Kind fast ertrunken: Junges Paar wird freigesprochen
Die Eltern eines beinahe ertrunkenen Kleinkindes sind freigesprochen worden. Eine vorsätzliche Tat könne ihnen nicht nachgewiesen werden, sagte der Richter am Montag am Bezirksgericht Dielsdorf. Die Eltern zeigten sich immer noch tief betroffen.
Die jungen Eltern aus dem Zürcher Unterland nahm das Ereignis aus dem Frühling 2024 offensichtlich mit. Die Mutter konnte sich am Montag vor Gericht kaum äussern, ohne Tränen unterdrücken zu müssen. Auch der Vater sprach mit belegter Stimme. Dass ihr Kind beinahe in der Badewanne ertrunken war, bezeichneten sie als Tragödie, als schrecklichen Unfall. Nie würden sie ihre Kinder bewusst in Gefahr bringen, betonten sie.
Die Staatsanwaltschaft hatte die beiden per Strafbefehl zu bedingten Geldstrafen und Bussen verurteilt. Das Paar focht diese aber mithilfe von zwei Anwälten an, darum kam es zum Prozess in Dielsdorf.
Als sie vom Rauchen kamen, war das Kind bewusstlos
Laut Anklage liess das Paar im Frühling 2024 seine beiden Kleinkinder in der Badewanne – bei laufendem Wasser. Sie seien für einige Minuten auf den Balkon gegangen, um zu rauchen.
Bei der Rückkehr fanden sie das jüngere, sechs Monate alte Kind auf dem Bauch treibend bewusstlos vor. Die Beschuldigte konnte ihr Kind durch Wiederbelebungsmassnahmen retten.
Bei der Polizei hatte die Frau laut dem Richter einmal ausgesagt, dass sie den Stöpsel nicht eingesteckt hatte, aber das ältere Kind schon gewusst habe, wie man diesen einsteckt. Ihren Aufenthalt auf dem Balkon habe sie einmal mit wenigen Sekunden, dann mit höchstens zwei Minuten angegeben.
Vor Gericht äusserten sich die Beschuldigten nicht mehr zum Sachverhalt. Sie anerkannten aber, dass die Kinder kurz alleine in der Badewanne sassen, als die Eltern auf dem Balkon waren. Auch, dass sie das jüngere Kind wiederbeleben mussten, bestätigten sie.
«Wir können uns den Unfall bis heute nicht erklären. Wir lieben unsere Kinder über alles», sagte der Mann. Seine Frau ergänzte, dass sie mit dem Thema abschliessen wolle. «Wir sind doch gar nicht so. Wir sind eine glückliche, lustige Familie», sagte sie mit tränenunterdrückter Stimme.
Falscher Straftatbestand
Die Staatsanwaltschaft klagte den Straftatbestand Aussetzung an. Dabei geht es um eine Täterschaft, die eine hilflose Person einer Gefahr aussetzt.
Die Staatsanwaltschaft habe damit den falschen Straftatbestand angeklagt, sagte der Richter bei der Urteilseröffnung. Allenfalls hätte sie den Eltern eine Fahrlässigkeit vorwerfen können.
«Bei der Aussetzung hätten Sie bewusst eine Gefahr schaffen und sich damit abfinden müssen, dass etwas passiert», erklärte der Richter. Das Verhalten der Eltern könne aber nur als Unvorsichtigkeit gewertet werden. Nach Aussage der Mutter war der Stöpsel der Badewanne offen, als das Wasser lief und sie das Badezimmer verliess.
Emotionale Reaktion
Das Ereignis belaste die Eltern stark, meinte der Richter. Das Gericht verzichte darum auch auf eine Rückweisung an die Staatsanwaltschaft. In dem Fall hätte diese die Möglichkeit gehabt, ein Fahrlässigkeitsdelikt anzuklagen.
Das junge Paar nahm das Urteil emotional auf, der Richter wünschte ihnen ein «gutes Gedeihen der Kinder». Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft könnte sie ans Obergericht weiterziehen.
Kritik an Untersuchung
Die Verteidiger forderten zuvor Freisprüche. Ein vorsätzliches Delikt sei nie zur Sprache gekommen. Der Verteidiger des Ehemannes sagte zudem, dass dieser gar nicht am Badevorgang beteiligt gewesen sei. Er habe sich 20 Minuten auf dem Sofa befunden, als seine Frau aus dem Bad gekommen sei. Als er auf dem Balkon den laufenden Wasserhahn hörte, sei er sofort ins Badezimmer geeilt.
Beide Verteidiger bemängelten Fehler in der Untersuchung. Das Ereignis habe das Ehepaar schwer getroffen. «Sie sind schon genug bestraft, das Gericht kann auf eine Verurteilung verzichten», sagte der Verteidiger des Mannes. Die Eltern hätten korrekt reagiert, als sie den Fehler bemerkten. Die Frau habe das Kind reanimiert, der Mann die Ambulanz gerufen.
Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung. (sda)
