Zahlen sagen manchmal mehr als Polemik oder Lob und Preis. Die letzten vier Jahre der SCL Tigers:
Dann übernehmen Sportchef Pascal Müller und Trainer Thierry Paterlini.
Eine Steigerung kann mit viel Geld auf dem Spielermarkt eingekauft oder mit Kontinuität und Geduld erarbeitet werden.
Die wichtigsten Schweizer Transfers bei diesem Neuaufbau: Luca Boltshauser, Stéphane Charlin, Brian Zanetti, Phil Baltisberger, Noah Meier, Claude-Curdin Paschoud, Dario Allensbach, Julian Schmutz und Joshua Fahrni.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Beim 5:1 gegen Ajoie, bei der Krönung dieser Aufbauarbeit im letzten Qualifikationsspiel, sind mit Ausnahme des verletzten Stéphane Charlin alle vorgenannten Spieler dabei. Es waren also keine Fehleinkäufe.
Keiner ist mit Geld zum Wechsel ins Emmental verleitet worden. Es war Überzeugungsarbeit. Die Mannschaft, die nun mit 75 Punkten Rang 8 erreicht hat, kostet nur rund 300'000 Franken mehr als das Team, das im Frühjahr 2022 die Saison mit 35 Punkten auf dem zweitletzten Platz beendet hatte. Pascal Müller ist der erste Sportchef in der Geschichte der SCL Tigers, der nie um eine Budgeterhöhung nachgesucht und über Geld gejammert hat. Was vom Verwaltungsrat sehr geschätzt wird. Er hat mit ziemlicher Sicherheit ligaweit die billigste und zugleich effizienteste Transferoffensive seit Einführung der Playoffs orchestriert.
In den letzten drei Jahren hat Präsident Peter Jakob beim sportlichen Neuaufbau das Geld also nicht in Spielerlöhne investiert. Vielmehr orchestrierte er private Investitionen in der Höhe von 20 Millionen in eine nachhaltige Verbesserung der Infrastruktur («Campus»), um die Position der SCL Tigers als Ausbildungs-Club langfristig zu stärken.
Ohne den Faktor Glück ist der Erfolg in einem so unberechenbaren Geschäft wie dem Eishockey-Business nicht möglich. Von zentraler Bedeutung ist im sportlichen Bereich die richtige Besetzung der Schlüsselpositionen Sportchef und Trainer. Um für diese Jobs die richtigen Leute zu finden, braucht es schon ein wenig Glück. Manchmal scheitern selbst die scheinbar Tüchtigsten. Die Balance zwischen Geld und Geist und Glück im Sport-Business zu finden, ist die schwierigste Führungsaufgabe überhaupt. Biel ist diese Saison in allererster Linie am fehlenden Glück (zu viele Verletzte) und in zweiter Linie an unglücklicher Besetzung mehrerer Ausländerpositionen gescheitert.
Die Entwicklung einer Mannschaft ist nur möglich, wenn der Sportchef und der Trainer nicht einfach einer Arbeit nachgehen, sondern sich auf eine Mission begeben. Paolo Duca und Luca Cereda in Ambri und Pascal Müller und Thierry Paterlini in Langnau sind dafür die besten Beispiele. Martin Plüss und Jussi Tapola könnten in Bern das nächste werden.
Pascal Müller ist Langnauer, spielte als Junior eine Saison in Nordamerika, gehörte zu den Aufstiegshelden von 1998 und hat unser Hockey als Spieler und Sportchef im Rahmen einer veritablen Tour de Suisse kennen gelernt, die ihn von Langnau aus nach Zug, Davos, Zürich, Ambri und Kloten geführt hat. Thierry Paterlini hat nach einer formidablen Spielerkarriere (Meister mit Bern und Davos, 9 WM- und 2 Olympia-Turniere) seinen Schulsack als Trainer vor dem Amtsantritt in Langnau zehn Jahre lang gut gefüllt und war unter anderem fünf Jahre lang Junioren-Nationaltrainer.
Pascal Müller und Thierry Paterlini haben in Langnau die Mentalität verändert und eine neue Leistungskultur aufgebaut. Das ist der entscheidende Punkt. Immer und immer wieder sind die Emmentaler im entscheidenden Moment an ihrer Genügsamkeit gescheitert: Man solle doch nicht so tun, es sei ja schon gut, wenn man in der höchsten Liga sei. Man habe halt nicht die Mittel wie in Bern oben, in Lugano unten, in Genf hinten und «z'Züri usse». Man solle nicht immer fordern und auch einmal bescheiden sein. Es war, als sei es nicht möglich, eine «gläserne Decke» zu durchbrechen und endlich wieder eine Saison nach oben (Play-In, Playoffs) zu verlängern.
Wie sehr Langnaus Erfolg das Resultat von beharrlicher Ausbildungsarbeit und nicht von eingekauftem purem Talent ist, zeigt sich daran, dass die offensive Steigerung gering (von 129 auf 133 Tore), die defensive Verbesserung (von 209 auf 126 Gegentreffer) hingegen immens ist. Offensive Feuerkraft ist vor allem eine Frage des Talentes, defensive Stabilität mehr eine Frage der Disziplin und Arbeitseinstellung. Offensives Talent ist eine teure Gabe der Hockeygötter. Defensivarbeit kann der Trainer den Spielern beibringen.
Wer kein Geld für teure Spieler hat, muss günstige verpflichten und sie mit einer Mischung aus Beharrlichkeit, Strenge und Motivation besser machen. Was der berühmte britische Fussballtrainer John Toshack einmal gesagt hat, gilt auch im Eishockey: «Am Montag nehme ich mir vor, für die nächste Partie zehn Spieler auszuwechseln. Am Dienstag sind es sieben oder acht. Am Donnerstag noch vier Spieler. Wenn es dann Samstag wird, stelle ich fest, dass ich wieder dieselben Scheisskerle einsetzen muss wie beim letzten Spiel.» Also ist Thierry Paterlini nichts anderes übriggeblieben als jeden, mit dem er nicht zufrieden war, besser zu machen. Das ist ihm meistens gelungen. Laufend vermeintlich bessere Spieler transferieren geht halt nicht.
Es passt, dass mit Langnau, Kloten, den Lakers und Ambri vier Klubs das Play-In erreicht haben, die mit einer durchaus vergleichbaren Philosophie unterwegs sind, und dass mit Lugano und Servette zwei Hockey-Unternehmen gescheitert sind, die über vergleichsweise «unbegrenzte» finanzielle Mittel verfügen.
Ein berühmter Pfarrer aus Lützelflüh hat es noch vor der Gründung des Schweizerischen Eishockeyverbandes treffend mit dem «Ofen-Prinzip» formuliert: «Man kann einen ganzen Haufen Scheiter in einen Ofen tun, sie machen denselben nicht warm: Die Scheiter bleiben Scheiter, und der Ofen bleibt kalt. Man muss Feuer anmachen unter den Scheitern, und dieselben müssen aufgehen in Flammen, müssen leuchten und spretzeln nach allen Seiten, dann erst gibt es einen warmen Ofen.» Kommt dazu: Geld verbrennt im Ofen viel schneller und wärmt weniger als gutes Holz.
Nun denn: Die Chancen stehen ja gut, dass es auch in Lugano unten und in Genf hinten bald gelingen möge, den Ofen mit gutem Holz wieder zu wärmen. Und in Langnau, Ambri, Rapperswil-Jona und Kloten wäre es fatal, auf dem warmen Ofenbänkli ein wenig zu verweilen.