Die Schweizer Super League ist im internationalen Vergleich ein kleiner Fisch. Und kleine Fische werden in der Regel von grossen gefressen. So ergeht es auch den Klubs der höchsten Schweizer Liga. Die besten Spieler ziehen früher oder später weiter. Das grosse Ziel: die gelobten Fussballländer England, Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich – die fünf besten und lukrativsten Ligen Europas.
Der kleine Fisch Super League schwimmt im internationalen Vergleich in einem kleinen Teich. Zum grossen Fisch taugt er nicht – doch er verfolgt auch ein ganz anderes Geschäftsmodell. Die Super League gilt als eine der interessantesten «Ausbildungsligen» – junge Talente fördern und sie mit Gewinn verkaufen, so lautet die Strategie fast aller Klubs.
Aber wird die Super League diesem Ruf auch wirklich gerecht? Kann das Geschäftsmodell für die Klubs überhaupt funktionieren? Und wie viele Spieler wechseln tatsächlich aus der Super League in eine Top-5-Liga? Um diese Fragen zu klären, haben wir mithilfe datenjournalistischer Methoden die Fussball-Datenbank transfermarkt.ch nach allen Super-League-Abgängen seit der Saison 2003/04, als erstmals mit zehn Teams gespielt wurde, durchforstet und diese dann genauer unter die Lupe genommen.
Insgesamt haben in den letzten 20 Saisons kumuliert 1751 Super-League-Spieler den Klub gewechselt. Berücksichtigt wurden alle Sommer- und Wintertransfers mit Ausnahme von Leihgeschäften. Mehr als die Hälfte aller Transfers (913) wurden zwischen zwei Schweizer Klubs abgewickelt – sie blieben also im kleinen Teich. 838 Spieler hingegen wagten den Sprung über die Grenze ins Ausland.
Längst nicht bei allen 838 Auslandstransfers führte der Weg in eines der fünf gelobten Fussballländer. Unter den insgesamt 73 verschiedenen Destinationen sind etwa auch exotische Fussballländer wie Libyen, Angola, Peru oder Indonesien zu finden. Für die Spieler bedeutet das Abenteuer – für die Schweizer Klubs jedoch nicht die grossen Transfererlöse.
Der grösste Markt aber ist Europa. Hier spielt sich die Mehrheit aller Transfers aus der Schweiz ab. Von 838 Auslandstransfers führten 685 in eine Liga eines UEFA-Mitgliedsverbands. Die beliebteste Destination ist Deutschland (135 Transfers), gefolgt von Frankreich (83), Italien (67) und England (44). Dahinter verhindert die Türkei (40) vor Spanien (36) die totale Dominanz der Länder mit einer Top-5-Liga.
Die Schweiz exportiert also hauptsächlich in die grossen Fussballländer – doch zur grossen Ausbildungsliga macht sie das noch nicht. Denn Top-5-Land ist nicht gleich Top-5-Liga. Für viele Super-League-Spieler ist auch eine tiefere Liga (finanziell) attraktiver als die Schweizer Fussballplätze. Von 365 Transfers nach Deutschland, Frankreich, Italien, England und Spanien führten nur 186 in die fünf prestigeträchtigsten Fussballligen und zu den ganz grossen Geldtöpfen. Die restlichen Spieler heuerten in einer unteren Liga an.
186 Spieler haben also seit 2003 direkt aus der Super League in eine der Top-5-Ligen gewechselt – das sind rund 10,6 Prozent aller Transfers und 22,2 Prozent aller Auslandstransfers. Im Vergleich mit den anderen mittelgrossen Fussball-Ligen Europas ist das der Topwert. Zwar hat die belgische Jupiler Pro League in den letzten 20 Jahren mit 239 absolut gesehen mehr Spieler in die Top-5-Ligen exportiert, allerdings spielen in der höchsten belgischen Liga auch 18 statt wie in der Schweiz nur 10 Teams. Prozentual hinkt Belgien der Schweiz mit einem Anteil von 14,1 Prozent an Top-5-Transfers aller Auslandswechsel deshalb deutlich hinterher.
Nur die gerne als «beste Ausbildungsliga Europas» bezeichnete niederländische Eredivisie kann bei der Top-5-Quote mit der Super League mithalten. 330 von 1500 Spielern, also exakt 22 Prozent aller Auslandstransfers, wagten den Sprung aus der Eredivisie in eine der fünf grossen Ligen. Damit liegt die niederländische Topliga quasi gleichauf mit der Super League.
Die portugiesische Liga kann nur 16,2 Prozent ihrer Auslandstransfers in einer Top-5-Liga unterbringen. Doch was die Portugiesen zu bieten haben, ist heiss begehrt – und entsprechend teuer. Die Abgänge aus Portugal sind im Durchschnitt deutlich mehr wert als diejenigen der Super League, was sich vor allem an der Spitze zeigt. Bereits 69 Spieler verliessen die höchste portugiesische Liga für einen Betrag von 20 Millionen Euro oder mehr. Die Schweiz hatte bislang gerade mal zwei solche Hochkaräter zu bieten: Breel Embolo und Manuel Akanji.
Auch sonst ist in der Super League nicht alles Gold, was glänzt: Von den 186 Schweizer Top-5-Transfers haben nur gerade 77 nach ihrem Super-League-Abgang auch über 60 Liga-Partien (ungefähr zwei volle Saisons) in einer oder mehreren der Top-5-Ligen absolviert. Der blosse Wechsel in eine der fünf grossen Ligen heisst also noch lange nicht, dass man sich dort auch durchsetzen kann.
Für einen Grossteil der Spieler, die den Schritt ins Ausland wagen, erfüllt sich der Traum von der grossen internationalen Karriere nicht: Spieler wie Kevin Rüegg, Albian Ajeti oder Ulisses Garcia sind eher früher als später wieder in die Super League zurückgekehrt. Spieler wie Granit Xhaka, Manuel Akanji oder Mohamed Salah, die sich bei einem internationalen Topklub durchgesetzt haben, sind auch heute noch die grosse Ausnahme.
Ob sich die Spieler durchsetzen, ist für ihre vormaligen Schweizer Klubs zweitrangig. Sie interessieren sich vor allem für die Ablösesummen, welche sie für die Spieler kassieren. Hier gilt: Je renommierter der Zielverein eines Spielers ist, desto höher ist oft die Ablöse. Auf die Einnahmen sind die Vereine angewiesen, um ihr strukturelles Defizit auszugleichen. Ein Millionen-Transfer in eine Top-5-Liga kann beispielsweise ein ganzes Geschäftsjahr retten. Darauf verlassen, dass ein solcher auch jährlich stattfindet, kann man sich aber freilich nicht.
Ein gutes Transfer-Händchen hatte seit 2003 der FC Basel: 57 Spieler konnte der Verein in eine Top-5-Liga verkaufen, 20 davon für 5 Millionen Euro oder mehr. Neben dem einstigen Serienmeister gelang es nur YB, in den letzten Jahren einen signifikanten Transfergewinn zu erwirtschaften.
Der Rest der Liga muss kleinere Brötchen backen. Ein Transfer in eine Top-5-Liga und ein damit verbundener Millionensegen wird für sie die grosse Ausnahme bleiben. Dennoch sind auch diese Klubs auf Transfergewinne angewiesen. Statt mit einem grossen versuchen sie ihr Geld mit vielen kleineren Transfers zu machen. Der berechtigte Ruf der Super League, eine der besten Ausbildungsligen Europas zu sein, ist dabei definitiv hilfreich. Doch im grossen Transfer-Becken Europas bleibt die Schweizer Super League immer noch ein kleiner Fisch.