Zum zweiten Mal in der Geschichte der National League finden Play-Ins statt. Der Modus wurde im Vergleich zum Vorjahr leicht angepasst. Kloten und Langnau spielen im Direktduell um ein Ticket in den Playoff-Viertelfinal. Die SCRJ Lakers und Ambri-Piotta wollen sich eine letzte Playoff-Chance gegen den Verlierer des anderen Duells erkämpfen. Wir analysieren die Affichen und sagen dir, wer Favorit ist.
Betrachtet man die Torproduktion in allen Spielsituationen, ist die Affiche ziemlich ausgeglichen. Kloten hat in dieser Saison 2,58 Tore pro Spiel geschossen, Langnau 2,56 Tore pro Spiel. Wenn je fünf Spieler auf dem Eis stehen, hat Kloten (2,35 Tore/60 Minuten) gegenüber den Tigers (2,23) leichte Vorteile. Da die Zürcher auch in den Direktduellen öfters erfolgreich waren, geht der Punkt an sie.
Noch ein Punkt für den EHC Kloten. Die Zürcher Unterländer lassen pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey gegnerische Chancen im Wert von 2,37 Toren zu. Langnau ist mit 2,69 Expected Goals Against gar das zweitschlechteste Team der Liga nach Ajoie.
Beide Teams haben in der Regular Season durchschnittlich deutlich mehr gegnerische Chancen zugelassen als eigene Möglichkeiten kreiert. Langnau hatte in seinen Spielen durchschnittlich 46,55 Prozent aller Chancen auf der eigenen Seite. Beim EHCK war es mit 46,83 Prozent nur minim besser. Insgesamt schiessen die Tigers öfter als Kloten, lassen aber auch mehr gegnerische Schüsse zu.
In den Direktduellen hatten beide Mannschaften je zwei Mal das Chancenplus auf der eigenen Seite. Punkt für beide.
Der EHC Kloten ist ein kurioses Team, denn er hat keine besonders grosse Stärke im Angriff. Die Zürcher spielen alles, Rush-Angriffe, Forecheck und längerer Puckbesitz, aber alles nur so mässig gut. Am besten sind sie wohl in Forecheck-Situationen. Klotens Problem: Genau diese Situationen verteidigen die Tigers am besten. Es könnte also schwierig werden, auf diese Art und Weise Tore zu schiessen. Viel effizienter wäre es für Kloten, wenn es voll auf Rush-Angriffe setzen würde, damit hat der Play-In-Gegner viel grössere Mühe.
Die Langnauer selbst sind am gefährlichsten, wenn sie über längere Zeit Puckbesitz in der gegnerischen Zone etablieren können. In dieser Sparte bewegen sie sich tatsächlich im Mittelfeld der Liga, was die Gefährlichkeit angeht. Kloten hatte die ganze Saison über Mühe, solche Situationen zu verteidigen. Punkt für Langnau.
Eigentlich wäre das eine klare Kategorie für die SCL Tigers. Sie haben mit Stéphane Charlin den aktuell besten Goalie der Liga in den eigenen Reihen. Im Verlauf der Saison hat er bei 5-gegen-5-Hockey gemessen an den zugelassenen Chancen schon über 23 Tore verhindert. Das ist beinahe ein Tor pro 60 Minuten – ein unfassbarer Wert. Das grosse Problem: Charlin hat sich Anfang Februar eine Knieverletzung zugezogen. Ein Einsatz in den Play-Ins ist gemäss Trainer Thierry Paterlini nicht vorgesehen. So muss Luca Boltshauser für Langnau die Kohlen aus dem Feuer holen, der nicht annähernd an Charlins geniale Werte herankam.
Auf der anderen Seite stehen mit Ludovic Waeber und Sandro Zurkirchen zwei stabile Torhüter. Beide konnten Kloten in dieser Saison vor mehr Gegentoren bewahren, als hätte erwartet werden können. Mit Charlin ginge dieser Punkt klar an die Tigers, so geht er an Kloten.
Eine klare Sache: Kloten hat sowohl das schlechteste Powerplay als auch das schlechteste Unterzahlspiel der Liga. Die Tigers haben ein gutes Powerplay und zumindest nach Effizienz auch das beste Unterzahlspiel der Liga. Sie haben in dieser Sparte sicher auch von der unfassbaren Saison Charlins profitiert. Trotzdem behält Langnau in dieser Kategorie die Oberhand.
An beiden Banden stehen gute Trainer. Thierry Paterlini hat die Tigers konstant verbessert. Von Rang 13 in seiner ersten Saison auf Rang 11 im letzten Jahr und nun Rang 8 in diesem Jahr. Als früherer U20-Nationaltrainer weiss Paterlini auch, wie es ist, wichtige K.-o.-Spiele zu spielen. Fast noch etwas besser weiss das aber Klotens Lauri Marjamäki. Der Finne wurde in seiner Heimat mit Kärpät Oulu schon zwei Mal Meister und 2015 als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Marjamäki hat den EHCK reformiert und zurück in die Play-Ins geführt. Im Zweifelsfall geht der Punkt an den Meistercoach.
