Jetzt haben sie es geschafft. 15 Jahre nach der Übernahme von Manchester City und dank fast 1,5 Milliarden Euro, die sie auf dem Transfermarkt mehr ausgegeben als eingenommen haben, konnten die Investoren aus Abu Dhabi endlich den gewünschten Erfolg erreichen: den Gewinn der Champions League.
Doch die «Cityzens» dominierten nicht nur in Europa, sondern auch in der heimischen Liga und im FA Cup. Nur reichte das dem erfolgshungrigen Klub schon lange nicht mehr. Vielmehr wurde der Gewinn der Premier League seit der Ankunft von Trainer Pep Guardiola im Sommer 2016 zum Standard auf der blauen Seite Manchesters. In den letzten sechs Saisons schaffte es nur Liverpool, die Phalanx von Manchester City zu durchbrechen. Und nun ist der Klub auch klarer Favorit auf den Gewinn der sechsten Meisterschaft in sieben Jahren.
Nicht einmal das Doppelte würde man bekommen, wenn man vor der Saison auf Manchester City als englischer Meister 2023/24 wettet. Und das scheint auch völlig logisch. Das Triple-Team ist grösstenteils zusammengeblieben. Nur zwei Spieler, die in der letzten Saison auf eine relevante Anzahl an Einsätzen kamen, haben den Verein verlassen: Ilkay Gündogan und Riyad Mahrez.
Für den zum FC Barcelona abgewanderten Gündogan wurde Mateo Kovacic von Chelsea geholt. Dass Flügelspieler Mahrez verzichtbar ist, wurde in der Champions League ab dem Viertelfinal klar. In fünf Partien kam der 32-jährige Algerier nur einmal zum Einsatz – für elf Minuten. Ohnehin sind Flügelspieler wie Mahrez in Guardiolas neuem 3-4-2-1-System, das der Katalane in der Rückrunde am häufigsten einsetzte, nicht mehr so wichtig wie die zentralen Spieler.
Dort könnte mit Lucas Paqueta von West Ham eine weitere Verstärkung kommen. Aber auch ohne den Brasilianer sind die «Skyblues» bereits sehr gut besetzt. Gleichzeitig konnte die bereits im letzten Jahr stabilste Defensive (33 Gegentore; geteilt mit Newcastle) weiter gestärkt werden. Der 21-jährige Kroate Josko Gvardiol wurde für 90 Millionen Euro – damit ist er der teuerste Verteidiger der Geschichte – aus Leipzig geholt.
Nun ist Guardiola in der Auswahl seiner Dreier- oder Viererkette noch flexibler. Zumal Kyle Walker jetzt wohl doch vor einer Vertragsverlängerung in Manchester steht, ähnlich wie Bernardo Silva, der mit einem Wechsel zum FC Barcelona liebäugelte. Können beide gehalten werden, wäre das Transferfenster im Sommer ein voller Erfolg für den Klub.
Im aktuellen Team des Triple-Siegers ist nämlich keine echte Schwäche zu erkennen. Die Innenverteidigung um Ruben Dias, Gvardiol und den Schweizer Manuel Akanji ist hervorragend besetzt, Rodri ist einer der besten Sechser der Welt und dank Kreativkopf Kevin De Bruyne und Bomber Erling Haaland wird die Offensive weiterhin auf Hochtouren laufen. Alles deutet darauf hin, dass ManCity national wie international das Team bleiben, das es zu schlagen gilt.
In der Premier League scheint es nur einen echten Konkurrenten zu geben. In der letzten Saison hätten die «Gunners» fast die Überraschung geschafft. Lange führte Arsenal um den Schweizer Nati-Captain Granit Xhaka und die Offensivstars Bukayo Saka und Gabriel Jesus die Tabelle an, am Ende ging aber die Puste aus und so wurde das Team von Trainer Mikel Arteta – auch wegen einer 1:4-Pleite gegen den späteren Meister – doch noch abgefangen.
Nun hat der Klub aus dem Norden Londons aber nochmal aufgerüstet. Mit gut 230 Millionen Euro wurden Declan Rice, Kai Havertz und Jurrien Timber verpflichtet. Rice ist der Sechser, den es im modernen Fussball braucht. Ein Spieler, der über Defensivqualitäten verfügt, seine Stärken aber auch im Spielaufbau hat. Havertz soll in Artetas System der perfekte Nebenmann im Mittelfeld für Martin Ödegaard sein. Und mit dem Niederländer Timber holt Arsenal einen dringend benötigten dritten Innenverteidiger, der einen zu grossen Qualitätsverlust verhindern kann, sollte sich einer der Stamm-Innenverteidiger verletzen – wie es bei William Saliba in den letzten Monaten der Saison der Fall war.
