Noè Ponti war sehr ruhig während der Siegerehrung. Er genoss es einfach, endlich auch auf der Langbahn eine WM-Medaille gewonnen zu haben, und dies erst noch auf einer olympischen Strecke, gehört doch 50 m Delfin 2028 in Los Angeles zum ersten Mal zum Olympia-Programm. Der 24-jährige Tessiner stand nun an sämtlichen internationalen Meisterschaften (WM und EM) sowohl auf der Lang- als auch auf der Kurzbahn auf dem Podest. Dazu kommt Olympia-Bronze 2021 in Tokio über 100 m Delfin.
Noch spezieller machte den Erfolg für Ponti, dass er ihn mit zwei Freunden teilen konnte: mit dem französischen Sieger Maxime Grousset und dem Italiener Thomas Ceccon. Mit letzterem verbrachte er schon Ferien. Zudem sei die französische Hymne auch ziemlich gut, sagte Ponti gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Allerdings nahm er auch das Wort «bittersüss» in den Mund, da ihm lediglich drei Hundertstelsekunden zur ersten WM-Goldmedaille für einen Schweizer Schwimmer fehlten. Deshalb sprach er von einem fast perfekten Rennen - mit 22,51 Sekunden verbesserte er den eigenen Schweizer Rekord aus dem letzten Jahr um 14 Hundertstel.
Bis kurz vor Schluss sah Ponti nach einem guten Start und einer einmal mehr fantastischen Unterwasserphase wie der Sieger aus, doch hatte Grousset, der die persönliche Bestzeit vom Vortag um 13 Hundertstel steigerte, einen besseren Anschlag. Grousset und Ponti nehmen in der ewigen Bestenliste über 50 m Delfin nun die Ränge 4 respektive 5 ein, was unterstreicht, auf welchem Niveau die beiden um Gold kämpften. Sämtliche acht Finalisten schwammen unter 23 Sekunden, was es noch nie gab.
Ponti war weniger nervös als vor dem Halbfinal, in dem Grousset ebenfalls schneller gewesen war. «Ich habe nun mehr Erfahrung», sieht er den grössten Unterschied im Vergleich zu früheren Jahren. Er schafft es, trotz vollem Fokus auf das Rennen die nötige Lockerheit zu haben. Im Call Room vor dem Final waren er und Ceccon die Einzigen, die sprachen.
Pontis Trainer Massimo Meloni war trotz des nicht perfekten Anschlags mehr als zufrieden mit seinem Schützling. Er verglich die 50 m Delfin mit Roulette. Was macht Ponti so aussergewöhnlich? «Noè ist Noè.» Er sei im Vergleich zu einem normalen Schwimmer ein Hai, sagt Meloni und fährt fort: «Warum hat der Trainer von Phelps nicht einen anderen Phelps hervorgebracht? Weil es nur einen Phelps gibt. Noè hat ein natürliches Talent fürs Schwimmen.» Dazu kommt das harte Training, und Ponti hat aus Fehlern gelernt, macht einen solchen in der Regel nur einmal.
Da Ponti in diesem Jahr auf die 200 m Delfin, die er gar nicht gerne schwimmt, verzichtet, kann er sich fortan voll und ganz auf die 100 m Delfin konzentrieren. Die Vorläufe und der Halbfinal finden am Freitag statt, der Final am Samstag. Da er nun bereits eine Medaille gewonnen habe, könne er das Ganze mit etwas mehr Leichtigkeit angehen, sagt Ponti. Er erwartet erneut einen «sehr, sehr knappen» Ausgang. Grousset wurde 2023 über 100 m Delfin Weltmeister.
«Es wird Spass machen», so Ponti. Er ist überzeugt, dass diesmal eine bessere Klassierung herausschauen wird als an den Olympischen Spielen in Paris, wo er Vierter wurde. Auf jeden Fall spricht vieles für ein weiteres packendes Duell. (riz/sda)