Die NHL hat der National League nicht nur sportlich einiges voraus. Auch wenn es darum geht, die Leistungen der Spieler und Mannschaften zu würdigen, macht der besten Eishockeyliga der Welt niemand etwas vor. Die National League verteilt selbst keine Awards, sondern ist immer noch Teil der Swiss Ice Hockey Night im August, wo jeweils die wertvollsten Spieler aus der Regular Season und den Playoffs, sowie der beste Torhüter und der beste Youngster der National League gekürt werden.
Das wollen wir ändern. Gemeinsam mit dem «Roost/Röthlisberger – Hockey-Talk» kürt watson nun nicht nur die besten Spieler, sondern noch vieles mehr. Bester Torhüter? Haben wir. Bester Verteidiger? Findest du und noch mehr. Bester Passer? Bester Puck-Eroberer? Findest du hier ebenfalls raus.
Und dabei geben wir nicht einfach nur unsere Meinung ab. Nein, wir halten uns an die Fakten. Gemeinsam mit 49ing, dem Analytics-Unternehmen von Andreas und Michael Hänni, wurden die Gewinner in allen Kategorien ausschliesslich mit Blick auf die Statistiken des neuen T-Rex-Modells und anderen Werten bestimmt. Eine detaillierte Erklärung dazu findest du am Ende des Artikels. Und wenn du wissen willst, was watson-Eismeister Klaus Zaugg und ich von den Gewinnern halten, dann musst du die neuste Folge des «Roost/Röthlisberger – Hockey-Talk» anhören.
Dass Denis Malgin einer der besten Spieler der Liga ist, wissen wir schon lange. Nun haben wir die statistische Bestätigung: Der 28-jährige Stürmer der ZSC Lions war in dieser Saison der kompletteste Spieler der Liga. Niemand anderes in der National League vereint offensive Gefahr und defensives Gewissen so gut und elegant wie der Zürcher.
Viele hätten hier vermutlich ebenfalls Malgin oder vielleicht auch Playoff-Topskorer Sven Andrighetto vermutet. Doch man muss in Betracht ziehen, dass auch hier nur die Leistungen bei 5 gegen 5 in Betracht gezogen werden. Und da hat Meisterschütze Jesper Frödén am meisten überzeugt. Der Schwede bestach durch gute Pässe, Puckeroberungen und er schaffte es, mit seinen Aktionen auch den Mitspielern immer etwas zusätzlichen Raum zu verschaffen.
Eine der wenigen Kategorien, in denen nicht das neue 49ing-Modell T-Rex zum Einsatz kommt. Stéphane Charlin war – auch hier wenig überraschend – der beste Torhüter der vergangenen National-League-Saison. Bestimmt wurde das durch die Goals Saved Above Expected – also wie viele Tore hätte Charlin aufgrund der zugelassenen Chancen kassieren müssen und wie viele hat er tatsächlich kassiert. Damit die Torhüter vergleichbar sind, normiert 49ing die Daten pro 100 Expected Goals und schaut dann, wie viele Tore mehr oder weniger als diese 100 Gegentore hat der Goalie kassiert. Und Charlin hat in dieser Statistik die SCL Tigers vor rund 30 Gegentoren bewahrt.
Vermutlich die erste grössere Überraschung in dieser Award-Liste – auch watson-Eismeister Klaus Zaugg konnte es kaum fassen. Die Auszeichnung für den besten Allround-Verteidiger geht an Lausannes Lukas Frick. Was hat der Lausanner, der diesen Sommer nach Davos wechselt, also so gut gemacht? Auf die Gefahr hin, Geld ins Phrasenschwein werfen zu müssen: die kleinen Dinge.
Fricks Spiel ist manchmal etwas unscheinbar, doch der 30-Jährige steht in der eigenen Zone ausserordentlich oft am richtigen Ort und schafft es so, gegnerische Angriffe frühzeitig zu unterbinden. Und dank seiner guten Spielübersicht gelingt es ihm meistens auch, nach einer gelungenen Defensiv-Aktion sogleich einen eigenen Angriff zu lancieren. O-Ton Eismeister Zaugg: Er hat den Vertrag in Davos zu früh unterschrieben, so hätte er sicher noch ein paar zusätzliche tausend Franken aushandeln können.
Wir halten uns kurz: Wenn der beste Spieler der Liga ein Stürmer ist, gewinnt er logischerweise auch in der Kategorie bester Stürmer. Als bester Offensiv-Stürmer überzeugt er mit seinen Puck-Carries, Pässen und natürlich auch den eigenen Schüssen.