Das ist schnell erzählt: Kloten hat vier seiner letzten fünf Spiele gewonnen. Beinahe hätten die Zürcher gar noch den direkten Sprung in die Playoffs geschafft. Bei Langnau ist die Formkurve genau umgekehrt. Nach vier Niederlagen in Serie konnten die Tigers zum Regular-Season-Abschluss gegen Schlusslicht Ajoie endlich wieder einmal gewinnen.
Auf dem Papier geht diese Play-In-Serie der Überraschungsteams der Saison klar an Kloten. Die Zürcher schiessen mehr Tore, verteidigen besser, sind besser in Form und haben alle bisherigen Direktduelle mit Langnau für sich entschieden. Aber es sind halt auch nur zwei Spiele – da kann alles passieren.
Über alle Spielsituationen betrachtet hat Ambri mit 2,81 Toren pro Spiel gegenüber 2,71 Toren bei den SCRJ Lakers die etwas bessere Bilanz. Zieht man nur die Torproduktion bei 5-gegen-5 zu Rate, spricht die Ausbeute minim für die Lakers mit 2,37 Toren pro 60 Minuten gegenüber 2,28 Toren bei Ambri. Punkt für beide.
Das Verteidigungsduell geht an Ambri. Die Tessiner lassen pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey Chancen für 2,46 Gegentore zu. Da hat Rapperswil-Jona mit 2,60 Expected Goals Against das Nachsehen.
Der HC Ambri-Piotta hat in seinen Spielen durchschnittlich 49,76 Prozent aller Abschlüsse und Chancen kontrolliert. Das heisst, sie haben in ihren Spielen jeweils fast gleich viele Chancen wie ihre Gegner. Rappi kann da nicht ganz mithalten. Sie kontrollieren in ihren Spielen durchschnittlich nur 46,66 Prozent der Chancen. In den Direktduellen war es ausgeglichen. Beide Mannschaften hatten je zwei Mal das Chancenplus auf der eigenen Seite.
Die SC Rapperswil-Jona Lakers sind das schwächste Forecheck-Team der Liga und auch eines der schwächsten Rush-Teams. Das heisst: Sie generieren ihre besten Möglichkeiten nach längerem Scheibenbesitz in der offensiven Zone. Das könnte gegen Ambri zum Problem werden, denn die Leventiner verteidigen diese Situation in der Regel ziemlich gut.
Ambri selbst ist am gefährlichsten, wenn es seine Rush-Angriffe auspacken kann. Die Mannschaft von Luca Cereda ist in dieser Sparte eine der besseren in der Liga. Die Lakers, die ganz generell Mühe haben in der Verteidigung, sind dafür nicht optimal aufgestellt.
Ein ausgeglichenes Duell zwischen den Pfosten. Beide Mannschaften können auf einen guten Stammgoalie zählen – Nyffeler bei Rappi, Juvonen bei Ambri. Aber beide Teams hätten auch einen stabilen Ersatz in der Hinterhand, falls bei der Nummer 1 etwas passieren sollte.
Sowohl bei Rapperswil als auch bei Ambri-Piotta ist das Powerplay leicht unterdurchschnittlich. Ambri liegt knapp über 20 Prozent, die Lakers ein Stück darunter. Beim Unterzahlspiel haben die Rapperswiler deutliche Vorteile. Das Penalty Killing mit 80,14 Prozent ist knapp über Ligadurchschnitt. Jenes von Ambri ist mit 72,44 Prozent deutlich darunter.
Unterschiedlicher könnte die Situation nicht sein. Bei Ambri steht Luca Cereda schon in seiner achten Saison an der Bande. Bei Rappi hat der Schwede Johan Lundskog während der Saison seinen entlassenen Landsmann Stefan Hedlund ersetzt. Wirklich besser wurde es unter Lundskog allerdings nicht. Dieser Punkt geht nur schon aufgrund der Erfahrung und Langlebigkeit an Ambri.
Seit der Nati-Pause Anfang Februar haben die Lakers vier von sieben Spielen gewonnen. Die exakt gleiche Bilanz steht auch bei Ambri zu Buche.
Auch wenn Ambri aufgrund der Direktduelle in der Tabelle hinter den Lakers landete, so geht es auf dem Papier mit leichten Vorteilen in diese Play-In-Affiche. Die Gründe für die bessere Spielanlage der Tessiner sind rasch offensichtlich: Sie haben fünf hochklassige Ausländer unter Vertrag (Kubalik, DiDomenico, Mailet, Heed, Virtanen). Rappi kann da nicht mithalten. Aber: Das Unterzahlspiel von Ambri ist verwundbar. Wenn es den Lakers gelingt, die kurze Zündschnur von DiDomenico zu entfachen, ist in der Mini-Serie vielleicht etwas möglich. Allerdings mussten die Lakers kurz vor dem Start der Serie eine Hiobsbotschaft verkraften: Sportchef Janick Steinmann wechselt zum HC Lugano.
Drücke meinem SCRJ die Daumen!
das wird dem Eismeister aber gar nicht gefallen 😄