Was Arsenal seit der Ankunft von Mikel Arteta im Dezember 2019 erreicht hat, ist beeindruckend. Erstmals seit der Saison 2016/17 wird im Emirates Stadium wieder die Champions-League-Hymne ertönen. Noch scheint das Team aus Manchester übermächtig, aber wenn jemand ernsthaft für Spannung sorgen kann und den amtierenden Meister möglicherweise gar entthronen kann, dann Arsenal.
Im ersten Jahr unter Erik ten Hag erholte sich Manchester United von der enttäuschend schwachen Vorsaison, die auf dem sechsten Platz endete. Das Team zeigte in Ansätzen, was der Niederländer von seinem Team in Zukunft erwartet, und konnte mit der Rückkehr in die Champions League einen wichtigen Teilerfolg erreichen.
Den Sommer nutzten die Verantwortlichen, um das Team weiter nach ten Hags Vorstellungen umzubauen. In André Onana wurde ein Goalie verpflichtet, der am Ball deutlich stärker ist als Vorgänger David de Gea und auch in den Spielaufbau eingebunden werden kann. Rasmus Höjlund soll endlich der Stürmer der Zukunft sein, den ManUnited bereits seit Langem sucht.
Und die Verpflichtung von Mason Mount zeigt, was dem 53-jährigen Trainer besonders wichtig ist. Der offensive Mittelfeldspieler, der für 64,2 Millionen Euro aus Chelsea kam und das Zentrum um Casemiro und Bruno Fernandes verstärken wird, brilliert im Spiel ohne Ball und beim frühen Gegenpressing. Gleichzeitig kann der 24-jährige Engländer selbstverständlich aber auch mit dem Ball gut umgehen und ein wichtiger Faktor im Offensivspiel sein.
In den Titelkampf werden die «Red Devils» wohl noch nicht involviert sein, vielmehr wird es angesichts der grossen Konkurrenz genug schwierig, den dritten Platz zu verteidigen.
Das Team von Jürgen Klopp war das Rätsel der Hinrunde. Hatte der deutsche Trainer einmal mehr sein Ablaufdatum bei einem Klub erreicht, wie er es zuvor in Mainz und Dortmund getan hatte? Sind die Leistungsträger zu alt und über ihren Zenit hinaus? Was es auch war, irgendwas stimmte beim FC Liverpool nicht. Nach der Hinrunde lagen die «Reds» nur auf Platz sieben.
Der Klub hat das Mittelfeld – wohl nicht zu Unrecht – als Schwachpunkt ausgemacht, und Alexis Mac Allister sowie Dominik Szoboszlai verpflichtet. Sie sollen mit dem 20-jährigen Harvey Elliott und dem wohl aus Brighton kommenden Moises Caicedo eine neue Ära einläuten. Noch befindet sich Liverpool aber im Umbruch. Die Defensive war im letzten Jahr alles andere als stabil. Dies liegt unter anderem daran, dass Virgil van Dijk im Vergleich zu dem Spieler, der 2019 nur knapp am Gewinn des Ballon d'Or vorbeischrammte, deutlich abgebaut hat.
Dennoch dürfte Liverpool zumindest wieder um die Champions-League-Plätze mitspielen – und wenn Darwin Nuñez in seinem zweiten Jahr in der Premier League auch die Torgefahr ausstrahlt, für die er verpflichtet wurde, ist vielleicht sogar mehr drin.
In der ersten vollständigen Saison nach der Übernahme durch den saudi-arabischen Fonds PIF überzeugte Newcastle mit einem starken vierten Platz. Diesen erreichten die «Magpies» aber nicht, indem sie blind mit Geld um sich warfen, sondern durch gezielte Verstärkungen und gute Arbeit von Trainer Eddie Howe und den weiteren Verantwortlichen.
