Sport

Fünfkämpferin Schleu wehrt sich: «Bin mir keiner Tierquälerei bewusst»

210806 -- TOKYO, Aug. 6, 2021 -- Annika Schleu of Germany reacts in the riding portion of the women s individual of Modern pentathlon, moderner Fünfkampf at Tokyo 2020 Olympic Games, Olympische Spiele ...
Die Bilder, die eine hitzige Diskussion auslösten: Annika Schleu sitzt weinend auf Saint Boy, als dieser seinen Dienst verweigert.Bild: IMAGO / Xinhua

Kaum vom Pferd gestiegen, kam der Shitstorm: «Das zog mir den Boden unter den Füssen weg»

12.08.2021, 13:3312.08.2021, 14:05
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Die Bilder der in Tränen aufgelösten Annika Schleu gingen um die Welt. Die deutsche Fünfkämpferin lag bei den Olympischen Spielen in Tokio in Führung, ehe das ihr zugeloste Pferd «Saint Boy» seinen Dienst verweigerte und Schleus Wettkampf vorzeitig beendete.

Aufgrund der Aussagen ihrer Bundestrainerin und der Tatsache, dass Schleu das Pferd mit einer Gerte schlug, prasselte bald ein Shitstorm über die 31-Jährige ein. Mit der «Zeit» hat Schleu nun erstmals über die Vorfälle in Tokio und der daraus entstandenen Debatte gesprochen.

Das sagt Annika Schleu über …

… den Vorwurf der Tierquälerei:

«Es gibt Menschen, die empfinden Reitsport prinzipiell als Tierquälerei. Wenn jemand diese Einstellung hat, ist das sein gutes Recht. Schwierig finde ich diejenigen, die gar nichts gegen den Reitsport haben, sich auskennen und jetzt so tun, als hätte ich etwas Böses getan. Ich habe das Pferd nicht extrem hart behandelt. Ich hatte ein Gerte dabei, die vorher kontrolliert wurde. Genauso wie die Sporen. Ich bin mir wirklich keiner Tierquälerei bewusst.»

… die Probleme mit Saint Boy:

«Saint Boys ersten Durchgang mit der Russin habe ich mir angeschaut. Ich beobachtete, wie das Pferd immer wieder in der Ecke kurz vor dem Ausgang des Parcours kleben blieb. Daraufhin fragte ich meine Bundestrainerin, ob ich ein Ersatzpferd nehmen dürfe. Diese Bitte wurde jedoch vom Weltverband abgelehnt, es hiess, ein Tausch sei nur dann möglich, wenn der Tierarzt eine Verletzung feststellt. Der Arzt kümmerte sich um den körperlichen Zustand, leider nicht um den emotionalen. Als er sagte, alles sei okay, war klar, dass ich auf diesem Pferd reiten muss. Ich kann die Kommentare verstehen, es wäre besser gewesen, wenn ich das Pferd in Ruhe hätte reinführen können oder sogar noch mal rausgehen, beruhigen, loben. Diese Möglichkeiten habe ich aber nicht unter Wettkampfbedingungen. Da zählt jede Sekunde.»

Nicht nur Schleu hatte Mühe

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… die Möglichkeit, anders zu reagieren:

«Ich hätte ein wenig ruhiger und besonnener reagieren können. Man hat bloss in der Wettkampfsituation, in dem Stress, nicht so viel Zeit. Und ich hätte eventuell früher sagen können, okay, es hat einfach keinen Wert.»

… den unmittelbaren Shitstorm:

«Als ich vom Pferd gestiegen bin, hat meine Smartwatch unaufhörlich vibriert. Ich dachte, es sei meine Familie, die gesehen hat, was sich abspielt. Aber es waren Nachrichten, ich sah erste Emojis und derart verletzende Satzfetzen, dass es mir den Boden unter den Füssen weggezogen hat.»

Mehr zum Fall Schleu:

… ihre Reaktion darauf:

«Ich habe mit meiner Sportpsychologin zu Hause telefoniert, auf meine eigene Initiative hin, und ich war froh, dass sie sich am Wochenende Zeit für ein Telefonat genommen hat. Ich werde mich weiter mit ihr unterhalten. Ich befürchte, wenn man einmal so etwas erlebt hat wie ich, ist es sehr schwer, sich davon zu erholen.»

… die Reaktion des Verbands:

«Vom Weltverband wurde ich auf jeden Fall allein gelassen. Präsident Klaus Schurmann hat nicht einmal mit mir gesprochen, ich kenne nur die Pressemitteilungen. Aber von meinem Verband, dem Deutschen Olympischen Sportbund und von meinen Fünfkampf-Kollegen aller anderen Nationen wurde ich unterstützt. Das tat mir gut.»

… die Worte und Schläge ihrer Trainerin:

«Dass sie von aussen mit der Hand eingegriffen haben soll, habe ich überhaupt nicht mitbekommen. Auf ihre Zurufe habe ich reagiert und zurückgerufen: ‹Mache ich ja!› Aber in dem Mass, wie ich es für richtig hielt.»

… Regeländerungen, die sie vorschlagen würde:

«Die Regel, ab wann man einem Pferd nicht mehr zumutet, noch mal in den Parcours zu gehen. Der grösste Fehler war, Saint Boy nicht auszutauschen. Bei der Vorstellung der Pferde sollte mehr darauf geachtet werden, wie sie über den Parcours gehen. Ich hatte vor meinem Wettkampf ein Video von Saint Boy gesehen. Ich dachte: Das sieht aber überhaupt nicht harmonisch aus! Das Pferd trug auch bei der Besitzerin den Kopf immer extrem hoch. Das bedeutet, es wehrt sich.»
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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Michele80
12.08.2021 14:58registriert April 2019
Als Reiterin hier ein kleiner Tipp, was angebracht gewesen wäre: Hand heben, absteigen, rausführen.
Ende.
Nichts anderes. Das macht man als korrekter Reiter, egal ob man in Hinterpfutzigen einen Reiterwettbewerb reitet oder Grand Prix. Sobald man merkt, dass man das Pferd mit dem Gefragten überfordert, verzichtet man. Leider hat der Moderne 5-Kampf nicht viel mit Reiten zu tun...
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Licorne
12.08.2021 13:48registriert Januar 2014
Und dennoch hat sie penetrant versucht, das Ganze durchzuziehen. Dies mit dem Wissen, wie sehr nicht nur sie, sondern auch das Pferd leidet. So etwas ist unverantwortlich und dafür hat sie bestimmt eine gewisse Schelte verdient.

Wenn sie nach 30 Sekunden abgestiegen wäre, wäre sie als Pferdeflüsterin bejubelt worden. Sie hätte sich das alles selbst ersparen können.

Aber schlussendlich hat sie sich ja auch nur an die Regeln gehalten. Somit müssen die Regeln geändert werden. Kein Springreiten mehr im 5-Kampf und allgemein an Olympischen Spielen!
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Lol28
12.08.2021 15:33registriert April 2021
Das Pferd war bereits nach dem Ritt mit der Russin mit den Nerven am Ende. Daher ist es unverantwortlich von der Wettkampfleitung und den Tierärzten gewesen, so ein Pferd noch Mal auf den Parkour zu schicken! Auch von dieser Seite her benötigt es dringend mehr Rücksicht auf die Tiere!
Irgendwie verstehe ich Annika Scheu auch. Als Sportlerin mit Aussicht auf Gold versucht man einfach, irgendwie noch das beste aus so ner Besch**** Ausgangslage zu machen.
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