits Anzeige erstattet. Gerke sagt deshalb: «Es ist eine rechtlich sehr komplizierte Situation.» Wie legal oder illegal die Jagdmethoden nun sind: Für über 50 Wölfe in der Schweiz ist es sowieso schon zu spät.

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131 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DasWölfchen
21.05.2024 05:55registriert April 2023
Geht es um den Wolf, gehen die Emotionen hoch. Vieles liegt daran, dass der Wolf in Märchen als böse beschrieben wird. Solange man Kindern erzählt, dass er „böse“ sei, solange hat dieses Tier keine Chance.
Es gibt keine bösen Tiere. Er ist und bleibt ein Jäger (= Konsument 2./3. Ordnung). Darum frisst er von Zeit zu Zeit mal ein Schaf. Verwerdlich sind die Jäger (Mensch), die glauben Rehe und Gämsen seien nur für sie, darum bekämpfen sie - manchmal auch illegal - Wölfe und Luchse, weil diese die Konkurrenz sind.
Widerliche Jagdtechniken wie Anfüttern (und Schlingfallen) bleiben widerlich!
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Fritz_Forelle
21.05.2024 05:40registriert März 2022
Einfach mal so gefragt, wenn man die Mägen der Wölfe untersucht, was ist zu ~95% drinn? Und nicht Schaf, Ziege und Rind.
Ist es etwa so, dass der Wolf sich von uns verhält wenn es geht? Also, dass er auch bei Wild bleiben würde, wenn man es ihm nicht vor der Nase wegschiesst?

Und dass man ihn trotzdem trifft, Hundefutter. Einfach nur ekelhaft!
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André Izneuk
21.05.2024 06:07registriert August 2019
Das Problem sind nicht die Wölfe, die fressen nur bis der Magen voll ist, Das Problem sind die Subventionen, die die Besitzer erhalten. Einfach logisch ökonomisch denken.
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