Ajoies Pierre-Edouard Bellemare schnappt sich die Krone als bester Defensiv-Stürmer. Der Franzose überzeugt mit seiner Kampfkraft. Er gibt immer vollen Einsatz und schafft es so, Zweikämpfe zu gewinnen, Passlinien zuzustellen oder Schüsse zu blockieren.
Die grösste Torgefahr ging in der vergangenen Saison von Davos-Stürmer Filip Zadina aus. Der Tscheche kumulierte mit seinen Schüssen die meisten Expected Goals pro 760 Minuten Eiszeit. Das bedeutet, er ist der Spieler, der sich in die gefährlichsten Abschlusspositionen bringt.
Und auch das neue Modell T-Rex bestätigt, dass Zadina über einen erstklassigen Schuss verfügt. Kein anderer National-League-Stürmer kreiert durch seine Schüsse mehr offensives Potenzial. Der Tscheche kann mit seinem Schuss auch aus scheinbar ungünstigen Positionen treffen.
Und auch die SC Rapperswil-Jona Lakers erhalten noch einen Award. Verteidiger Emil Djuse ist der beste Passspieler der Liga. Kein anderer National-League-Akteur hat mit seinen Pässen so viel offensives Potenzial kreiert. Der Schwede, der die Lakers diesen Sommer verlässt, spielt dabei nicht nur die klassischen Aufbaupässe eines Verteidigers, sondern hat auch in der offensiven Zone das Auge für die Mitspieler.
Kevin Pasche hat Lausanne in seiner ersten National-League-Saison als Nummer 1 bereits bis in den Playoff-Final gehext. Kein Wunder, dass der Waadtländer analog den Statistiken bei Stéphane Charlin der beste U23-Goalie der Saison war.
Der Lukas Frick der U23-Verteidiger heisst Maximilian Streule. Der 21-Jährige stammt ursprünglich aus der Organisation der ZSC Lions, hat sich bei Fribourg-Gottéron als Stammverteidiger etabliert und darf immer mehr Verantwortung übernehmen. Auch ihm gelingt es regelmässig, gegnerische Aktionen zu unterbinden und eigene Chancen einzuleiten.
Eismeister Zaugg bezeichnet Théo Rochette schon als Westschweizer Ausgabe von Denis Malgin. Tatsächlich ist der 23-Jährige von der Spielweise her mit dem Liga-MVP vergleichbar: schnell, technisch stark, mit herausragender Übersicht. Was Rochette im Gegensatz zu Malgin noch fehlt, ist die Konstanz über eine ganze Saison.
49ing hat ein neues Modell erstellt, um den Einfluss eines Spielers auf das Spiel zu bestimmen, das sich nicht mehr einzig auf Expected Goals beruft. Expected Goals sind praktisch, um Torgefahr zu evaluieren, doch braucht es dafür eben immer einen Torschuss. Im neuen Modell T-Rex von 49ing kann man den offensiven und defensiven Einfluss eines Spielers auch mit Aktionen messen, die nicht in einem versuchten Torschuss enden.
Bei T-Rex geht es um Potenzial. Mit dem Modell kann die Frage beantwortet werden, wie viel offensives Potenzial ein Spieler kreiert und wie sehr er es schafft, gegnerisches offensives Potenzial zu verhindern.
Das klingt erstmals sehr abstrakt, aber ist eigentlich logisch. Was ist offensives Potenzial? Natürlich ein Schuss aufs Tor, oder ein Pass, der ankommt. Aber auch noch viel mehr. Diese Aktionen fliessen in der offensiven Bewertung eines Spielers ein.
Positive Aktionen:
Negative Aktionen:
T-Rex kann auch benutzt werden, um den defensiven Einfluss eines Spielers zu bewerten. Dabei geht es um Aktionen, die gegnerisches Offensiv-Potenzial verhindern. Diese Aktionen (vorwiegend in der defensiven Zone) fliessen in die defensive Bewertung eines Spielers ein.
Positive Aktionen:
Negative Aktionen:
49ing analysiert und quantifiziert diese Aktionen. Eine Puckeroberung in der offensiven Zone produziert beispielsweise natürlich mehr offensives Potenzial als eine Puckeroberung am Mittelpunkt.
Positive Aktionen werden summiert, negative Aktionen wieder abgezogen. Um einen fairen Vergleich zu ermöglichen, werden die Daten nur in 5-gegen-5-Situationen erfasst und pro 60 Minuten Eiszeit normiert. Schliesslich hat ein Spieler mit 18 Minuten Eiszeit pro Spiel mehr Möglichkeiten, für positive Aktionen zu sorgen, als ein Spieler, der nur 10 Minuten pro Spiel auf dem Eis steht. Am Ende können so die besten Spieler in diversen Kategorien gekürt werden.