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Analyse: Darum dominiert Auston Matthews die NHL

Auston Matthews – momentan der beste Spieler der NHL.Bild: AP/FR136454 AP
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Darum dominiert Auston Matthews im Moment die NHL

Kaum ein Spieler tritt in der NHL momentan so dominant auf wie Auston Matthews. Wir haben analysiert, was den Center der Toronto Maple Leafs derart stark macht.
16.10.2018, 15:3417.10.2018, 07:13
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Fans der ZSC Lions erinnern sich noch gerne an die Saison 2015/16 zurück – zumindest an die Regular Season. Damals flitzte ein erst 18-Jähriger Amerikaner namens Auston Matthews auf dem Eis in Oerlikon umher. 

Man wusste nicht viel über den jungen Stürmer, ausser dass er ein grosses Talent ist und im Frühjahr 2016 vermutlich an erster Stelle gedraftet wird.

Seither hat sich Auston Matthews' Bekanntheitsgrad doch markant verändert. Er ist in Toronto, der hockeyverrücktesten Stadt dieses Planeten, zum absoluten Superstar gereift. In der unlängst lancierten NHL-Saison legte er einen Start der Superlative hin (10 Tore und 6 Assists in 7 Spielen). Medien in Toronto behaupten bereits, der 21-Jährige sei besser als Connor McDavid, und vergleichen ihn mit Wayne Gretzky.

Während solche Vergleiche natürlich übertrieben sind, so ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Auston Matthews momentan der torgefährlichste Spieler der NHL ist.

Doch warum tritt er in diesem Jahr so dominant auf?

Der Zuercher Auston Matthews jubelt nach dem 1-0 fuer die Lions beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen den ZSC Lions und dem EHC Biel-Bienne am Sonntag, 13. Dezember 2015, i ...
Auston Matthews im Dress des ZSC.Bild: KEYSTONE

Der Handgelenkschuss

Matthews verfügt über einen der besten – wenn nicht sogar den besten – Handgelenkschuss der Liga. In diesem Jahr scheint er noch unberechenbarer geworden zu sein. So erklärt Darryl Belfry, Skill-Coach der Toronto Maple Leafs, in einem Podcast, dass Matthews in diesem Sommer seine Schussbewegung komplett umgestellt hat.

«Von zuoberst bis ganz nach unten. Er hat das gesamte Ding einfach umgestellt. Innerhalb von etwa 15 Stunden», zeigt sich auch der Coach verblüfft und erklärt, was die Schussbewegung des Amerikaners einzigartig macht:

«Es ist seine Fussarbeit. Matthews steht nie zentriert – sein Gewicht lagert immer auf einem Fuss. Das erlaubt es ihm, sich selbst in der Schussbewegung noch zu bewegen. So kann er den Schusswinkel stärker variieren als Spieler, die bei der Puckabgabe zentriert stehen.»
Darry Belfry, Skill-Coach der Toronto Maple Leafs

Die meisten Spieler ziehen den Puck bei einem Handgelenkschuss nur leicht nach innen, bevor er die Schaufel verlässt. Doch Matthews kann die Scheibe bis zu 30 Zentimeter nach innen ziehen – weiter als die meisten – und bringt dennoch genügend Druck auf den Stock für eine gefährliche Schussabgabe. Durch diese Bewegung verändert er den Winkel so stark, dass Verteidiger und Torhüter plötzlich nicht mehr in der Position zum Puck sind.

Das perfekte Beispiel dafür ist Matthews' erstes Saisontor gegen die Montreal Canadiens. 

Hier zuerst im Video:

Video: streamja

Und in der Bild-für-Bild-Analyse:

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Matthews Toedrag
Man sieht, dass Montreal-Verteidiger Jeff Petry in der Rückwärtsbewegung (grüner Pfeil) ist. In seiner aktuellen Position deckt er normalerweise Matthews' Schuss (gestrichelter Pfeil) ziemlich gut ab.
quelle: screenshot nhl.com / screenshot nhl.com
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Ein weiterer Punkt, der Matthews von seiner Konkurrenz abhebt, ist der Punkt, an dem er die Scheibe loslassen kann (englisch: «release point»). Beim «normalen» Handgelenkschuss baut der Spieler mit dem Puck am Ansatz der Schaufel Druck aus und lässt ihn dann über die Spitze der Schaufel fliegen.

Matthews schafft es in Drucksituationen, die Scheibe auch von der Mitte der Schaufel druckvoll und präzis wegfliegen zu lassen. Das verschafft ihm im Duell mit dem Torhüter einen entscheidenden Vorteil, da dessen Reaktionszeit so verkürzt wird. So zu sehen bei seinem Tor gegen die Chicago Blackhawks.

