Wir haben vor einigen Tagen die beste WM seit der Coronavirus-Pandemie angekündigt. Hat sich das bewahrheitet? In der Schweizer Gruppe sind mehr Top-Teams, dafür sind diese vielleicht etwas schwächer besetzt.
Ist Jordan Binnington ein NHL-Star? Seitdem er 2019 mit den St.Louis Blues den Stanley Cup gewonnen hat, ging die Karriere des Torhüters auf und ab. Die vergangene NHL-Saison war aber seine beste seit dem grossen Triumph. Mit einer durchschnittlichen Fangquote von 91,3 Prozent und guten Leistungen hinter einem Team mit grossen Problemen hätte Binnington wohl gar eine Nomination zum besten Torhüter der NHL verdient gehabt. Diese wurde ihm vorenthalten, nun versucht er stattdessen, sein erstes WM-Gold zu holen.
Ergänzt wird Binnington von Joel Hofer, seiner guten Nummer 2 aus St.Louis, sowie Nico Daws, der in New Jersey ähnliche Probleme hatte wie Akira Schmid.
Bewertung: ⭐⭐⭐⭐
Die kanadische Verteidigung ist dieses Jahr eine Mischung aus jungen Talenten und erfahrenen NHL-Stammspielern. Richtige Stars sind allerdings nicht dabei. Die Routiniers Damon Severson, Colton Parayko und Jamie Oleksiak werden eher für defensive Stabilität sorgen, während die jüngeren Bowen Byram und Owen Power sich auch gerne in den Angriff einschalten.
Bewertung: ⭐⭐⭐
Der grösste Name im kanadischen Sturm hat lustigerweise erst eine NHL-Saison hinter sich: Connor Bedard. Mit fast einem Punkt pro Spiel in seiner Rookie-Saison hat sich der 18-Jährige schon als Star etabliert. Unterstützt wird er in Tschechien von Routiniers wie Jared McCann, Michael Bunting oder Andrew Mangiapane.
Zwei interessante Youngster opferte Team Canada kurzfristig: Macklin Celebrini, der baldige Nummer-1-Draft, und Columbus-Rookie Adam Fantilli wurden nach Hause geschickt. Dafür haben Nick Paul und Brandon Hagel die Reise nach Prag auf sich genommen. Hagel ist ein genialer Alleskönner, während Paul ein kräftiger Powerstürmer (193 cm / 102 kg) ist.
Bewertung: ⭐⭐⭐⭐
Harri Säteri hat Finnland schon zu Olympiagold gehext und auch schon eine WM-Goldmedaille gewonnen. Gut möglich, dass ihm Ahnliches nochmals gelingt, schliesslich hat er auch in Biel sein Können wieder die ganze Saison gezeigt. Klar ist aber auch: Auf seinen Lorbeeren ausruhen kann sich Säteri nicht. Seine Konkurrenten haben bei ihren jeweiligen Klubs in Schweden ebenfalls ein gutes Jahr hinter sich. Finnland wird also auf einen guten Goalie zählen können, egal wer zwischen den Pfosten steht.
Bewertung: ⭐⭐⭐
Wie so oft wird Finnland aus einer grundsoliden Verteidigung agieren, deren oberstes Ziel nicht offensive Beiträge sind, sondern hinten nichts reinzulassen. Wenn zwei der finnischen Verteidiger vorne etwas beitragen, werden es wohl Vili Saarijärvi von den SCL Tigers oder Mikko Lehtonen von den ZSC Lions sein. NHL-Routinier Olli Määttä sorgt mit seiner Erfahrung und Statur (188 cm / 95 kg) für Stabilität und Ruhe.
Bewertung: ⭐⭐⭐
Der grösste Name im finnischen Angriff ist Mikael Granlund. Der flinke Flügelstürmer hat eine gute Saison hinter sich und sammelte bei den wirklich miserablen San Jose Sharks trotz mangelnder Mithilfe 60 Skorerpunkte. Dahinter ist das Trio mit Patrik Puistola, Pekka Jormakka und Konsa Helelnius besonders gefährlich. Sie spielten gemeinsam beim finnischen Klub Jukurit eine gute Saison und sind wohl bestens eingespielt.
