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Prozess gegen Travis the Creator: Influencer nicht vor Gericht erschiene

Travis the Creator
Ein Bild von Influencer Travis the Creator, welches er auf Instagram postete. Bild: Instagram

Prozess gegen Zürcher Influencer – Travis the Creator ist nicht vor Gericht erschienen

25.03.2025, 22:2925.03.2025, 22:29
Nina Bürge
Nina Bürge
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Travis the Creator: unter diesem Namen kennt man den selbsternannten Zürcher Influencer. Er schmeisst Partys, posiert mit Promis und hatte einst 50'000 Follower auf Instagram. Ein Leben zwischen Luxus und langen Nächten. Doch all das hat in den letzten Monaten ein rasantes Ende genommen. Ihm werden sexuelle Nötigung und mehrfache Vergewaltigungen vorgeworfen. Gestern hätte er vor Gericht erscheinen müssen, was er nicht ist.

Doch von vorne:

Travis' Leben vor Social Media

Der gebürtige Ghanaer wurde nicht etwa im Rampenlicht geboren. Er lebte die ersten Jahre seines Lebens in Ghana bei seiner Grossmutter. Mit sieben Jahren zog er zu seiner Mutter nach Zürich, da diese einen Schweizer geheiratet hatte. Später wurde er in einer Pflegefamilie untergebracht. Bevor er als Influencer durchstartete, wollte er Koch werden. Doch er verlor seine Lehrstelle. Daraufhin baute er sich zwischen den Jahren 2014 und 2019 als Mode-Influencer in Zürich eine Community auf.

Wie Travis zum Influencer wurde

Im Alter von 18 Jahren hatte er bereits eine Kleidermarke gegründet. Er hatte zeitweise über 50'000 Follower auf Instagram und seinen ersten Kleiderladen im Zürcher Hürlimann-Areal eröffnet. Er verteilte seine T-Shirts an Promis wie Snoop Dogg und Persönlichkeiten aus der Schweizer Fusballnati gingen in seinem Kleiderladen ein und aus.

Travis mit FCZ-Spieler Benjamin Mendy.
Travis mit FCZ-Spieler Benjamin Mendy.Quelle: Instagram

Neben seinem Engagement auf Social Media arbeitete er mit einem Geschäftspartner zusammen als Concierge. Er organisierte Partys und sorgte dafür, dass seine Auftraggeber von gut aussehenden Frauen umgeben waren. Mit der Zeit begann er auch Luxusferien zu organisieren. Sein Hauptziel war die spanische Stadt Marbella. Über Instagram liess er seine Follower teilhaben.

Während Travis im Sommer 2024 in Marbella Partys mit den Namen «Don't be shy» lancierte, wartete in der Schweiz ein Gerichtsprozess auf ihn.

Von den Partys in den Gerichtssaal

Bereits 2021 stand Travis das erste Mal vor Gericht, damals vor dem Berzirksgericht Bülach. Er wurde wegen Schändung schuldig gesprochen und entkam nur knapp einem Landesverweis. Denn Travis besitzt keinen Schweizer Pass.

Der «Tages-Anzeiger» hat über die vergangenen drei Jahre recherchiert und mit Betroffenen gesprochen. Begonnen hat das Ganze mit dem Instagram-Account «travisthecreator_scammer». Dahinter steckt ein junger Mann, dem Travis mutmasslich Geld schuldet (von den Tamedia-Journalisten wird der Mann «Mark» genannt). Daraufhin meldeten sich weitere Nutzer, denen Travis mutmasslich Geld schuldete, aber auch Frauen, die von Travis missbraucht wurden. Mark postete die Nachrichten der Frauen, worauf sich immer mehr bei ihm meldeten. Die Frauen schilderten von unerwünschten Berührungen und sexuellen Übergriffen.

Travis habe auch seine Modemarke benutzt, um Frauen, die in die Modelbranche einsteigen wollten, zu sich einzuladen. Er habe sie zu Fotoshootings eingeladen und sie dort missbraucht, wie eine der Betroffenen dem Instagram-Account von Mark berichtet.

