Der 4. November 2022 kann als einschneidendes Datum beim Lausanne HC bezeichnet werden. An diesem Tag wurde bekannt, dass der damalige Mitbesitzer des Vereins, Petr Svoboda, als Sportchef abgesetzt wird. Unter dem Tschechen soll eine vergiftete Atmosphäre im Klub geherrscht haben. Wie auch immer stimmten trotz grossen Investitionen die Resultate nicht. Die Waadtländer belegten zu diesem Zeitpunkt in der National League den letzten Tabellenplatz.
Anstelle von Svoboda setzten die Verantwortlichen den damaligen Trainer John Fust als Sportchef ein. Zwei Tage nach dem Umsturz wurde Geoff Ward, ein ehemaliger Headcoach in der NHL, als neuer Trainer publiziert. Der 62-jährige Kanadier entpuppte sich als Glücksfall.
Zwar gelang es Ward nicht, das Team noch in die Pre-Playoffs zu führen. Seither aber läuft es. Vor einem Jahr scheiterten die Lausanner erst im Playoff-Final im siebenten Spiel an den ZSC Lions, nun sind sie auf bestem Weg, die Qualifikation zum ersten Mal in der Klubgeschichte auf dem 1. Platz zu beenden.
John Fust sagt im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA über Ward: «Sein Erfolg hat viele Gründe. Er ist er sehr transparent gegenüber den Spielern. Sie lieben seinen Stil, wollen für ihn spielen. Dann ist es zwar nicht so, dass unser System das beste oder spektakulär ist, aber er besitzt die Fähigkeit, während einer Partie kleine Anpassungen vorzunehmen, er sieht, was wir besser machen können. Das ist ein Vorteil.»
Fust ist es aber wichtig zu betonen, dass nicht nur Ward für den Erfolg verantwortlich sei. «Es ist ein Teamwork. Dieses ist bei uns kein Klischee, sondern unsere Seele. Wir arbeiten sehr gerne zusammen.» Es herrsche nun die nötige Ruhe im Verein, diese habe vorher gefehlt. «Jeder weiss, wie wichtig seine Arbeit ist. Was wir hier nun haben, ist speziell.»
Trotz der starken letzten Saison erfuhr die Mannschaft grosse Veränderungen. Zehn Spieler verliessen den Verein, unter ihnen Goalie Connor Hughes, der in die Organisation der Montreal Canadiens wechselte. Zudem fehlt der überragende schwedische Verteidiger Lawrence Pilut verletzungshalber die gesamte Spielzeit. Hughes hätte der Verein gerne behalten, ansonsten waren es gewollte Abgänge. «Wir haben unsere Philosophie, wollen immer besser sein, und dann gilt es manchmal, schwierige Entscheide zu treffen – auch was beliebte Spieler betrifft. Wir haben keine Angst vom Druck von aussen, arbeiten mit ruhigem Kopf statt mit Emotionen», sagt Fust.
Lausanne investiert viel Geld in Technologien, um Entscheide zu treffen. «Es gibt immer auch den menschlichen Faktor, aber wir haben eine gute Basis, um die Daten zu nutzen. Diese sind sehr wichtig», so Fust. «Wir denken, unsere Entscheide haben eine grosse Wahrscheinlichkeit, Erfolg zu bringen. Ich suche nie die besten Skorer oder die schnellsten oder spektakulärsten Spieler. Wir suchen mehr eine Rolle und dann den besten Kandidaten dafür.» Deshalb spricht Fust mit vielen Leuten, bevor er jemanden verpflichtet. «Wir müssen sicher sein, dass die Persönlichkeit stimmt.»
Vor der Saison gab es ein Fragezeichen bezüglich der Goalie-Position. Denn für Hughes wurde nicht ein renommierter Torhüter geholt, vielmehr setzten die Verantwortlichen mit dem 21-jährigen Kevin Pasche und dem ein Jahr jüngeren Antoine Keller auf ein unerfahrenes Duo und gingen damit ein gewisses Risiko ein. Ersterem gelangen bereits neun Shutouts in der laufenden Meisterschaft, womit er in dieser Statistik die klare Nummer 1 ist. Am vergangenen Samstag spielte Pasche in der Euro Hockey Tour beim 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen Schweden erstmals fürs Nationalteam.
Fust ist zwar überrascht von der Konstanz von Pasche, den er seit dem Alter von zwölf Jahren kennt, weil er mit seinem Sohn zusammengespielt hat. Er sagt aber auch: «Er ist sehr kompetitiv und ein sehr guter Athlet. Was er macht, macht er sehr gut. Wenn er vier, fünf Zentimeter grösser wäre (er ist 1,78 m gross), wäre er nicht in der Schweiz.»
Dass Lausanne die Tabelle aktuell anführt, liegt zu einem grossen Teil an der Heimstärke. 20:3 Siege lautet die Bilanz vor heimischem Publikum in der laufenden Meisterschaft. «Mit den Playoffs der letzten Saison haben wir in der Stadt, im Kanton etwas ausgelöst. Lausanne war schon immer eine Eishockey-Stadt, aber nun sind wir auf einem neuen Niveau. Die Unterstützung in der Halle ist unglaublich. Die Fans wollen etwas Spezielles sehen, das macht uns sicher stärker.»
Von daher wäre es ein grosser Vorteil, wenn Lausanne den 1. Rang bis am Schluss verteidigen könnte. Fust betont aber, dass diesbezüglich intern kein Druck ausgeübt werde. «Es ist nicht notwendig, den 1. Platz zu erreichen. Aber es wäre natürlich schön.» Fust ist sich selbstredend bewusst, dass in den Playoffs wieder alles bei Null beginnt, sagt deshalb, dass sie sich dann von Neuem beweisen müssten. «Es wird Hochs und Tiefs geben in den Playoffs. Wichtig ist, wie wir darauf reagieren.» So oder so ist augenscheinlich, dass die Weichen am 4. November 2022 in die richtige Richtung gestellt wurden. (riz/sda)
Ich behaupte mal, dass sie in Lausanne den ersten Titel feiern, bevor Lugano den nächsten holt.