Bewertung: ⭐⭐⭐
Wie gut die Tschechen auf der Goalieposition dieses Jahr aufgestellt sind, zeigt sich an der Tatsache, dass es für ZSC-Meistergoalie Simon Hrubec keinen Platz mehr hatte. Mit Lukas Dostal, Petr Mrazek und Karel Vejmelka kann Trainer Radim Rulik auf drei NHL-Torhüter zählen. Dass alle drei eher mässige Statistiken aufweisen, liegt vorwiegend daran, dass sie bei drei der schlechtesten Teams der Liga spielen. Aber gerade Mrazek kann hinter den mehrheitlich miserablen Chicago Blackhawks auf eine solide Saison zurückblicken.
Bewertung: ⭐⭐⭐⭐
Viele bekannte Namen in der tschechischen Verteidigung: Michal Kempny, Tomas Kundratek oder Jakub Krejcik sind WM-Stammgäste. Sie werden verstärkt durch die NHL-Haudegen Radko Gudas und Jan Rutta. Beide sind erfahren und bringen viel Härte ins Spiel ein, sind aber keine spielerischen Genies. Der absolute Star fehlt den Tschechen hier.
Bewertung: ⭐⭐⭐
Tschechien hat das Pech, dass seine besten NHL-Stürmer wie David Pastrnak, Martin Necas oder Pavel Zacha noch in den Stanley-Cup-Playoffs engagiert sind. So muss Nationaltrainer Radim Rulik an der Heim-WM auf mehrheitlich in Europa tätige Stürmer zurückgreifen, ergänzt von einigen NHL-Spielern. Ondrej Palat von den New Jersey Devils wird genau wie Torontos David Kämpf oder Roman Cervenka von den Lakers in allen Zonen eine Leaderrolle übernehmen. Die Tore sollen hingegen von Dominik Kubalik oder Davos-Söldner Matej Stransky kommen.
Ondrej Palat näyttää mitä kovuus tarkoittaa NHL:ssä.#MMkisat #NHLfi
— Heikki Mannonen (@HMannone) May 5, 2024
pic.twitter.com/fYZcQJugSg
Bewertung: ⭐⭐⭐
Um die Torhüter muss man sich bei der Nati selten Sorgen machen. Dass Playoff-Finalist Connor Hughes zuhause gelassen wurde, kam nicht bei allen Fans gut an. Aber Leonardo Genoni und Reto Berra haben jahrelang gute Leistungen auf WM-Niveau gezeigt und Akira Schmid gehört – hoffentlich – die Zukunft, auch wenn er gerade ein schwieriges Jahr hinter sich hat.
Bewertung: ⭐⭐⭐
Dass Roman Josi in Prag ist, macht einen riesigen Unterschied. Der Berner ist nun schon seit mehreren Jahren konstant einer der besten Verteidiger der NHL. Was bringt er der Schweiz? Einerseits Selbstvertrauen, bei den letzten zwei Silbermedaillen war er dabei. Und andererseits eine offensive Genialität aus dem Spielaufbau und im Powerplay, die sonst nicht vorhanden gewesen wäre.
Der frischgebackene Meister Dean Kukan bringt ähnliche Attribute mit wie Josi, während Jonas Siegenthaler, Michael Fora oder Christian Marti eher für defensive Stabilität sorgen sollen. Insbesondere Marti kann zudem auch für die nötige internationale Härte sorgen.
Bewertung: ⭐⭐⭐⭐
Nico Hischier ist als Captain der New Jersey Devils wohl der einzige Schweizer Stürmer, der die Bezeichnung NHL-Star verdient. Philipp Kuraschew und Nino Niederreiter sind gute NHL-Stammspieler, aber bewegen sich nicht im Starbereich. Für den vierten Stern hätte es wohl auch noch Kevin Fiala oder Timo Meier gebraucht.
Trotzdem muss sich die Schweiz offensiv nicht vor der Konkurrenz scheuen. Hischier und Kuraschew bringen viel Kreativität ins Spiel. Niederreiter und Calvin Thürkauf sorgen für die Geradlinigkeit, die den Schweizern sonst oft abgeht. Gaëtan Haas, Fabrice Herzog und Dario Simion haben sich auf WM-Niveau längst bewährt. Die eher überraschenden Nominationen wie Thierry Bader, Sven Senteler oder Ken Jäger sind wohl wegen ihrer Flexibilität dabei. Sie können Energie ins Spiel bringen, man wird aber auch nicht von ihnen erwarten, dass sie äusserst viel Eiszeit schultern.