Mark hat laut dem «Tages-Anzeiger» innerhalb von 4 Tagen Nachrichten von 17 verschiedenen Frauen erhalten. Sie alle berichteten von sexuellen Übergriffen. Er meldete dies der Polizei, die ihn daraufhin dazu zwang, alle Posts zu löschen. Sechs der betroffenen Frauen haben sich anschliessend an die Polizei gewendet und Anzeige gegen Travis erstattet. Einige davon sprachen auch mit den Tamedia-Journalisten im Rahmen ihrer Berichterstattung zum Fall von Travis.

Wieso der Prozess verschoben wird

Nun hätte Travis gestern, am Montag, dem 24. März 2025, vor dem Bezirksgericht Zürich erscheinen sollen. Sieben Frauen zeigten ihn wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung an. In sechs Fällen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den 30-Jährigen. Im aktuellen Verfahren wird er wegen sexuellen Übergriffen an fünf Frauen und in vier Fällen wegen mehrfacher Vergewaltigung angeklagt. Es gilt die Unschuldsvermutung. Nun wird der Prozess jedoch verschoben.

Bereits Ende Februar 2025 soll Travis ein Gesuch eingereicht haben, um den Prozess zu verschieben, damals wegen der prominenten Berichterstattung des «Tages-Anzeigers». Das Gericht hatte das Gesuch jedoch abgelehnt und das Prozessdatum Mitte März belassen.

Travis soll sich zur Zeit in Spanien aufhalten. Von dort aus habe er ein «ärztliches Zeugnis» von einem spanischen Psychiater eingereicht, das ihm Verhandlungsunfähigkeit attestiert, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Die Parteien müssen nun einen Anschlusstermin finden, um den Prozessbeginn zu verschieben. Wann dieser sein wird, ist noch nicht klar.

Was die Junge SVP damit zu tun hat

Nachdem bekannt wurde, dass das Zürcher Bezirksgericht einen neuen Termin für den Prozess festlegen muss, schrieb die Vorsitzende der Jungen SVP Kanton Zürich, Naemi Dimmeler, einen offenen Brief an die Justizdirektorin des Kanton Zürich, Jacqueline Fehr. In diesem schreibt sie:

«Während Frauen und sogar Mädchen auf Gerechtigkeit warten, kann sich ein verurteilter Sexualstraftäter ungehindert ins Ausland absetzen und sich dem Prozess entziehen.
Das ist an Absurdität nicht zu übertreffen.»

Sie stellt auch in Frage, wieso das Arztzeugnis nicht von einem Schweizer Psychiater überprüft werden müsse. In der Verfügung der letzten Woche schreibt das Bezirksgericht Zürich, dass kein Anlass bestehe, an dem Arztzeugnis und der darin vermerkten Verhandlungsunfähigkeit zu zweifeln. Die Medienstelle der Justizdirektion des Kanton Zürich schreibt auch, dass Jacqueline Fehr die falsche Adressatin für diesen Fall sei.

Am Schluss des offenen Briefes fordert die Junge SVP die Auslieferung des Influencers an die Schweiz. Für eine Ausslieferung von Travis the Creator müsste die Schweiz einen Internationalen Haftbefehl ausstellen. Dies wäre der Fall, falls das Gericht dem Arztzeugnis des spanischen Psychiaters keinen Glauben schenken würde. Das tut das Gericht jedoch.

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46 Kommentare
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Fritz Spitz
25.03.2025 22:36registriert Juli 2014
Dieser Typ darf nicht ungeschoren davonkommen, ein internationaler Haftbefehl sollte nochmals geprüft werden.
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Huhuuu
25.03.2025 22:43registriert April 2024
Das erste Mal, dass ich eine Aktion der Jungen SVP gut finde.
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Tschowanni
26.03.2025 01:43registriert Oktober 2015
Wenn ein beeinträchtigter Mensch IV beantragen will, zwei ärztliche Gutachten auf den Tisch legt, wird doch ich erstmal an der Kompetenz und Richtigkeit dieser gezweifelt. Und das jahrelang über x Instanzen. Hier aber besteht kein Anlass an einem Attest aus Spanien zu zweifeln? Verkehrte Welt. Der Täterschutz hat absurde Formen angenommen.
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