Das erwähnte Tor.Video: streamja

Ein interessantes Detail an Matthews' Handgelenkschuss, das ihm gegenüber den Torhütern einen Vorteil verschafft, ist die Position seiner Hände am Stock. Die meisten Spieler verändern bei einem Schuss die Position ihrer Hände. Die tiefere Hand rutscht beim Griff weiter nach unten. Das erhöht die Kraft hinter dem Schuss, aber auch die Präzision. Und für viele Torhüter ist diese Veränderung am Griff ein Warnzeichen, dass bald ein Schuss kommt.

Feb 25, 2017; Toronto, Ontario, CAN; Toronto Maple Leafs forward Auston Matthews (34) shoots the puck as Montreal Canadiens forward Alex Galchenyuk (27) chases at the Air Canada Centre. Montreal defea ...
Hier sieht man die hohe Griffposition deutlich.Bild: X02835

Bei Matthews gibt es dieses Warnzeichen oft nicht. Der 21-Jährige schiesst meistens mit beiden Händen ziemlich weit oben am Stock. Das verkürzt den Ablauf der Schussbewegung noch mehr. Oft haben Torhüter erst reagiert, wenn der Schuss des Leafs-Stürmers bereits an ihnen vorbeigezischt war.

Matthews trifft gegen Detroit.Video: streamable

Die Technik und Übersicht

Matthews ist nicht nur ein unglaublicher Sniper, er ist ein kompletter Center. Er verrichtet seine Arbeit auch in der defensiven Zone, hat ein gutes Positionsspiel und vor allem auch den Blick für seine Mitspieler. Und dank seiner hervorragenden Technik schafft er es auch, diese regelmässig einzusetzen. So sammelt er nicht nur Tore, sondern auch Assists. 

Auston Matthews im Zusammenspiel mit Kasperi Kapanen.Video: streamable
In der letzten Saison bediente Matthews seinen Teamkollegen mit einem unglaublichen Assist.Video: YouTube/SPORTSNET

Die Grösse

Was bei Matthews gerne etwas vergessen geht, ist seine Körpergrösse. Der junge Stürmer misst 191 Zentimeter, bringt 98 Kilogramm auf die Waage und ist dabei absolut durchtrainiert. Das erlaubt es ihm einerseits, die oben erwähnte Schusstechnik durchzuziehen und viel Wucht in seine Schüsse zu bringen. Andererseits kann er sich auch in Zweikämpfen entlang der Bande oder vor dem Tor durchsetzen.

Das Powerplay

Im Gegensatz zur letzten Saison kommt Matthews dieses Jahr im ersten Powerplay der Leafs zum Einsatz. Gemeinsam mit Morgan Rielly, John Tavares, Nazem Kadri und Mitch Marner bildet er eine absolut tödliche Formation. Vor dem ersten Saisonspiel wurde Coach Mike Babcock für die Entscheidung kritisiert, einen weiteren Linksschützen in die erste Linie zu nehmen. Doch diese Kritik verstummte rasch.

Matthews sucht Tavares vor dem Tor, die Scheibe wird vorher von einem Dallas-Verteidiger abgelenkt.Video: streamable

Sieben Tore in ebenso vielen Spielen hat die Linie um den 21-Jährigen bereits erzielt. Matthews kommt am linken Bullykreis zum Einsatz und ist dort auch als Linksschütze ein regelrechter Gefahrenherd. Das haben mittlerweile auch die gegnerischen Teams bemerkt. Doch in ihrem Eifer, dem Jungstar keine Schussmöglichkeit zu bieten, offerieren sie ihm stattdessen Passoptionen. Und dann stehen Spieler wie Tavares, Kadri oder Marner bereit, um einzuschieben.

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Video: watson/Adrian Bürgler, Emily Engkent
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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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rescue me
16.10.2018 15:50registriert März 2018
Wahnsinn wie ein so junger Spieler sich so behaupten kann in der NHL. Weiss noch als er beim Z gestandenen NLA Verteidigern um die Ohren tanzte. Was jetzt aus im geworden ist, ist noch eine Nummer grösser. Geil!
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Sloping
16.10.2018 16:06registriert Oktober 2014
Was Matthews und viele andere Beispiele in der NHL zeigen: Das Spiel wird immer "jünger". Die Drafts der vordersten Runden werden nicht mehr wie früher in der AHL parkiert sondern erhalten sofort Rollen mit viel Eiszeit und entsprechender Verantwortung. Auf der anderen Seite mussten viele gestandene NHLer im gehobenen Hockeyalter ihre Karrieren aufgrund ausbleibender Angebote beenden. Dieser Trend hat sich nur teilweise in der NLA etabliert: Statt zusätzliche Ausländer zu fordern, sollte ligaweit mehr auf eigene Junioren statt abgetakelte Titanen in der vierten Linie gesetzt werden.
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Ranger#10
16.10.2018 17:16registriert Oktober 2017
Sehr guter Bericht! Es sind eben meistens die kleinen nicht gür heden offensichtlichen Details, die den entscheidenden Unterschied zu den ja auch nicht schlecht spielenden Mitspielern oder Gegner ausmachen.
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Biel oder der Schwanengesang der letzten Hockey-Romantiker
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