«Niemand will gegen sie spielen»: Beau Greaves wirbelt die Dartswelt auf
«Niemand will gegen Beau Greaves spielen. Sie ist eine grossartige Dartsspielerin», sagt Daryl Gurney vor seiner Erstrundenpartie am heutigen Freitagabend gegen die aktuell beste Frau im Dartssport. Greaves dominierte auf der Frauentour nach Belieben, gewann 86 in Folge und sicherte sich auch 13 Turniersiege in Serie.
Nun steht die 21-Jährige nach drei Jahren vor der Rückkehr in den Alexandra Palace in London. Bei ihrer Premiere an der PDC-Weltmeisterschaft unterlag sie damals in der ersten Runde gegen William O’Connor. In diesem Jahr darf definitiv mehr von der Engländerin erwartet werden.
Dies zeigte sie erst kürzlich an der Junioren-Welmeisterschaft, als sie sich im Halbfinale gegen die aktuelle Nummer 1 Luke Littler durchsetzen konnte. Mit dem 6:5-Sieg sorgte sie für eine faustdicke Überraschung. Greaves wurde sogar schon mit dem grossen Favoriten auf den diesjährigen WM-Titel verglichen und dies von niemand geringerem als Gary Anderson, selbst zweifacher Weltmeister: «Ich glaube, sie ist der weibliche Luke Littler. Wenn sie als Paar spielen würden, dann könnte sie keiner auf der Welt schlagen.» Einzig Littler warf in diesem Jahr bei offiziellen Turnieren mehr 180er als Greaves.
Für die letzten zwei Weltmeisterschaften wäre Greaves eigentlich auch qualifiziert gewesen, entschied sich aber dafür, an der Frauen-WM teilzunehmen. Seit einigen Jahren ist es nicht mehr erlaubt, an beiden Weltmeisterschaften teilzunehmen. Souverän setzte sich Greaves jeweils durch.
In Zukunft darf «Beau 'n' Arrow» dank dem Erreichen der PDC-Tour-Card nur noch an Turnieren des grössten Verbandes teilnehmen und damit auch nicht mehr in der Frauenkategorie antreten. Dadurch wird sie nun auf den grösseren Bühnen zu sehen sein und kann sich auch in der Weltrangliste nach vorne arbeiten. Aktuell steht die 21-Jährige in der Order of Merit nur auf dem 120. Platz. Nach Lisa Ashton ist Greaves die erste Frau der Geschichte, die sich eine Tour Card sichern konnte.
Die Chancen stehen zudem nicht schlecht, dass Greaves als erst zweite Frau und erste seit sechs Jahren ein Spiel im «Ally Pally» gewinnt. Seit den zwei sensationellen Siegen von Fallon Sherrock im Dezember 2019 konnte nie mehr eine Frau eine Partie an der PDC-Weltmeisterschaft für sich entscheiden. Greaves gilt gegen Daryl Gurney als leichte Favoritin, obwohl dieser in der Weltrangliste auf Platz 22 steht.
Noch vor einem Jahr hatte sich Greaves in einem Interview mit der BBC noch gegen eine gemischte Weltmeisterschaft ausgesprochen. «Frauen- und Männer-Darts sollten getrennt sein. Ich glaube nicht, dass jemals eine Frau in den ‹Ally Pally› gehen und dort gewinnen wird», sagte sie damals und führte weiter aus: «Wer das glaubt, ist ziemlich doof.» Sie glaubte, dass die Frauen nie das Level von Spielern wie Luke Humphries, Michael van Gerwen oder Luke Littler erreichen werden. «Man steht schon auf verlorenem Posten, bevor man überhaupt einen Dart geworfen hat.»
Mittlerweile siegt Greaves immer wieder gegen Männer und konnte am Grand Slam of Darts auch gegen den Deutschen Niko Springer gewinnen. Ihre Perspektive habe sich dadurch verändert, wie sie beim Guardian erklärte. «Als ich angefangen habe zu spielen, wollte ich Weltmeisterin bei den Frauen werden. Dann habe ich bessere Spieler geschlagen und gemerkt: Ich bin gut genug, um das zu meinem Beruf zu machen.» Zu ihren letzten Leistungen sagt die 21-Jährige bescheiden: «Ganz ordentlich für ein Mädchen.» Angesichts ihrer Vergangenheit ist dies ein ziemliches Understatement der Frau aus Doncaster.
Schon im Alter von erst 16 Jahren hatte Greaves mit Dartitis zu kämpfen. Eine Erfahrung, die schon einige Darts-Stars machen mussten. «Dartitis beschreibt einen Zustand der Nervosität, der einen Spieler oder eine Spielerin davon abhält, den Dart während des Wurfs zum richtigen Zeitpunkt loszulassen», wie das Oxford English Dictionary erklärt.
Aufgrund der mentalen Probleme pausierte Greaves fast für ein ganzes Jahr, bevor sie sich wieder ihrem Sport zuwandte. «Ich war mit allem beschäftigt, ausser den Dartsport zu geniessen», erklärte Greaves in einem Interview mit der PDC. Das ist natürlich längst anders.
Wenn sie am heutigen Freitag ungefähr um 21.10 Uhr gegen Daryl Gurney zum zweiten Mal im Alexandra Palace auftritt, wird sie das mit Sicherheit auch ein wenig geniessen. Schon das ist ein Erfolg nach den Problemen, die sie früh in ihrer Karriere beklagte – doch zufrieden dürfte sie damit alleine kaum sein.