Bewertung: ⭐⭐⭐
Die Torhüter sind wohl die grösste Schwäche im Team des Schweizer Trainers Roger Bader. Alle drei spielen daheim in Österreich und konnten dort nur mässig überzeugen – ja, nur David Madlener kam überhaupt als Stammkeeper zum Einsatz. David Kickert hat schon bewiesen, dass er an der WM in Einzelspielen über sich hinauswachsen kann. Österreich kämpft so aber eher gegen den Abstieg als um die Viertelfinals.
Bewertung: ⭐
In der Verteidigung ist Klotens David Reinbacher der grosse Abwesende. Der NHL-Draft der Montreal Canadiens muss sich einer Operation unterziehen und verpasst das Turnier in Tschechien. Das ist für die dünn besetzte Verteidigung Österreichs natürlich ein herber Verlust. Aus Schweizer Sicht kennt man Luganos Bernd Wolf bestens, Kilian Zündel hat die Saison bei Ambri begonnen, aber sich dann nach Wien verabschiedet. Und auch Ramon Schnetzer von Swiss-League-Klub Thurgau ist im Aufgebot.
Bewertung: ⭐⭐
Hier ist bei Österreich viel mehr Qualität vorhanden. Da ist etwa Marco Rossi, der nach gesundheitlichen Problemen und dem daraus resultierenden Wiederaufbau endlich seine erste komplette NHL-Saison absolvieren konnte (ein halber Punkt pro Spiel). Da ist der frischgebackene Schweizer Meister Vinzenz Rohrer, der beim ZSC wegen seiner energetischen Spielweise zum Publikumsliebling geworden ist. Abgesagt hat Michael Raffl, der bei Vizemeister Lausanne einer der besten Spieler der Playoffs war. Daneben besteht rund die Hälfte des Sturms aus dem Meisterteam des EC Salzburg – darunter der Ex-Bieler Peter Schneider.
Bewertung: ⭐⭐
Auf dem Papier der stärkste dänische Goalie ist Frederik Dichow. Allerdings hat der 23-jährige Turm (195 cm) in dieser Saison auch nur 17 Spiele gemacht. In der schwedischen Relegation hat er immerhin Jönköping vor dem Abstieg bewahren können.
Bewertung: ⭐⭐
In der Verteidigung wird Oliver Joakim Larsen vom finnischen Klub Mikkelin Jukurit viel Verantwortung übernehmen müssen. Unterstützt wird er von Phillip Bruggisser, der in Deutschland eine starke Saison hinter sich hat. Insgesamt fehlt es der dänischen Verteidigung allerdings an Qualität, um die Topnationen vor grosse Probleme zu stellen.
Bewertung: ⭐⭐
Der grosse Abwesende ist Nikolaj Ehlers. Der in der Schweiz aufgewachsene NHL-Stürmer leidet an Nackenproblemen und muss auf die WM verzichten. So muss ein grosser Teil der offensiven Beiträge von den SHL-Stürmern Patrick Russell oder Mikkel Aagard, oder Mathias From, der in der heimischen Liga mit 28 Toren überzeugte, kommen.
Bewertung: ⭐⭐
Norwegen kann auf die Dienste von Mats Zuccarello zählen, der auch im fortgeschrittenen Sportleralter von 36 Jahren noch ein sehr guter NHL-Stürmer war. Ex-ZSC-Stürmer Patrick Thoresen ist mit 40 Jahren ebenfalls noch dabei und hinten soll SHL-Goalie Jonas Arntzen den Kasten rein halten.
Bei Grossbritannien wird der in Tschechien tätige Liam Kirk das Team anführen müssen. Mit den Spielern, die mehrheitlich aus der eigenen Liga oder teilweise gar aus der dritten deutschen Liga kommen, sind die Briten allerdings die grössten Abstiegskandidaten.
Ja sie hat keinen Josi, ist aber im Schnitt besser aufgestellt.