Sport
Eishockey

Umstrittenes ZSC-Tor gegen Kloten: Darum zählte es

Patrick Geering (ZSC), 2. rechts, jubelt mit Justin Sigrist (ZSC), links, nach seiem Tor zum 1:0 gegen Dario Sidler (EHCK), Mitte, Nolan Diem (EHCK), Mitte rechts, und Torhueter Ludovic Waeber (EHCK), ...
Chaos vor dem Kloten-Tor – das 1:0 der ZSC Lions war korrekt.Bild: keystone

Hätte das umstrittene ZSC-Tor zählen dürfen?

Auch am Tag danach bewegt diese eine Szene die Hockey-Schweiz: Hätte das 1:0 der ZSC Lions beim Minisieg gegen Kloten zählen dürfen? Wir versuchen, das zu beantworten.
18.03.2025, 16:2218.03.2025, 18:44
Mehr «Sport»

Das einzige Tor im dritten Playoff-Viertelfinalspiel zwischen den ZSC Lions und dem EHC Kloten war ein kurioses. ZSC-Stürmer Joel Henry lag schon im Klotener Tor, nachdem er von Klotens Nolan Diem dort reingedrückt wurde. In diesem Moment spedierte ZSC-Verteidiger Patrick Geering die Scheibe Richtung Tor, wo sie von einem Schlittschuh in Richtung Torlinie abgelenkt wurde. Kaum ein Fan im Stadion merkte, dass ein Tor geschossen wurde. Doch nach dem Videostudium gaben die Schiedsrichter das Tor für den ZSC.

Klotens Trainer Lauri Marjamäki nimmt den Entscheid ziemlich stoisch hin. Er sagt nach dem Spiel: «Unser Video-Coach hat sofort gesagt, dass wir auf eine Coach’s Challenge verzichten sollen. Es sei eindeutig, dass Diem den Zürcher Spieler ins Tor geschubst habe. Ob der Puck hinter der Torlinie war oder nicht, konnten wir auf unseren Bildern nicht sehen. Aber da musste ich den Schiedsrichtern vertrauen.»

Die Klotener Fans hingegen sehen die Szene verständlicherweise weniger nüchtern. Sie monieren, das Tor hätte nicht zählen dürfen.

Was ist die Argumentation der Kloten-Fans?

Die Kloten-Fans in der watson-Kommentarspalte sagen, dass Schiedsrichter Stefan Hürlimann ein Torraum-Offside abgepfiffen hat. Das wäre dann ein Tatsachenentscheid, der nicht mehr umgestossen werden könnte. Einige argumentieren gar, dass der Puck erst nach dem Pfiff des Schiedsrichters die Linie überquert hat.

Was haben die Schiedsrichter auf dem Eis entschieden?

Tatsächlich pfeift Schiedsrichter Hürlimann das Spiel im Laufe der umstrittenen Szene irgendwann ab. Zu diesem Zeitpunkt liegt die Scheibe aber vermutlich schon hinter der Linie (dazu später mehr). Hürlimann zeigt zuerst kein Tor an, sondern vermutet wohl eine Torhüterbehinderung.

ZSC Lions vs. EHC KLoten: Schiedsrichter Stefan Hürlimann signalisiert nach dem 1:0 für den ZSC.
Schiedsrichter Stefan Hürlimanns erstes Signal deutet nicht auf Tor hin.Bild: screenshot mysports

Nach einer kurzen Besprechung mit den anderen Offiziellen auf dem Eis – nach Regel 31 des offiziellen IIHF-Regelwerks ist das erlaubt, bevor eine definitive Entscheidung gefällt wird – entschied das Quartett, dass keine Torhüterbehinderung vorlag. Da die Scheibe nach dem Pfiff im Tor lag, entschieden die Schiedsrichter auf dem Eis auf Tor, nun ging es im Videostudium noch um die Frage, ob die Scheibe auch auf legale Art und Weise hinter die Linie gelangte.

Was ist ein Torraum-Offside?

Ein Torraum-Offside ist als solches nicht als separate Regel im IIHF-Regelbuch ersichtlich. Im Rahmen von Regel 69 (Torhüterbehinderung) steht allerdings: «Sollte ein angreifender Spieler den Torraum betreten und nicht sofort wieder verlassen, kann der Schiedsrichter das Spiel unterbrechen.» Das ist in diesem Fall allerdings nicht gegeben, da der angreifende Spieler vom Gegner ins Tor gedrückt wird.

Wie gelang die Scheibe hinter die Linie?

Eine Erklärung in einer Serie von Bildern:

ZSC Lions vs. EHC Kloten
ZSC-Verteidiger Patrick Geering kommt von hinter dem Tor mit der Scheibe. Zu diesem Zeitpunkt hat Nolan Diem (93 in Weiss) ZSC-Stürmer Joel Henry bereits ins Tor hinter Kloten-Goalie Ludovic Waeber befördert.Bild: screenshot mysports
Geering spielt den Puck vors Tor in Richtung des Schlittschuhs von Dario Sidler
Geering spielt den Puck vors Tor in Richtung des Schlittschuhs von Dario Sidler.Bild: screenshot mysports
Umstrittenes Tor bei ZSC Lions vs. EHC KLoten: Von Dario Sidlers Schlittschuh springt der Puck in Richtung Tor von Ludovic Waeber.
Von Dario Sidlers Schlittschuh springt der Puck in Richtung Tor von Ludovic Waeber.Bild: screenshot mysports
Umstrittenes Tor ZSC Lions vs. EHC Kloten: Nolan Diem lenkt den Puck mit seinem Schittschuh gleich noch einmal ab.
Vor dem Tor wird der Puck gleich noch einmal abgelenkt: Nolan Diems Schlittschuh lenkt die Scheibe noch mehr in Richtung Pfosten.Bild: screenshot mysports
Umstrittenes Tor bei ZSC vs. EHC Kloten: In dieser Lücke verschwindet der Puck.
In dieser Lücke zwischen Pfosten und Ludovic Waebers Schoner verschwindet der Puck. Waeber kann die Lücke nicht schliessen, weil Joel Henry dort liegt.Bild: screenshot mysports
Umstrittenes Tor bei ZSC Lions vs. EHC Kloten: In diesem Moment pfeift Schiedsrichter Stefan Hürlimann das Spiel ab. Die ZSC-Spieler Justin Sigrist und Patrick Geering zeigen bereits auf die Scheibe,  ...
In diesem Moment pfeift Schiedsrichter Stefan Hürlimann das Spiel ab. Die ZSC-Spieler Justin Sigrist und Patrick Geering zeigen bereits auf die Scheibe, die zu diesem Zeitpunkt hinter der Linie liegt.Bild: screenshot mysports
Umstrittenes Tor ZSC Lions vs. EHC Kloten: Ein Klotener Spieler fischt den Puck nach dem Pfiff aus dem Tor.
Ein Klotener Spieler fischt den Puck nach dem Pfiff aus dem Tor.Bild: Screenshot mysports

Nachträgliche Ergänzung: Nach dem Anpfiff zeigt Schiedsrichter Stefan Hürlimann zuerst an, dass das Tor im Videostudium angeschaut werden soll. Danach macht er einen zaghaften «Wash-Out» – also das Zeichen für kein Tor (siehe Screenshot unten). Zu diesem Zeitpunkt geht er allerdings noch von einer Torhüterbehinderung (Torraum-Offside) aus. Nach der Besprechung mit seinen Kollegen wurde er dann vermutlich aufgeklärt, weshalb auf dem Eis dann doch auf Tor entschieden wurde.

Umstrittenes Tor ZSC Lions vs. EHC Kloten: Das Kein-Tor-Zeichen von Schiedsrichter Stefan Hürlimann.

War der Entscheid, das Tor zu geben, korrekt?

Ja, die Schiedsrichter haben keine Fehler begangen. Ein Torraum-Offside oder eine Torhüterbehinderung liegen nicht vor. Es war mit Nolan Diem der Klotener, der ZSC-Stürmer Joel Henry ins Tor von Ludovic Waeber geschoben hat. Auch wenn Schiedsrichter Stefan Hürlimann im ersten Moment nicht auf Tor entschieden hat, darf er den definitiven On-Ice-Entscheid nach einer Rücksprache mit seinen Kollegen festlegen.

Der On-Ice-Entscheid war Tor, weil die Scheibe hinter der Linie zu liegen kam. Das Video-Studium hat gezeigt, dass die Scheibe die Linie auf legale Art und Weise und noch vor dem Pfiff überquert hat. Darum zählt das Tor. Weil er der letzte ZSC-Spieler am Puck ist, wird das Tor Patrick Geering gutgeschrieben.

Einverstanden?
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
1 / 13
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
HC Davos: 31 Titel, 6 seit 1986; zuletzt Meister: 2015.
quelle: keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Despacito mit Eishockey-Spielern
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
65 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
marak
18.03.2025 16:48registriert April 2014
Danke. Dann können wir uns jetzt dem nächsten Spiel zuwenden.
478
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pat the Rat (das Original)
18.03.2025 18:29registriert Februar 2017
Danke für die Erklärung @Bürglermeister!
Ich finde, wer in 3 Spielen nur 1 (!) Tor schiesst, soll aufhören zu lamentieren und den Finger aus dem A**** nehmen.
265
Melden
Zum Kommentar
avatar
Prinz Ipiell
18.03.2025 17:19registriert April 2022
Anyway, all die Diskussionen werden nichts an der Tatsache ändern, dass der Z das Spiel gewonnen und den Sieg auch nicht gestohlen hat.

Die Schiris haben in guter Absicht versucht den richtigen Entscheid zu treffen, das ist zu aktzeptieren! Dass solche Situationen immer 2 Meinungen hervor bringen ist klar und gehört dazu. War immer schon so und wird auch immer so bleiben.

Danke jedenfalls für die Erklärungen.
225
Melden
Zum Kommentar
65
    Wie Donald Trump mit seiner Politik auch die Sportwelt in Aufruhr versetzt
    Donald Trump ist am Dienstag 100 Tage im Amt. Seine zweite Präsidentschaft ist geprägt von radikalen Veränderungen. Das hat auch Auswirkungen auf den Sport, der in den kommenden Jahren mit den wichtigsten Ereignissen in den USA zu Gast ist.

    Spannungen zwischen den Gastgebern der kommenden Fussball-WM? Für US-Präsident Donald Trump dient das der Atmosphäre. «Ich denke, das macht es aufregender», sagte Trump vergangenen Monat während eines Termins mit FIFA-Präsident Gianni Infantino. «Spannungen sind eine gute Sache.»

    Zur Story