Bayern München feierte am Dienstagabend den frühesten Titelgewinn in der Geschichte der Bundesliga. Bereits nach dem 27.Spieltag gehört die Meisterschale den Bayern. Das Team von Trainer-Ästhet Pep Guardiola hat beim 3:1-Schaulaufen gegen Hertha BSC aber noch einen weiteren, noch unglaublicheren Rekord aufgestellt: 1078 geschlagene Pässe.
Herausgeragt aus der «Mia-san-Mia»-Truppe hat einmal mehr Philipp Lahm. Der Bayern-Captain spielte gegen Hertha laut Statistik 134 Pässe und brachte alle an den Mann, kein einziger landete beim Gegner.
Lahm war vor Guardiolas Ankunft in München einer der besten Aussenverteidiger der Welt. Unter dem spanischen Star-Trainer änderte sich seine angestammte Rolle jedoch. Guardiola funktionierte Lahm, den er für den intelligentesten Spieler hält, den er je trainiert hat, zum defensiven Mittelfeldspieler um. Auf der Sechs zieht er seither äusserst erfolgreich die Fäden im Bayern-Spiel.
Trotz der überragenden Werte von Lahm und dem gesamten Team: Gegen Hertha zeigten die Bayern nicht den glanzvollsten Auftritt der Saison. Aber es war ein Abend, der noch einmal demonstrierte, warum diese Mannschaft allen anderen so überlegen ist. Nach der frühen 2:0-Führung folgten beeindruckende Ballstafetten, Ballbesitzquoten im 80-Prozent-Bereich und eine Sicherheit im Passspiel, die sogar den FC Barcelona und die spanische Nationalmannschaft zu ihren Glanzzeiten in den Schatten stellt.
Die unglaubliche Bayern-Dominanz ist Guardiolas Verdienst. Bei seiner ersten Pressekonferenz in München hatte der Spanier noch gesagt, dass er sich zu 100 Prozent den Spielern anpassen wolle und dass der «Fussball den Spielern gehorche und nicht dem Trainer». Neun Monate später ist von der Spielweise von Heynckes' Triple-Bayern nicht mehr viel zu sehen. Lahm, Robben, Ribéry und Co. funktionieren neun Monate nach Guardiolas Übernahme ganz nach dessen Vorstellungen.
Schritt für Schritt hat der Trainer-Ästhet die Bayern umgekrempelt und an sein System angeglichen. Ans System, das den Fussball in den letzten Jahren völlig revolutioniert hat und überall auf der Welt Nachahmer findet.
Hier einige Beispiele, wie sich der Fussball – auch dank Taktikfanatiker Guardiola – in den letzten Jahren verändert hat:
Statt auf klassische Torjäger wird in der Offensive vermehrt auf einen flinken, technisch versierten Spieler mit Zug zum Tor gesetzt, der vom Mittelfeld unterstützt wird.
Paradebeispiel bei den Bayern: Müller, Götze statt Mandzukic.
Auf den Aussenpositionen werden Spieler auf dem «falschen» Flügel eingesetzt. Rechtsfüsser links und Linksfüsser rechts. Diese können im Angriff nach innen ziehen und mit dem starken Fuss den Abschluss suchen oder den tödlichen Pass spielen.
Paradebeispiel bei den Bayern: Robben.
Der eigentliche Spielmacher ist in die defensive Zentrale gerückt. Er sorgt für eine gute Raumaufteilung, ordnet das Spiel, koordiniert das Pressing und schaltet sich in die Offensive ein. Als Schaltstation sind Übersicht und absolute Ballsicherheit gefragt.
Paradebeispiel bei den Bayern: Thiago, Lahm.
Aus Mangel an direkten Gegenspielern und dank der Raumdeckung verlagert sich der Aufgabenbereich der modernen Innenverteidiger immer weiter nach vorne. Sie eröffnen die Angriffsauslösung und schalten sich immer mehr auch in den Angriff ein.
Paradebeispiel bei den Bayern: Dante, Boateng.
Seit Einführung der Viererkette und den immer weniger werdenden Stürmern kommt den Aussenverteidigern eine immer offensivere Rolle zu. Sie gehen fast bei jedem Angriff mit nach vorne, müssen in der Defensive aber auch die wichtige Kettenfunktion erfüllen.
Paradebeispiel bei den Bayern: Rafinha, Alaba.
Der moderne Torhüter hat die Position des einstigen Liberos übernommen. Er ist in der Defensive der freie Mann und stets Anspielstation für die Viererkette. Ist die eigene Mannschaft im Angriff, rückt er mit auf, um allfällige Konter im Keim zu ersticken. Das erfordert absolute Ballkontrolle und eine versierte Technik.
Paradebeispiel bei den Bayern: Neuer.