Der Sieg über die USA war ein doppelter Triumph für Kanada. Das Mutterland des Eishockeys ist nicht nur der erste Sieger des neu eingeführten 4 Nations Face-Off, eines Vier-Nationen-Turniers der National Hockey League (NHL), sondern konnte sich dadurch auch im Konflikt zwischen den beiden Ländern neben dem Eis profilieren.
Kurz nach dem Tor zum 3:2-Erfolg von Superstar Connor McDavid in der Verlängerung schrieb Kanadas scheidender Premierminister Justin Trudeau auf X: «Ihr könnt unser Land nicht nehmen – und ihr könnt unser Spiel nicht nehmen.»
You can’t take our country — and you can’t take our game.
— Justin Trudeau (@JustinTrudeau) February 21, 2025
Später legte der 53-Jährige mit einem Video von Kanadas früherer Eishockey-Nationalspielerin Hayley Wickenheiser nach. Diese hatte 2002 nach dem Sieg gegen die USA im Final der Olympischen Spiele gesagt: «Vor dem Spiel hatten die Amerikanerinnen unsere Flagge auf dem Boden ihrer Kabine. Jetzt würde ich gerne wissen, ob wir sie für sie unterschreiben sollen.» Trudeau schrieb dazu: «Ich hätte es nicht besser sagen können.»
Je n’aurais pas pu mieux dire. pic.twitter.com/6nx8sCMGkC
— Justin Trudeau (@JustinTrudeau) February 21, 2025
Das Duell der beiden grossen Rivalen im Eishockey hatte durch die Kommentare von US-Präsident Donald Trump, Kanada bald zum 51. Bundesstaat der USA machen zu wollen, eine politische Ebene erhalten. Schon im Gruppenspiel der «NHL-WM», das in Montreal stattfand, wurde dies offensichtlich, als die kanadischen Fans die US-Hymne vor dem Spiel mit Buhrufen und Pfiffen belegten. Es war auch eine Reaktion auf die angedrohten Strafzölle auf importierte kanadische Waren seitens Trumps.
Dies sorgte auch bei den Spielern des US-Teams für Ärger. So sagte Matthew Tkachuk: «Das hat mir nicht gefallen, das ist alles, was ich dazu sage.» Der Stürmer zettelte dann kurz nach Spielbeginn eine Schlägerei an – es war eine von drei Auseinandersetzungen mit den Fäusten in den ersten neun Sekunden des Spiels. Im Final in Boston blieben solche Scharmützel dann aus. Dennoch war der politische Konflikt auch dort bemerkbar.
Am Tag des Spiels rief Trump das US-Nationalteam an, um ihnen Glück zu wünschen. «Es war fantastisch, seine Unterstützung zu bekommen», erklärte Stürmer J. T. Miller danach und fügte an: «Es ist eine grosse Sache, dass er sich die Zeit genommen hat, um mit uns zu sprechen.» Im Stadion war Trump zwar nicht, doch schrieb er auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social, dass er zuschauen werde. Seine Pressesprecherin wiederholte ausserdem Trumps Provokation: «Wir freuen uns darauf, zu sehen, wie die USA unseren zukünftigen 51. Staat Kanada bezwingen.»
Team USA received a call from the President this morning to wish them luck ahead of tonight’s #4Nations championship game. pic.twitter.com/he1kIgUVGW
— USA Hockey (@usahockey) February 20, 2025
In Boston gab es dann vereinzelte Buhrufe gegen die kanadische Hymne, die von Sängerin Chantal Kreviazuk ausserdem leicht abgeändert wurde. Anstatt «True patriot love in all of us command» sang sie «True patriot love that none of us command». Auf Deutsch veränderte sie den Text also von so viel wie «Erwecke wahre Vaterlandsliebe in uns allen» zu «Echte Vaterlandsliebe, die niemand von uns verlangt».
That was an interesting version of the Canadian national anthem...
— Daily Faceoff (@DailyFaceoff) February 21, 2025
🎥: Sportsnet | NHL pic.twitter.com/vw6IptkwEL
Ihre Beweggründe erklärte sie gegenüber der Nachrichtenagentur AP: «Ich habe es getan, weil ich an Demokratie glaube und finde, dass eine souveräne Nation sich nicht gegen Tyrannei und Faschismus sollte verteidigen müssen.»