Der Davoser Captain Andres Ambühl macht während fünf Sekunden eine isometrische Kniebeuge mit einer Gewichtsscheibe in der Hand, ehe explosive Sprünge folgen. Nebenan führt Marc Wieser Liegestützen mit einer Gewichtsweste sowie zwei Hantelscheiben auf dem Rücken aus. Die beiden gehören der ersten Gruppe an, die an diesem Morgen im Kraftraum schwitzt.
Weitere folgen, für die Goalies ist Koordination und Jonglieren angesagt. Überhaupt hat jeder Spieler ein eigenes Programm – angepasst an die Defizite. Je nachdem ist der Fokus mehr auf die Ausdauer, die Kraft oder die Schnelligkeit gerichtet. Ausserdem macht es keinen Sinn, dass die älteren Spieler gleich trainieren wie die jüngeren.
Ob die Programme die gewünschte Wirkung zeigen, wird alle vier Wochen mit Tests überprüft. So kann schnell reagiert werden und die Athletiktrainer erhalten wichtige Feedbacks. Im Sommer sind deren drei bei den Bündnern engagiert. «Schliesslich ist der Körper unser Kapital», betont Cheftrainer Christian Wohlwend die Wichtigkeit des Off-Ice-Trainings.
Negative Auswirkungen auf das Sommertraining wegen des Coronavirus sieht er nicht. «Der einzige Unterschied waren die kleinen Gruppen am Anfang. Nach den Lockerungen nahmen wir den Normalbetrieb wieder auf.» Zudem werde zu Beginn der Vorbereitung an der Grundlagenausdauer gearbeitet und dafür hätten sie in Davos naturbedingt optimale Voraussetzungen.
Routinier Félicien Du Bois fand es jedenfalls «nicht so schlimm», dass zuerst nicht wie gewohnt trainiert werden konnte. Auch die individuellen Einheiten bereiteten ihm keine Mühe: «Mit der Erfahrung lernt man, was der Körper braucht, und wir sehen uns ja sonst das ganze Jahr extrem viel. Aber klar ist es schön, wieder mit den Jungs zusammen zu sein.» Mehr Mühe bereitete dem 36-jährigen Verteidiger die Ungewissheit. Nach dem Bundesratsentscheid von Freitag, sieht es jedoch danach aus, als könnte die Saison wie geplant am 15. September starten.
Auf die Planung hatte die Unsicherheit ohnehin keine Auswirkungen. «Der Aufbau ist so oder so auf Mitte September ausgerichtet», erklärt Chef-Athletiktrainer Steven Lingenhag. «Diesen ziehen wir durch, bis etwas anderes bekannt wird.» Ohnehin gelte es schon vorher bereit zu sein, «damit wir qualitativ gute Eistrainings hinbekommen». Zwar steht in Davos bereits Eis zur Verfügung, dennoch verzichtet Wohlwend vorerst auf Mannschaftstrainings. Die Spieler haben allerdings auf freiwilliger Basis die Möglichkeit, dort zu üben.
Baustellenupdate 2020/6
— Hockey Club Davos (@HCDavos_off) June 13, 2020
Eisstadion Davos
Stand 12. Juni 2020
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«Wir appellieren an die Selbstverantwortung», so Wohlwend. «Unser Credo ist, die Persönlichkeit zu entwickeln, deshalb müssen die Spieler selber entscheiden, was sie brauchen.» Generell sah er die Coronakrise als Chance für die Leute, «selber zu reflektieren, was gut ist für einen und was nicht». Zudem genoss er die Zeit mit der Familie – er hat zwei Söhne. Das Thema Corona versuchte er, «so gut wie möglich auszublenden. Ein Experte sagte das, der andere jenes. Ich zog mich relativ rasch zurück von deren Meinungen.»
Auch bezüglich der viel diskutierten Zukunft im Schweizer Eishockey gibt er sich gelassen. «Die Meinungen gehen weit auseinander. Ich habe gelernt, dass irgendwann mal ein Entscheid gefällt wird, den es zu respektieren gibt. Wir sind die Ausführenden.» Derweil ist Du Bois «etwas überrascht», dass von einer grossen Revolution geredet werde. «In dieser grossen Krise alles zu hinterfragen, ist eine natürliche Reaktion. Andererseits sollten wir zuerst etwas Abstand gewinnen, das Produkt Schweizer Eishockey war in den letzten Jahren sehr erfolgreich. Ich hoffe sehr, dass nicht alles über den Haufen geworfen wird.»
Angst um die Zukunft des Sports hat Du Bois derzeit nicht. «Aktuell sind wir noch mit einem blauen Auge davongekommen, da ein Grossteil der letzten Saison gespielt werden konnte.» Ihm sei aber bewusst, dass es noch richtig happig werden könne. Allerdings sei alles Spekulation, wie es weitergehe. Also wird weiter geschwitzt. (pre/sda)