Er wäre blauäugig, sagte Heiko Vogel vor ein paar Wochen, würde er nicht mit diesem Abgang rechnen. Der Sportdirektor des FC Basel wusste da schon ganz genau, dass er Zeki Amdouni nach der Sommerpause wohl nur noch in Basel wiedersehen würde, wenn dieser im Joggeli seinen Spind räumen kommt.
Zwar wurde noch rund um das Testspiel gegen Benfica Lissabon erklärt, Amdouni würde am Dienstag wieder im Training erwartet. Aber so wirklich für bare Münze hat das niemand mehr genommen. Amdouni war schon lange auf dem Absprung, und jetzt ist auch klar, wohin: in die Premier League zum FC Burnley.
🚨 Burnley transfer update:
— Andy Jones (@adjones_journo) July 17, 2023
▪️Club in advanced talks w/Redmond
▪️Talks progressing for FC Basel's Zeki Amdouni
▪️Coulibaly deal off - small concern raised in medical
▪️Final formalities on Trafford deal - to be completed after his hols#twitterclaretshttps://t.co/2EqUMNEzyv
Zwar stehen die Bestätigungen der Klubs noch aus, aber wie zu vernehmen ist, ist man sich allseits einig. Es dürfte nur noch der Medizincheck ausstehen. Die Meldung über den Transfer nach England, die als erstes am Montag vom Portal «KMedia» verbreitet wird, ist eine Bestätigung von Vogels Annahme. Zeki Amdouni verlässt den FCB, er wechselt nach Burnley und unterschreibt dort einen Vertrag bis 2028.
Bei den «Clarets», die jüngst in die Premier League aufgestiegen sind, trifft Amdouni auf einen Trainer, der offenbar grosse Stücke auf ihn hält: Vincent Kompany. Der frühere belgische Internationale und langjährige Verteidiger von Manchester City (und mit den Citizens vierfacher englischer Meister) soll vom Schweizer Nationalspieler äusserst angetan sein. Eine grosse Chance für Amdouni, der mit Kompany ausserdem auf einen Coach trifft, der seine Sprache spricht.
Burnley setzt sich damit gegen diverse andere Klubs durch, die ebenfalls an einer Verpflichtung Amdounis interessiert waren: Klubs wie Ajax Amsterdam, Benfica Lissabon oder Lazio Rom.
Die Römer hatten Amdouni kurzfristig zum Wunschspieler erkoren, konnten aber die vom FCB gewünschte Ablösesumme nicht stemmen. Und schauten sich entsprechend anderweitig um. Der FCB hingegen bekommt mit dem Transfer Amdounis in die zahlungskräftige Premier League eine Ablösesumme, die noch höher sein wird als erhofft. Rund 18 Millionen sollen aus Burnley nach Basel fliessen, schreibt die «Basler Zeitung».
Es wäre der teuerste Verkauf in der Degen-Ära. Und eine weitere Bestätigung, dass der eingeschlagene Weg funktioniert - vor allem wirtschaftlich. Die Basler würden nach den 15 Millionen für Andy Diouf und den zirka 3 Millionen für Andy Pelmard mit den 18 Millionen für Amdouni auf 36 Millionen Transfererlös kommen – alleine in diesem Sommer.
Das bedeutet finanzielle Entlastung für den klammen Klub. Und es ist vor allem insofern beachtlich, als dass die Basler für Amdouni und Diouf «nur» neun Millionen aufwerfen mussten. Das Pokern der Führung ist also aufgegangen.
Sportlich aber ist der nun anstehende Amdouni-Abgang ein herber Verlust für den FCB. 52 Pflichtspiele hat er in seiner ersten und einzigen Saison für den FC Basel absolviert. In diesen kommt er auf 22 Tore und 5 Assists. Spannend dabei ist vor allem, dass Amdouni 20 seiner FCB-Treffer im Kalenderjahr 2023 erzielt hat, auch vier von fünf Assists hat er seit Jahresbeginn beigesteuert. Im ersten Halbjahr klebte ihm das Pech oft an den Füssen und traf der 22-Jährige noch häufig die falschen Entscheidungen.
