Rund zwei Wochen vor den Wahlen winkt der SVP ein Triumph. Die watson-Wahlbörse sagt der Partei plus 1,8 Wählerprozent voraus, das SRG-Wahlbarometer plus 2 Prozent und die Tamedia-Wahlumfrage sogar plus 3,1 Prozent.
Interessant: Davon profitiert ausgerechnet die politische Gegnerin SP. Zumindest was die Parteispenden angeht. Gemäss Zahlen, die watson vorliegen, verzeichnet die SP in den vergangenen 40 Tagen einen regelrechten Geldregen.
Und der ist so gross, dass die Partei bei der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK eine Nachmeldung machen musste für das Budget zu den Wahlen.
Konkret: Vom 25. August bis 4. Oktober 2023 nehmen die Sozialdemokraten über 1 Million Franken ein.
Oder ausgeschrieben: 1'004'661,51 Franken.
Der Steigerung ist augenfällig: Jetzt beträgt das SP-Wahlkampfbudget bereits rund 2,3 Millionen Franken.
Zum Vergleich: 2019 hatte die Partei im gleichen Zeitraum nur halb so viel via Spenden eingenommen, wie sie gegenüber watson offenlegt.
Woran liegt das?
Ein Grund dürfte – wie eingangs erwähnt – der angekündigte Wahlsieg der SVP sein.
Diesen nutzt die SP gezielt aus, um ihre Basis im Endspurt zu mobilisieren. Das zeigen die Screenshots mehrerer SP-Newsletter.
Bereits der Betreff lautet: «Neuste Umfrage: SVP könnte gewinnen». Im Mail selber heisst es fett geschrieben: «Gemeinsam können wir den SVP-Wahlsieg abwenden und die soziale Schweiz stärken!»
Oder, Auszug aus einem weiteren Newsletter:
Ist es nicht störend, dass die Mobilisierung der Wähler am erfolgreichsten ist, wenn mit dem Finger auf den politischen Gegner gezeigt wird? Wenn die eigenen Kernthemen weniger mobilisieren?
Meyer sieht darin kein Problem: «Ein SVP-Wahlsieg macht sehr vielen Leuten und auch mir grosse Sorgen», sagt die Co-Chefin. Die SVP pflege immer offener Beziehungen zu straffälligen, antisemitischen Rechtsextremen.
Es wäre ein verheerendes Zeichen, wenn die SVP damit erfolgreich wäre, so Meyer. «Gleichzeitig sind wir überzeugt, dass die Wählerinnen und Wähler wissen, wofür sich die SP einsetzt: für Gleichstellung, Klimaschutz und Kaufkraft aller, die nicht über Millionensaläre verfügen.» Die Menschen würden mit einer Spende ein Zeichen setzen wollen für eine soziale Schweiz.
Und weiter: «Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, wenn es darum geht, beim Klimaschutz und der Gleichstellung voranzukommen und endlich Massnahmen gegen explodierende Krankenkassenprämien zu ergreifen».
Ein Wahlsieg der SVP wäre zum Beispiel im Klima-Bereich absolut verheerend, sagt Meyer weiter, «weil die Partei am liebsten gar nichts machen würde und einige Exponenten den Klimawandel sogar leugnen.»
Wie erfolgreich die Mobilisierung ist, zeigt ein Blick auf die detaillierten Zahlen der eingegangen Spenden: Allein in den letzten 40 Tagen hat die SP 12'408 einzelne Spenden erhalten.
Dabei gibt es in den einzelnen Tagen grosse Schwankungen. Allein am Rekordtag, dem 18. September, wurden der SP 94'451 Franken gespendet. Am anderen Ende der Skala liegt der 2. September mit «nur» 218 Franken.
Die Durchschnittsspende beträgt 80 Franken. Die tiefste Spende liegt bei 50 Rappen, diese wurde einmal getätigt. Die höchste Spende liegt bei 5000 Franken, dieser Betrag ging dreimal ein.
Dazu sagt SP-Co-Präsidentin Meyer: «Es macht Mut zu sehen, wie viele Leute auch kleine Beträge von 20, 30 oder 50 Franken spenden.»
Die Motivationen seien wohl verschieden: «Einige spenden wegen dem drohenden Rechtsrutsch, andere wegen unserem Einsatz für den Klimaschutz und die dritten, um uns als Gleichstellungspartei zu stärken.»
Viele Leute haben sogar ganz tiefe Beträge gespendet. In der nächsten Grafik siehst du die Aufschlüsselung der Spenden unter zehn Franken.
1. Gleichstellung
2. Klimawandel
3. Kaufkraft
Ich denke, dass der Normalbürger diese 3 Themen genau umgekehrt priorisiesen würde
Was ich mich frage: Bringt Marketing in der Politik tatsächlich so viel, wie sich die Parteien erhoffen? Werden Kandidaten, die von mehr und grösseren Plakaten lächeln, öfter gewählt? Ich habe zumindest den Eindruck, dass ich mich nicht von Plakaten leiten lasse. Deshalb habe ich das Gefühl, dass es am meisten bringt, Probleme anzusprechen und damit in die Medien zu kommen. Schön wäre es natürlich, wenn es am besten wäre, Lösungen vorzuschlagen.