Rechtsverteidiger Kieran Trippier stellte sich als Glücksgriff heraus, ebenso Goalie Nick Pope. Auch dank ihnen war die Defensive um Nati-Verteidiger Fabian Schär in der letzten Saison gemeinsam mit jener von Manchester City die beste der Liga. Ebenso wusste Stürmer Alexander Isak nach seiner Verletzung zu überzeugen. Und auch in diesem Sommer konnte sich Newcastle sinnvoll verstärken.
Von der AC Milan kommt der überaus talentierte Sandro Tonali fürs defensive Mittelfeld und der nach Saudi-Arabien gewechselte Linksaussen Allan Saint-Maximin wird durch Harvey Barnes mindestens ebenbürtig ersetzt. Newcastle sollte also erneut in den Kampf um Platz 3 involviert sein, das erneute Erreichen der Champions League wäre aufgrund der wiedererstarkten Konkurrenz dennoch eine kleine Überraschung.
Die Transferaktivitäten von Chelsea wurden von vielen Seiten kritisch beäugt. Erst recht als Chelsea trotz Ausgaben von über 600 Millionen Euro in der letzten Saison am Ende nur Zwölfter wurde. Auch in diesem Sommer scheute Chelsea nicht davor zurück, für Spieler wie Christopher Nkunku, Axel Disasi oder Nicolas Jackson eine Menge Geld auszugeben. Dank der Verkäufe von unter anderem Kai Havertz und Mason Mount steht unter dem Strich aber gar ein Plus von fast 50 Millionen Euro.
Nun stellt sich nur die Frage: Wann schlagen die vielen Transfers endlich ein? Wann zahlen sich die Investitionen der Besitzer um US-Unternehmer Todd Boehly und den Schweizer Hansjörg Wyss endlich aus? Geht es nach den Verantwortlichen, wird sich der Erfolg unter dem neuen Coach Mauricio Pochettino schon bald einstellen.
Nur fehlt es Chelsea nach den Abgängen von N'Golo Kanté, Mateo Kovacic und Jorginho bereits im Winter gerade im Mittelfeld im Vergleich zur Konkurrenz an Qualität. Deshalb soll nun Moises Caicedo von Brighton losgeeist werden. Der Ecuadorianer dürfte über 100 Millionen Euro kosten, was verwundert, da er wie der im Winter für über 120 Millionen Euro geholte Enzo Fernandez ein defensiver Mittelfeldspieler ist. Dazu kommt, dass die Verantwortung im Sturm nahezu komplett auf den Schultern des 22-jährigen Jackson liegt und Nkunku schon wieder verletzt ist und monatelang ausfallen wird.
So wird es für den argentinischen Coach alles andere als eine einfache Aufgabe, die «Blues» wieder in die Champions League zu führen. Dabei wären die Einnahmen aus der «Königsklasse» unheimlich wichtig, um Probleme mit dem Financial Fair Play zu verhindern.
Noch so eine Wundertüte. Es ist schwierig vorherzusagen, wie Tottenham abschneiden wird, nun da Harry Kane seinen Jugendklub wohl verlassen wird. Nach langwierigen Verhandlungen konnten sich die Spurs und der FC Bayern doch noch auf eine Ablösesumme einigen und angeblich hat auch Kane dem Bundesligisten zugesagt. Mit dem 30-jährigen Stürmer geht der Torgarant, der gemeinsam mit dem kongenialen Flügelspieler Heung-min Son hauptverantwortlich für die Erfolge der letzten Jahre war. In der letzten Saison erzielte er 30 der 66 Premier-League-Treffer der Tottenham Hotspur.
Nun muss der neue Coach Ange Postecoglou rund um Son, Richarlison, Neuzugang James Maddison und einem allfälligen Kane-Nachfolger – Tottenham soll an Portos Mehdi Taremi interessiert sein – die Offensive neu formieren. Ausserdem hängt viel davon ab, wie stark der Ex-Wolfsburger Micky van de Ven die Defensive, die im letzten Jahr 63 Tore zuliess, verbessern kann. Dem Klub aus Nordlondon droht ohne Lebensversicherung Kane aber ein Platz im Mittelfeld.
In den letzten beiden Jahren überraschten die «Seagulls» alle. Vom permanenten Abstiegskandidaten mauserte sich Brighton zuerst zu einem Top-10-Team und schaffte in der letzten Saison gar die Qualifikation für die Europa League. Dies, obwohl mitten in der Saison ein Nachfolger für Erfolgstrainer Graham Potter gefunden werden musste. Diesen fanden die Südengländer in Rodrigo De Zerbi, der einen noch besseren Job machte.
