NHL-Spieler erhalten für diese Saison wohl mehr als 100 Prozent ihres Lohns
In der NHL ist nicht nur das Geschehen auf dem Eis spannend, immer wieder finden auch juristische Krimis statt, bei denen es um viel Geld geht. Nachdem die Spieler den Milliardären, die die NHL-Teams besitzen, jahrelang Geld geschuldet haben, dreht sich der Spiess jetzt. Eines der Zauberworte heisst Escrow. Wir erklären dir, worum es geht.
Was ist Escrow?
Der aktuelle Gesamtarbeitsvertrag der NHL schreibt vor, dass jegliches «hockey related revenue» (HRR) – also Geld, das die Teams durch Tickets, TV-Verträge, Gastronomie etc. einnehmen – zwischen Spielern (durch die Löhne) und Teambesitzern halbiert wird.
Klingt in der Theorie einfach, ist in der Praxis aber etwas komplizierter. Denn die Spielerlöhne sind jedes Jahr eine festgelegte Summe. Die Einnahmen der Teams variieren aber von Jahr zu Jahr, insbesondere jene der kanadischen Teams, die zusätzlich noch vom Wechselkurs zum US-Dollar abhängig sind. Und da kommt Escrow ins Spiel.
Damit die Spieler mit ihren Löhnen nicht einen zu grossen Teil des Kuchens erhalten, wandert jedes Jahr ein gewisser Teil der Spielerlöhne auf ein separates Konto einer Drittpartei (beispielsweise ein Treuhandbüro), einen sogenannten Escrow-Fonds. Früher waren das regelmässig mehr als zehn Prozent der Löhne, die so zurückbehalten wurden.
Die NHL bestimmt, welchen Prozentsatz die Spieler abgeben müssen, indem sie die Gesamteinkünfte der Teams prognostiziert. Ende Saison, wenn die Teameinnahmen definitiv feststehen, wird das aufgesparte Escrow-Geld an Spieler und Teambesitzer verteilt, sodass die 50:50-Vorgabe erfüllt wird. Bleiben die Einkünfte der Teams unter den Erwartungen, erhalten die Besitzer die Mehrheit des Geldes, um dieses Loch zu stopfen. Sind die Einkünfte höher als erwartet, erhalten die Spieler ihr Geld wieder zurück.
Warum hatten die NHL-Spieler derart grosse Schulden?
Der Hund liegt in der Corona-Pandemie begraben. Wie oben bereits erwähnt, hängen die Löhne der NHL-Spieler mit den Einnahmen der Teams zusammen. Während der Corona-Pandemie hatten die Teams aber massive Einbussen in diesem Bereich. Einerseits fanden auf dem Höhepunkt der Pandemie grundsätzlich weniger Spiele statt, andererseits waren über einen längeren Zeitraum auch keine Zuschauer in den Stadien zugelassen.
Bevor die NHL im Sommer 2020 den Spielbetrieb für die Playoffs nach dem ursprünglichen Corona-Unterbruch wieder aufnahm, mussten sich Liga (also die Teambesitzer, vertreten durch Commisssioner Gary Bettman) und die Spielergewerkschaft über die Bedingungen einig werden. Damals stimmten die Spieler zu, dass in den folgenden Jahren der Escrow-Anteil erhöht werden sollte, um die ausfallenden Einnahmen der Teams zu kompensieren.
Für die Saison 2020/21 lag Escrow bei 20 Prozent, in den Saisons darauf sollte sich der Prozentsatz dann langsam wieder normalisieren. Die Spieler machten während der Corona-Saisons (vorzeitig abgebrochene Regular Season 2019/20, Playoffs im Sommer 2020 und verkürzte Saison 2020/21) also quasi Schulden, damit sie nicht beinahe komplett auf ihren Lohn verzichten mussten, während die Einnahmen der Teams ausblieben oder zumindest stark zurückgingen. Die erhöhten Escrow-Abgaben in den Jahren darauf wurden genutzt, um diese Schulden wieder zurückzuzahlen.
Erhalten die Spieler nun Geld zurück?
Tatsächlich. Mittlerweile brummt das Geschäft in der NHL wieder derart stark, dass sämtliche Schulden der Spieler bei den Teambesitzern längst abgezahlt werden konnten. Wie NHL-Insider Eliotte Friedman Anfang Saison berichtete, können die Spieler damit rechnen, das gesamte, für die Saisons 2022/23 und 2023/24 eingezahlte Escrow-Geld zurückzuerhalten.
Und noch besser sieht es für diese Saison aus, wie Spieleragent Allan Walsh in seinem Podcast «Agent Provocateur» erklärt. «Die Teams verdienen momentan so viel, dass sie Ende Saison wohl zusätzliche Checks ausstellen müssen, damit die 50:50-Verteilung gewährleistet ist», erklärt der kanadische Sport-Rechtsanwalt. Walsh rechnet damit, dass die Spieler am Ende für die Saison 2025/26 rund 105 Prozent ihres vertraglich festgelegten Lohns erhalten.
Wie wird sich der Salary Cap entwickeln?
Im gleichen Segment des neusten Podcasts spricht Walsh auch über die künftige Entwicklung des Salary Caps. Aktuell beträgt die Lohnobergrenze in der NHL 95,5 Millionen US-Dollar und soll gemäss ursprünglichen Berechnungen der Liga und Spielergewerkschaft für die Saison 2026/27 auf 104 Millionen, und ein Jahr später schon auf 113,5 Millionen steigen.
Gemäss Allan Walsh reicht dieser Anstieg aber noch nicht aus, um den ständig wachsenden Einnahmen der NHL-Teams gerecht zu werden. Der Agent glaubt, dass der Salary Cap in zwei Jahren schon auf über 120 Millionen Dollar steigen werde. Walsh erklärt: «Das wird mir auch von General Managern innerhalb der Liga bestätigt.» GMs, die vor Monaten noch ungläubig gelacht hätten, wenn er von 120 Millionen gesprochen habe, sagen mir mittlerweile, dass sogar mehr als 120 Millionen möglich seien.
