Erfunden wurden sie angeblich in Japan, aber im Westen werden sie ebenfalls immer beliebter: Sogenannte «Vagina Sticks», zigarrenförmige Stäbe, die Frau in die Scheide einführen kann. Zweck der Sticks ist, so verspricht es zumindest die Werbung, die Bereicherung des Sexlebens. Mit anderen Worten: Es geht um Lustgewinn. Nicht direkt allerdings – die Lust soll vielmehr daraus entstehen, dass die Sticks die Vagina straffer und damit enger machen.
Nicht so harmlos, wie er aussieht: Vaginalstab. nuru-guru.com
«Fühl dich wieder eng und begehrt!», so lautet der Imperativ auf der Website eines Herstellers. Das macht deutlich, dass Frau die knapp 40 Dollar für einen solchen Stick nicht nur für ihr eigenes Wohl ausgibt – sondern vor allem für dasjenige ihres Partners.
«Trockener Sex»
Im subsaharischen Afrika ist die Sexualpraktik des sogenannten «trockenen Sex» weit verbreitet. Dabei führt sich die Frau ein Pulver – oft handelt es sich um zerriebene Kräuter, manchmal aber auch um Sand oder sogar Aluminiumhydroxid – in die Vagina ein, das deren Sekret bindet. Die schädliche Praxis führt dazu, dass sich beim Geschlechtsverkehr die Reibung erhöht, was für manche Männer einen Lustgewinn bringt, für die Frauen aber mit erheblichen Schmerzen verbunden ist. Durch Verletzungen der Scheidenhaut, manchmal aber auch der Eichelhaut, nimmt die Gefährdung durch Krankheitserreger – beispielsweise HIV – drastisch zu.
Eine «einzigartige Kombination von indonesischen Kräutern und Extrakten» – so versprechen die Hersteller, die ihr Produkt über Online-Shops wie Amazon vertreiben – soll die Straffung des weiblichen Geschlechtsorgans herbeiführen. Einfach den Stab eine halbe oder eine Viertelstunde vor dem Sex einführen, und in zwei Minuten stelle sich der gewünschte Effekt ein.
Obendrein werde die Scheide – weil die Sticks ihr die natürliche Feuchtigkeit entziehen – zugleich «gereinigt» und «revitalisiert». Nicht genug damit: Die Dinger sollen auch vaginalen Ausfluss «reduzieren oder komplett eliminieren». Auf keinen Fall soll der Stab länger als zwei Minuten in der Scheide bleiben, andernfalls trockne sie zu sehr aus.
Schmerzhafter Sex
Solche Versprechungen lassen Jen Gunter die Haare zu Berge stehen. Die kanadisch-amerikanische Gynäkologin warnt auf ihrem Blog ausdrücklich vor den vermeintlichen «Wunderstäben»: Methoden, um die Vagina trockener zu machen, begünstigten die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten – ganz abgesehen davon, dass sie Sex für die Frau schmerzhaft machten.
Zigarrenförmige «Vagina Sticks» eines anderen, offenbar indonesischen Herstellers. Bild: Etsy
«Im Lauf der Zeit erwischt die Schwerkraft uns alle auf irgendeine Art», stellt Gunter fest. So könne auch eine Vagina sich mit der Zeit etwas schlaffer anfühlen. Das sei aber kein Problem und vermindere das sexuelle Empfinden der Frau in keiner Weise. Sollte es beim Sex dennoch Schwierigkeiten geben, dann sei Beckenbodentraining die beste Therapie. Diese Methode verhelfe zu einer besseren Kontrolle beim Sex und zu stärkeren Orgasmen.
Ätzende Chemikalien
«Wenn der japanische Vaginalstab nur zwei Minuten lang eingeführt werden darf, dann beruht seine Wirkung ziemlich sicher auf dem ätzenden Effekt von Chemikalien», schreibt Gunter. Das sei etwa so, als würde man seine Hände immer wieder waschen, bis sie völlig ausgetrocknet, rissig und blutig wären, und das in nur zwei Minuten.
«Eine gesunde Scheide ist perfekt in der Lage, sich selber sauber zu halten», fährt die Gynäkologin fort. Ausscheidungen gehörten zu diesem Reinigungsprozess. Trockenheit führe zwar dazu, dass sich die Vagina enger anfühle, aber gesund sei dies mit Sicherheit nicht. «Scheiden sollten feucht und elastisch sein. Das macht einen Teil des Vergnügens aus.» (dhr)