Nun ereilte Brighton aber das Schicksal eines jeden Überraschungsteams: Die finanzstarke Konkurrenz lockt deine besten Spieler und bekommt sie in den meisten Fällen auch. Alexis Mac Allister (Liverpool), Goalie Robert Sanchez (Chelsea) und wohl auch Moises Caicedo (will einen Wechsel zu Chelsea erstreiken) werden in dieser Saison nicht mehr das blau-weisse Trikot überstreifen. Mahmoud Dahoud, João Pedro und weitere sollen die Abgänge abfangen.
Dennoch gilt: Kommt Brighton erneut unter die Top 6, wäre das eine noch grössere Überraschung als letzte Saison. Wenn das aber jemandem zuzutrauen ist, dann den Verantwortlichen um Trainer De Zerbi und Sportchef David Weir.
Direkt hinter Brighton platzierte sich in der letzten Saison das Team aus Birmingham. Nachdem Unai Emery im November an der Seitenlinie von Steven Gerrard übernommen hatte, gelang Aston Villa eine hervorragende Rückrunde. Nur die beiden Manchester-Teams und Arsenal waren noch stärker. Dies lag neben dem spanischen Trainer vor allem an Stürmer Ollie Watkins, der 12 seiner 15 Tore in der zweiten Hälfte der Saison erzielte.
Leistungsträger mussten die «Villans» im Sommer nicht abgeben, vielmehr konnten sie sich mit Flügelspieler Moussa Diaby, Innenverteidiger Pau Torres und Mittelfeldspieler Youri Tielemans drei hervorragende Verstärkungen sichern. Obwohl die erneute Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb kein Selbstläufer wird, ist Aston Villa eine starke Saison zuzutrauen. Läuft alles perfekt und strauchelt die Konkurrenz, ist aber nicht einmal eine Platzierung in den Top 4 auszuschliessen.
Und dann gibt es da noch das in den letzten Jahren meistens gültige Gesetz, dass einer der Aufsteiger zumindest in die Top 10 vorstösst. Letztes Jahr gelang dies Fulham, in der Saison 2020/21 Leeds, davor waren es Sheffield und Wolverhampton. In den letzten sechs Saisons fand sich fünfmal ein Aufsteiger in der oberen Tabellenhälfte wieder. In diesem Jahr dürfte Burnley die besten Chancen haben, zum Überraschungsteam unter den Aufsteigern zu werden.
Mit 101 Punkten aus 46 Spielen pflügten die «Clarets» durch die zweite Liga und standen schon lange vor Saisonende als Aufsteiger fest. Der Hauptgrund für den Erfolg ist Trainer Vincent Kompany, der das Team nach dem Abstieg im Sommer 2022 übernommen und auf Vordermann gebracht hat. Mit einigen Neuzugängen wie Rekordeinkauf Zeki Amdouni soll das spannende Projekt nun weitergeführt werden und mindestens der Klassenerhalt erreicht werden. Amdouni dürfte dabei im Sturm eine zentrale Rolle spielen.
Remo Freuler wird mit Nottingham Forest erneut gegen den Abstieg kämpfen und dabei im zentralen Mittelfeld weiterhin eine zentrale Rolle einnehmen. Der 31-Jährige gehörte nach seinem Wechsel von Atalanta Bergamo zu den «Reds» bereits in der letzten Saison zum Stammpersonal, Nottingham rettete sich erst am vorletzten Spieltag mit einem 1:0-Erfolg gegen Arsenal vor dem Gang in die zweite Liga. In dieser Saison wird es wohl nicht einfacher.
Kevin Mbabu hingegen steht bei Fulham ebenso auf dem Abstellgleis wie Andi Zeqiri in Brighton. Mbabu verbrachte das letzte halbe Jahr leihweise bei Servette, seine Zukunft ist unsicher. Beim Premier-League-Klub wird er aber keine grosse Rolle mehr spielen. Auch Zeqiri wurde im letzten Jahr an einen Super-League-Klub verliehen, nun soll der Stürmer, der für Basel 18 Tore schoss, Brighton definitiv verlassen. Ein Abnehmer ist noch nicht gefunden, angeblich gibt es Interesse aus Frankreich und Deutschland.