Beachtlich ist jedoch die Relevanz der Treffer von Amdouni. Würden seine Tore ersatzlos gestrichen, hätte der FCB in der Meisterschaft 2022/23 gleich sechs Punkte weniger auf dem Konto. Noch kapitaler waren Amdounis Treffer in K.-o.-Spielen der Basler. Sieben davon erzielte er in der Conference League, und damit mehr als die Hälfte aller 13 Basler Tore (ohne Elfmeterschiessen).
Eine kleine Übersicht: Ohne die Treffer des Shootingstars hätte der FCB im Cup-Achtelfinale gegen GC in die Verlängerung gemusst, ebenso in den Conference-League-Playoffs gegen Trabzonspor. Im Cup-Viertelfinale hätte ohne Amdounis Treffer das Elfmeterschiessen angestanden, und im Conference-League-Achtelfinale gegen Bratislava wie auch im Viertelfinale gegen Nizza wären die Basler gar ausgeschieden.
Und gegen Florenz wäre nach der regulären Spielzeit Schluss gewesen, so aber durfte der FCB immerhin noch in den 30 Minuten der Verlängerung weiter vom Final träumen.
Amdouni war jedoch nicht nur für ein halbes Jahr der Inbegriff einer Lebensversicherung für den FC Basel. Er machte auch auf Nationalmannschaftsebene eindrücklich auf sich aufmerksam. Die letzte Werbung in eigener Sache waren die Auftritte mit der U21 an der Europameisterschaft in Rumänien, wo er in vier Einsätzen zwei Mal traf und einmal auflegte.
Am 27. September 2022 kam Amdouni ausserdem zu seinem Debüt in der A-Nationalmannschaft. Während er in diesen elf Minuten gegen Tschechien, passend zu seiner FCB-Hinrunde, keine grosse Duftmarke setzen konnte, war er im Frühling und in den Qualifikationsspielen für die EM 2024 in Deutschland eine der prägenden Figuren. Fünf Mal traf er in vier Einsätzen und bewies damit auch dem letzten Zweifler, dass er mit seinem Instinkt, seiner Technik und Kreativität auch auf dieser Ebene mithalten kann.
Die Frage ist noch, inwiefern der Transfer für Amdouni aufgehen wird. Ob er, nach einem fulminanten halben Jahr, schon bereit ist für die ganz grosse Bühne namens Premier League. Wenigstens wird bei Burnley, das nach dem Abstieg aus dem Oberhaus nach nur einer Saison in der Championship souverän den Wiederaufstieg geschafft hat, der Druck kleiner sein als bei manch anderen englischen Klubs. Aber die Bühne wird auch eine kleinere sein. Zumindest die europäische. Denn internationale Spiele dürften für die «Clarets» vorerst eine Seltenheit sein.
Während Amdouni sich also bald auf der Insel einleben muss, bleibt beim FCB der Pferdefuss – allen Millionen zum Trotz –, dass die Newcomer wie Thierno Barry, Jonathan Dubasin oder Finn van Breemen ihrerseits wohl auch erst einen Prozess absolvieren werden müssen, ehe sie es zu vergleichbarem Input für die Mannschaft respektive Output schaffen.
Eine schlagkräftige Mannschaft aufzubauen, gar eine, die im nationalen Wettbewerb ein Wort mitreden kann – oder zumindest vernehmbarer ist als zuletzt mit Platz 5 in der Liga –, wird die sehr ähnliche Herausforderung sein wie vor Jahresfrist.
Mit den Burnley-Millionen könnten die Basler aber ihrerseits ihr Angebot für jenen Mann aufbessern, der sich am Freitag als Wunschziel herauskristallisiert hat: Ardon Jashari vom FC Luzern. Denn wie FCB-Coach Timo Schultz gegenüber dieser Zeitung klar sagte: «Wir wollen jeden Abgang mindestens gleichwertig ersetzen.» (bzbasel.ch)